Cloud Pavilion in Schanghai

Ausstellungsgebäude mit gebogener Isolierglasfassade

Direkt an der Uferpromenade des Flusses Huangpu in Schanghai glänzt ein filigraner Pavillon. Er steht neben einem auffällig rostroten Verladekran, der als Reminiszenz an die ehemaligen Hafen- und Industrieanlagen erinnert, die das Uferareal einst prägten. Mittlerweile hat sich das Gebiet in eine Erholungszone für die Bewohner der Millionenstadt verwandelt. Dass es auch viele Kunstinteressierte hierher zieht, ist nicht zuletzt dem dänischen Architekturbüro Schmidt Hammer Lassen zu verdanken, nach deren Plänen der eingangs erwähnte Cloud Pavilion entstand. Sie hatten an gleicher Stelle schon einen temporären Vorgängerbau entworfen, der im Rahmen der West Bund Kunst- und Architekturbiennale 2013 errichtet worden war und der aufgrund des großen Anklangs nicht wie vorgesehen nach zwei Monaten, sondern erst nach zwei Jahren abgerissen wurde – und das auch nur, um dem jetzt fertig gestellten Ausstellungsbau Platz zu machen.

Der Cloud Pavilion wurde als Ausstellungsbauwerk von dem dänischen Architekturbüro Schmidt Hammer Lassen entworfen
Gebogene Isolierverglasungen umschließen als transparente Wand einen vier Meter hohen Raum zwischen zwei Betonplatten
Transparenz und Spiegelungen charakterisieren das Gebäude, eine Fuge zum Gelände lässt es schwebend erscheinen

Für den Neubau wurden wesentliche Teile der alten Konstruktion verwendet und auch das Wolkenmotiv des ersten Entwurfs übernommen. Waren bei dem Vorgänger weiße Seile senkrecht zwischen zwei rechteckige Betonplatten gespannt, bildet nun eine geschwungene Glaswand einen geschützten Raum aus, deren Bögen im Grundriss eine stilisierte Wolke formen. Umgeben ist der lichte Raum von vertikal angeordneten, reflektierenden Vierkantrohren aus gebürstetem Edelstahl im quadratischen Raster. Die so ausgebildeten Linien erinnern an die Seile der ersten Ausführung. Getragen wird die Deckenplatte von stählernen Rundstützen. Die Unterseite des Dachs ist außerhalb des Raums mit glänzenden Metallplatten verkleidet, so dass sich darin sowohl das Gebäude selbst, als auch die Umgebung spiegeln. Eine Fuge zwischen der 150 Quadratmeter großen Bodenplatte und dem Gelände verleiht ihm außerdem ein schwebendes Erscheinungsbild.

Ebenso wolkenförmig wie der Grundriss des Raums ist die Decke gestaltet. Tagsüber ist sie schlicht weiß, bei Dunkelheit leuchtet sie als flächige Lichtdecke. Innen ist ein mit schmalen Holzleisten verkleideter, zylindrischer Kern dezentral eingestellt, der eine kleine Küche verbirgt und Stauraum bietet. Außerdem übernimmt er zusammen mit den gebogenen Glasscheiben die statische Aussteifung gegenüber horizontalen Einwirkungen.

Glas
Die vier Meter hohen, gebogenen Isolierverglasungen des Pavillons wurden im Schwerkraftbiegeverfahren hergestellt. Bei diesem Prozess werden Formen in der gewünschten Glasgeometrie angefertigt und mit feuerfesten Materialien ausgekleidet. Im Anschluss werden die zunächst ebenen Glasscheiben auf die Form gelegt, langsam erwärmt und so formbar gemacht. Die Schwerkraft und das Eigengewicht bewirken, dass die Scheibe in die Form hineinsinkt. Durch einen kontrollierten Abkühlprozess werden unplanmäßige Eigenspannungszustände vermieden, so dass die Eigenschaften des gebogenen Glases dem von thermisch entspanntem Floatglas ähneln.

Jedes Isolierglas des Pavillons besteht aus zwei gebogenen 12 mm starken Glasscheiben, wobei die äußere Scheibe mit einer zusätzlichen Low-Emissivity-Beschichtung versehen ist. Das Low-E-Glas reduziert den Emissionsgrad und dient als Wärme- und Sonnenschutz. Die Abmessungen der Verglasungen betragen 1.500 mm x 4.000 mm; gebogen wurden sie in drei verschiedenen Radien: 2.400 mm, 2.800 mm und 3.600 mm. Die Gläser sind am oberen und unteren Rand in Fassadenprofilen gelagert. Entlang der vertikalen Glasränder erfolgt eine linienförmige Abstützung auf Glasschwerter.

Bautafel

Architekten: Schmidt Hammer Lassen Architects, Aarhus (Entwurf) und Tongji Architectural Design Institute, Schanghai (Projektarchitekten und Tragwerksplanung)
Bauherr: West Bund Development Corporation, Schanghai
Fertigstellung: 2016
Standort: 520 Longhua Middle Rd, Xuhui, Schanghai
Bildnachweis: Peter Dixie, Schanghai

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