Fugenmörtel und Klebstoffe

Mit fortschreitender Entwicklung zu größeren und/oder schlankeren sowie dünneren keramischen Fliesen und Naturwerkstein-Platten sowie zunehmend kürzeren Bauzeiten müssen die Mörtelsysteme zum Kleben und Verfugen immer höhere Anforderungen erfüllen. Auch wenn es sich nach wie vor nicht um „Klebstoffe“ im eigentlichen Sinne handelt, sondern weiterhin um Mörtel, werden Fliesen und Platten heute kaum mehr ins Mörtelbett gelegt, sondern geklebt. Die verwendeten zementären Dünnbett- und Fließbettmörtel verfügen über einen hohen Kunststoffanteil, der sowohl die mechanische Festigkeit als auch die Flexibilität erhöht. Flexibel aushärtende Klebstoffe nehmen die Bewegungen des Untergrundes auf und verhindern, dass weder Schwingungen noch Spannungen den Belag zum Reißen bringen. Diese „Flexkleber“ wirken zudem der Verformung sowie der Verfärbung von sensiblen Natursteinen entgegen und erhöhen die Sicherheit einer hohllagenfreien Verlegung bei keramischen Großfliesen.

Herstellung kunststoffmodifizierter Fliesenkleber
Die Kunststoff-Zugabe zu den zementären Verlegemörteln für Fliesen- und Plattenarbeiten erfolgt entweder mittels Nassvergütung, mittels Trockenvergütung oder einer Kombination aus beidem – also durch die Zugabe von flüssigen, wasserbasierten Polymerdispersionen (Emulsion, Latex) als Zusatzkomponente beim Anmischen des Mörtels auf der Baustelle oder durch Zugabe eines Dispersionspulvers zu den fertig vorgemischten Werk-Trockenmörteln bereits bei deren Herstellung. Bestimmte Polymerdispersionen können nämlich mittlerweile durch Sprühtrocknung in trocken einmischbare, redispergierbare Dispersionspulver umgewandelt werden.

Eigenschaften
Beides führt gleichermaßen zu einer Flexibilisierung und damit zur Herstellung hochverformbarer, also spannungsabbauender und zudem wasserabweisender Klebstoffe. Letztgenannte Eigenschaft ermöglicht auch das Verlegen von großformatigen Fliesen und Platten auf Calciumsulfat-Fließestrichen sowie anderen feuchtigkeitsempfindlichen Untergründen. Im BEB-Merkblatt ꞌHinweise zur Verlegung großformatiger keramischer Fliesen und Platten, Beton-, Natur- und Kunstwerkstein auf calciumsulfat-gebundenen Estrichenꞌ heißt es: „Im Verlegemörtel bzw. in der Spachtelmasse enthaltenes Überschusswasser, das aufgrund der höheren Schichtdicken und der ungünstigen Trocknungsbedingungen unterhalb der großen Platten, bei gleichzeitig sehr schmalen Belagsfugen, deutlich länger als üblich auf den Untergrund einwirken kann, kann letztendlich zu einer Herabsetzung der Festigkeit in der Randzone calciumsulfatgebundener Estriche führen“.

Zusätzlich zur Aufweichung der Estrichoberfläche kann es durch mögliche temperaturbedingte Längenänderungen auch zu Hohllagen-Bildungen kommen. Daher sollte bei der Verlegung größerer Fliesen und Platten (etwa ab einer Seitenlänge von mehr als 60 cm und/oder einer Größe von mehr als 0,36 m²) der Calciumsulfatestrich mit einer wasserfreien, auf Reaktionsharzbasis aufgebauten Grundierung vorbehandelt werden – unabhängig von einer ggf. erforderlichen geeigneten Abdichtung an der Unterseite des Estrichs.

Praxistipp: Übrigens sollten auch die Oberflächen calciumsulfatgebundener Estriche – wie bei zementgebundenen – unmittelbar vor der Belagverlegung angeschliffen werden (vgl. ZDB-Merkblatt ꞌBeläge auf Calciumsulfatestrichꞌ).

Soll eine Dispersionsgrundierung – wie auf calciumsulfatgebundenen Estrichen üblich – eingesetzt werden, so ist laut dem oben erwähnten BEB-Merkblatt „…ein im System abgestimmter Mörtel mit schneller Erhärtung und zusätzlich einem schnellen Trocknungsverhalten einzusetzen“.

Begehbarkeit und Einsatzmöglichkeiten flexibler Fugenkleber
Die Verlegewerkstoffhersteller haben Klebstoffe hierfür entwickelt, die bereits nach zwei bis drei Stunden begehbar und verfugbar sind. Möglich wird dies durch eine kristalline Bindung des kompletten Anmachwassers. Trotz der kurzen Erhärtungszeit treten bei den Produkten keine Schwindspannungen auf. Die schnell erhärtenden, schnell trocknenden, flexiblen Klebstoffe eignen sich zum einen auch für das Verlegen von Fliesen und Platten auf Untergründen, die einer Volumenverringerung durch Schwindprozesse unterliegen wie bei Beton und jungen Zementestrichen sowie zum anderen für die Verlegung auf Heizestrichen. Die Ausdehnungskoeffizienten der Estriche unterscheiden sich zum Teil erheblich von denen der zu verlegenden Fliesen und Platten; so kommt es sowohl aufgrund thermischer Schwankungen als auch aufgrund von Schwindspannungen zu einer enormen Belastung der Klebstoffschicht.

Eine Neuentwicklung stellt ein hoch verformungsfähiger S2-Flexmörtel dar, der nach Herstellerangaben ohne Rücksicht auf die Restfeuchte bereits auf einen drei Tage alten Zementestrich aufgebracht werden darf. Dieser erreicht offenbar selbst in einem feuchten Milieu sehr schnell enorme Haftzugwerte, verseift nicht und erleidet auch bei verlegten großformatigen Fliesen und Platten keine Kohäsionsbrüche bei Belastung. Er ist deshalb auch besonders geeignet für Problemverlegungen wie auf Terrassen und Balkonen oder auf Heizestrichen. Da allerdings nach den anerkannten Regeln der Technik eine Wartezeit von 28 Tagen einzuhalten ist, muss der Verleger – wenn er den neuen S2-Klebstoff früher einsetzen will – den Auftraggeber darüber unterrichten und mit ihm eine Nachvertrags-Vereinbarung über die Sonderbauweise abschließen. Ein entsprechendes Formular stellt der Klebstoff-Hersteller bereit.

Fließbettmörtel
Relativ neu sind auch noch die sogenannten Fließbettmörtel, die eine nahezu hohlraumfreie Einbettung der Fliesen und Platten in das Kleberbett ermöglichen. Diese Mörtel gleichen durch ihre fließfähige Konsistenz selbstnivellierend Unebenheiten des Untergrundes aus. Außerdem verfügen sie über eine hohe Hydratationsgeschwindigkeit (Erstarren und Erhärten durch Reaktion zwischen Zementbestandteilen und Wasser). Mittlerweile sind auch Fließbettmörtel am Markt erhältlich, deren Einsatzbereich durch die Menge des Anmachwassers gesteuert werden kann. So ist ein Einsatz dieser Kleber bei einem hohen Anteil an Anmachwasser als Fließbettmörtel möglich. Wird die Wasserzugabe reduziert, können diese Kleber auch zur Dünnbettverlegung eingesetzt werden.

Kunst- und Natursteine
Bei verfärbungsempfindlichen Natursteinen schließlich sollte darauf geachtet werden, einen weißen Klebstoff oder zumindest einen verfärbungshemmenden grauen Klebstoff zu verwenden. Da Steine mit hoher Kapillaraktivität (wie etwa Marmore, Kalksteine und metamorphe Hartgesteine) auf rückseitig einwirkende alkalische Feuchtigkeit ebenso wie Kunststeine (siehe Beitrag: Kunststeine aus Quarzwerkstoff) und Betonwerksteine mit konkaven Verformungen reagieren, empfehlen sich bei allen drei Materialien ebenfalls hydraulisch schnell abbindende Klebstoffe mit hohem Wasserbindevermögen und frühzeitiger Ausbildung des Haftspektrums – insbesondere bei großen und/oder schlanken Formaten sowie bei Platten geringer Dicke.

Reinigungsprobleme bei kunststoffvergüteten Fugmörteln
Was bei modernen Klebstoffen fraglos eine Problemlösung darstellt, führt bei Fugenmörteln oft erst zu Problemen: Zwar weisen „Flexfugen“, also hoch kunststoffvergütete Fugenmörtel (siehe Beitrag: Fugenarten nach Rohstoffbasis) eine deutlich verbesserte Flankenhaftung auf und tragen nicht unwesentlich zum Spannungsabbau der Bodenfläche bei; nach der Verlegung verbleiben aber oftmals unsichtbare Kunststoffpartikel aus dem Fugmörtel auf dem Belag, die wegen ihrer schmutzanziehenden Eigenschaft nach einiger Zeit Schlieren, Flecken und Schleier erzeugen. Meist wird dann den Fliesen und Platten eine schlechte Reinigungsfähigkeit attestiert, obgleich der Fugmörtel eigentlich problemursächlich ist. Leider tragen die Hersteller dieser Materialien bisher nicht zur Aufklärung des Phänomens bei, wenngleich die Anbieter von Pflegemitteln bereits darauf reagiert und geeignete Reiniger entwickelt haben. Sogar basisch-saure Kombinationspräparate, mit denen sowohl Zementschleier als auch Kunststoffreste sicher entfernt werden können sind bereits am Markt erhältlich.

Aber auch die Farbpigmente – speziell die der modisch dunklen Werktrocken-Fugmörtel – bergen kritisches Potenzial. Häufig sind sie silikatisch ummantelt um möglichst lange farbstabil zu bleiben – was wiederum ähnliche Reinigungsprobleme aufwirft wie oben geschildert. Bei Natursteinen können Silikate zu Ausblühungen und farbige Fugmassen bei sensiblen Gesteinen zu Randzonen-Verfärbungen führen.

Fugenbreiten
Hinsichtlich der Fugenbreiten bereitet auch wieder der Trend zu Großformaten dem Verleger Schwierigkeiten, sollen sich doch die Fugenbreiten an den Plattenformaten orientieren. Nach den Empfehlungen des Natursteinverbandes (sowie laut DIN EN 18157 Ausführung keramischer Bekleidungen im Dünnbettverfahren) sollten Platten mit einer Kantenlänge von bis zu 60 cm eine Fugenbreite von mindestens 3 mm besitzen und größere Platten mit einer Fugenbreite von mindestens 5 mm verlegt werden. Planer, Bauherren und Verleger sind sich indes einig, dass schmalere Fugen Fliesen attraktiver wirken lassen. Allerdings muss der Fugenmörtel tief in die Fuge eingebracht werden, um sie möglichst voll zu füllen. Das Fugenmaterial sorgt nämlich nur dann dafür, dass die Fliesen kraftschlüssig untereinander verbunden werden, um die auf jede einzelne Fliese wirkenden Kräfte als Fläche aufzunehmen.

Praxistipp: Um eine gute Fugenfüllung zu erreichen, kann man statt eines Fugengummis oder eines normalen Fugenbretts eines für die Epoxidharzverfugung verwenden. Dieses ist härter und das Fugmaterial lässt sich damit – bedingt durch den erhöhten Kantendruck auf den Fugenmörtel – tiefer in die Fuge einbringen.

Je schmaler die Fuge, desto schwieriger wird die Verfüllung. Die Grenze bei einer schmalen zementären Fugmasse liegt bei etwa 2 bis 2,5 mm. Noch schmalere Fugen sind nur mit hochviskosen Fugenmassen möglich. Zudem machen extrem schmale Fugen eine Dünnbett-Verlegung schwieriger. Vorsicht ist auf jeden Fall geboten bei überwässerten „suppendünnen“ Fugenmörteln. Dies geht zu Lasten der Farbstabilität und der Festig¬keitsentwicklung.

Fugenanteil
Zusätzliche Probleme birgt ein zu geringer Fugenanteil. Wie oben erläutert, kann unter dem verlegten Belagmaterial eventuell vorhandenes Restwasser, z.B. aus Betonkörper, Estrich und Verlegemörtel nur sehr langsam durch die wenigen vorhandenen Fugen ausdiffundieren – was bei feuchtigkeitsempfindlichen Untergründen zu Schäden führen kann. Zudem entfällt der „entspannende" Effekt des Fugenmörtels nahezu gänzlich; Spannungen, die durch hohe Temperaturunterschiede oder Gebäudebewegungen in der Konstruktion auftreten, lassen sich kaum mehr ausgegleichen.

Eine interessante Neuheit stellt die sogenannte Hybridfuge dar; sie vereint die positiven Eigenschaften eines Epoxidharzfugenmörtels mit denen eines zementären Fugenmörtels. Das macht sie zur idealen Lösung für alle Einsatzorte, wo Epoxid-Fugmassen zu aufwendig in der Verarbeitung und zu teuer wären, ein zementärer Mörtel aber nicht ausreichend belastbar oder beständig.

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