Erweiterung des Flugsteigs A am Flughafen Frankfurt

Komplexes Gefahrenmeldesystem und umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen

Er gehört zu den größten Europas und ist in Deutschland mit mehr als 50 Millionen Passagieren das wichtigste Drehkreuz für Flugverkehr: der Flughafen Frankfurt am Main. Nicht nur für Reisende, sondern auch im Bereich des Frachtverkehrs spielt er eine führende Rolle. Das Flughafengelände südwestlich der hessischen Bankenmetropole gilt als eigener Stadtteil, der partiell ins Gebiet der Stadt Rüsselsheim übergeht. Ein solcher Verkehrsknotenpunkt muss flexibel konzipiert und erweiterbar sein, um veränderten Anforderungen und steigenden Passagierzahlen gerecht zu werden. Im Jahr 2012 wurden die von der Lufthansa genutzten Bereiche des Terminal 1 um den Flugsteig A+ erweitert, eine Notwendigkeit zur adäquaten Bedienung von Großraumflugzeugen. Die Pläne für den Erweiterungsbau lieferten die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) aus Hamburg.

Im Verbindungsgebäude (die Wurzel genannt) zwischen neuem und altem Flugsteig befinden sich Geschäfte und Gastronomie
Der Flugsteig verfügt über sieben Brückenbauwerke (hinten rechts das Verbindungsgebäude die Wurzel)
Die Erweiterung aus der Vogelperspektive

Außer dem neuen Flugsteig schufen die Architekten auch die als „Wurzel" bezeichnete Verbindung zum bestehenden Flugsteig A, waren verantwortlich für die Gepäckausgabe A und für Umbauten im Terminal 1. Die sogenannte Wurzel konzipierten sie als Ort mit verschiedenen Geschäften, Gastronomie und Lounges. Tageslicht erhält das Geschäftszentrum über eine zentrale, kegelförmig verglaste Öffnung, die den Blick zum Himmel freigibt, aber auch Sichtbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Ebenen schafft. Zu den Flugzeugen auf dem Vorfeld öffnet sich der Verbindungsbau mit einer breiten Glasfassade. Die unterschiedlichen gewerblichen Konzepte finden äußeren Zusammenhalt durch ein durchgehendes, übergeordnetes Gestaltungsprinzip: viel Tageslicht, Transparenz und Materialien wie Naturstein, Metall und Holz.

Mit über 600 Metern Länge und einer Breite von rund 26 Metern, schließt der Flugsteig A+ in westliche Richtung an die Wurzel an. Weil die EU-Sicherheitsbestimmungen eine strenge Trennung von Passagieren aus Nicht-Schengenstaaten zu den übrigen Reisenden vorschreiben, ist der neue Flugsteig um ein Geschoss gegenüber dem Bestand erhöht. Konstruktiv basiert er auf einem wirtschaftlich optimierten Raster mit großer Spannweite, das den Verzicht auf Stützen und störende Einbauten ermöglicht. Alle neu geschaffenen Bereiche unterliegen dem bereits genannten, klaren Gestaltungsprinzip: Die gleichen Materialien finden sich auch im Bestand und erzeugen insofern einen fließenden Übergang. Entlang des Flugsteigs werden sie allerdings stetig variiert und kombiniert, sodass dieser ein eigenes Gesicht erhält. Nebenräume wie Fluchttreppen, Technikschächte und WCs sind am nördlichen Rand platziert. Auf diese Weise entsteht ein durchgängig offener, heller und übersichtlicher Raum mit eindeutiger Wegeführung, für die Fluggäste fast in seiner gesamten Länge einsehbar. Auch das Vorfeld mit den Flugmaschinen bleibt im Sichtfeld der Passanten.

Sicherheit
Eine besondere Herausforderung war die Anbindung des Neubaus im laufenden Betrieb. Der Flugsteig A+ kann rund 6 Millionen Passagiere im Jahr bewältigen, bis zu elf Flugzeuge können gleichzeitig an den neuen Finger von Terminal 1 andocken. Eine solche Anlage ist sensibel und angreifbar, rund 700 Türen, Schleusen und Luken werden von Menschen durchlaufen oder dienen dem Transport von Gepäckstücken. Der Sicherheit (u.a. vor terroristischen Anschlägen) dient ein komplexes Gefahrenmeldesystem aus Einbruchmeldetechnik, Fluchttürsteuerung, Zutrittskontrollen und Alarmübertragungstechniken, das besonders präzise, schnell und zuverlässig funktionieren muss. Das elektronische Ausweissystem für Mitarbeiter und registrierte Besucher nutzt RFID für Zutrittskontrollen und Zeiterfassung (mit Terminals zur berührungslosen Identifikation).

Insgesamt 49 Sicherheitskontrollen befinden sich an den Übergängen zum Bestand. Hier dienen Röntgenprüfsysteme mit automatischen Flüssigkeitsdetektoren zur Kontrolle des Handgepäcks und Sprengstoffdetektion. Die Anlagen erfassen während des Durchlaufs eines Gepäckstücks mehrere Ansichten, um mögliche Gefahrenstoffe zu identifizieren.

20 Treppenräume im Flugsteig und 16 im Wurzelgebäude dienen als vertikale Rettungswege im Brandfall, im Untergeschoss ist ein 100 Meter langer Rettungstunnel angeordnet. Flucht- und Rettungswege wurden anhand simulierter Personenströme und der Ausbreitung von Rauchgasen bemessen; die vorhergehende Analyse ergab eine vollständige Evakuierung des Flugsteigs A+ über die notwendigen Treppenräume in weniger als 15 Minuten. Jedes Geschoss bzw. jeder Brandabschnitt ist in mehrere Rauchabschnitte unterteilt. Im Falle eines Brandes lässt sich auf diese Weise in allen öffentlich zugänglichen Bereichen eine raucharme Schichtung von mindestens 2,50 Meter herstellen. So können Personen fliehen, ohne der Gefahr einer Rauchgasvergiftung ausgesetzt zu sein. Der Flugsteig ist mit einer flächendeckenden Brandmeldeanlage (unterschiedliche Melderarten) und Sprinklerschutz ausgestattet, die Alarmierung erfolgt durch die Werkfeuerwehr über die ELA-Anlage.

Ein Alarmzaun aus Aluminium mit flächendeckender Detektionstechnik schützt weite Teile des Flughafengeländes (u.a. die Landebahn Nord-West von 2011) vor unerlaubtem Eindringen. Ausgelöst wird der Alarm bei Angriffs-, Durchdringungs- oder Überwindungsversuchen; ergänzt wird der Sicherheitszaun durch Videoüberwachung, elektrisch überwachte Übersteigsicherungen und Unterkriechschutz. -us

Bautafel

Architekten: gmp / Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg
Projektbeteiligte: Weber und Poll Ingenieure, Hamburg (Tragwerksplanung); hhpberlin (Brandschutz); Arup, Frankfurt a.M. (Technische Gebäudeausrüstung); Euromicron Solutions, Frankfurt (Gefahrenmeldesystem); Smiths Heimann, Wiesbaden (Röntgenprüfsysteme); Haverkamp, Münster (Sicherheitszaun Freigelände)
Bauherr: Fraport, Frankfurt
Standort: Flughafen Frankfurt am Main
Fertigstellung: 2012
Bildnachweis: Marcus Bredt, Berlin; gmp / Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg

Baunetz Architekt*innen