Filmtheater Focus in Arnheim

Lichtspielhaus mit Durchblick

Das Zentrum der niederländischen Stadt Arnheim versammelt Bauten sämtlicher Epochen; in verwinkelten kleinen Gassen stehen mittelalterliche Häuschen, etwas weiter passiert man einen Renaissancebau oder ein Tor der alten Stadtbefestigung. Ein prägnantes Beispiel zeitgenössischer Baukunst ist das neue Filmtheater Focus, das nach Plänen vom DP6 architectuurstudio entstand. Schon das Grundstück des Kinos ist von großer historischer Relevanz. Es grenzt unmittelbar an den Glockenturm der prominenten Eusebiuskirche. Diese ist zum einen ein Paradebeispiel eines spätgotischen Sakralbaus, zum anderen steht sie sinnbildlich für die Wiederaufbauarbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg und ist aus diesem Grund von besonderer Bedeutung für die Stadt.

Ein Café liegt im Erdgeschoss hinter der gläsernen Fassade.
Der Eingangsbereich ist aufgrund der hohen Sockelzone aus Glas hell und einladend.
Die Gasse, die vor dem Zweiten Weltkrieg das Grundstück durchkreuzte, wurde neu interpretiert und als Glaspassage in den Entwurf integriert.

Einbindung in die historische Stadtstruktur
Vor dem Krieg war die Umgebung des Gotteshauses dicht bebaut, während das Grundstück, auf dem sich heute das Kino befindet, von einer schmalen Gasse, der Torensteeg gekreuzt wurde, die direkt zur Kirche führte. Die Planenden interpretierten diese Gasse neu und nutzten sie als strukturelles Element in ihrem Entwurf. Die sogenannte „Neue Torensteeg“, eine durchgängige Glaspassage, teilt den Bau in zwei Hälften und lässt so zu jeder Zeit einen freien Blick auf den Kirchturm zu. Damit der Blick nach oben möglichst wenig gestört wird, besteht die Dachkonstruktion der Passage aus Glaslamellen. Außerdem passt sich der Baukörper durch die Teilung subtil in die vorhandene städtebauliche Situation und den Maßstab der umgebenden Bauten ein.

Die beiden Volumina sind nicht ganz parallel, sondern leicht abgewinkelt zueinander platziert und öffnen sich über doppelgeschossige, gläserne Sockel zur dem davor liegenden Platz Richtung Westen. Die Verglasungen sind mit breiten gelb-goldenen Metallrahmen gefasst und ermöglichen den Blick von außen in das Foyer und ein im Parterre untergebrachtes Café. Im Kontrast zu der Leichtigkeit dieser transparenten Zone stehen die dunklen Klinkerbekleidungen der darüber liegenden Geschosse. Der südlichere Baukörper ist höher und schmaler als der nördliche, der zudem über die Sockelzone auskragt. Die Dächer fallen jeweils zu der gläsernen Fuge leicht ab.

Im Inneren befindet sich im Bereich der Neuen Torensteeg eine großzügige Treppe, die als zentrale und öffentliche Durchwegung zu den fünf Kinosälen und der Dachterrasse genutzt wird. Alle Räumlichkeiten sind entlang dieser Achse orientiert.

Detailreiche Verzierungen im Verblendmauerwerk
Auf den Bildern wird erst auf den zweiten Blick ersichtlich, dass das Verblendmauerwerk der beiden Baukörper aus unterschiedlich farbigen Klinkern erstellt wurde. Bei der mit runden Bullaugenfenstern durchsetzten Fassade des höheren Volumens kam ein warmroter kohlegebrannter Klinker zum Einsatz, der im Kreuzverband vermauert wurde. Diagonal verlaufende Bänder aus auskragenden Bindern teilen die Fläche in rautenförmige Felder.

Eine horizontal verlaufende Klinkerbänderung, bei der jede zweite Schicht vorspringt, charakterisiert hingegen die Gebäudehülle des flacheren Quaders. Diese wurde im Wilden Verband aus dunkelbraunen kohlegebrannten Klinkern mit besandeter Fußseite erstellt, die sowohl mit der Vorder- als auch der Rückseite nach vorn vermauert wurden. Beide Verblendmauerwerke sind mit zurückliegenden Fugen ausgeführt worden.

Die Klinkerhülle ist an allen vier Seiten der Baukörper zur Ausführung gekommen und somit auch innerhalb des Gebäudes in der Glaspassage. Damit erhält diese einmal mehr den Charakter einer Gasse zwischen Häuserfronten. Sowohl die Materialität der Gebäudehüllen als auch die detailreichen Verzierungen sind ein Verweis auf die traditionelle Fassadengestaltung der historischen Bauten Arnheims. -si

Bautafel

Architekt: ​​​​DP6 architectuurstudio, Delft
Projektbeteiligte:
BINX Smartility, Groenlo (Bauunternehmen); ABT, Velp (Beratende Ingenieure); HI-Plus Advies, Rotterdam (Beratende Tätigkeit); Theateradvies, Amsterdam (Beratende Tätigkeit); Stevens Van Dijck, Amersfoort (Gebäudemanagement); Hagemeister, Nottuln (Hersteller Fassadenklinker); Buro Poelmans Reesink, Arnhem (Landschaftsarchitektur)
Bauherr: Gemeinde Arnheim
Fertigstellung: 2018
Standort: Audrey Hepburnplein 1, 6811 EH Arnheim/ Niederlande
Bildnachweis: Michel Kievits, Breda; DP6 architectuurstudio, Delft

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