Casa 4 en 1 in Murcia

Keramisches Fassadenkleid aus blauweiß gemusterten Steingutfliesen

Mauren brachten die Keramik einst von Ägypten nach Südwesteuropa, wo sie sich von Granada aus vor allem in Spanien und Portugal verbreitete und dort bis heute bei vielen Architekten und Bauherren beliebt ist. Kein Wunder also, dass auf der Iberischen Halbinsel immer wieder Projekte entstehen, bei denen Fliesen eine herausragende Rolle spielen. Ein wunderbares Beispiel dafür befindet sich in Guadalupe, einem Vorort nordwestlich der spanischen Stadt Murcia. Clavel Arquitectos schufen dort für ein wohlhabendes Paar ein ultramodernes Wohnhaus, das zu einem Großteil mit traditionell gemusterten, blauweißen Fliesen verkleidet ist.

Alle Außenflächen des nach Süden weit auskragenden Gästetraktes bedecken blauweiß gemusterte Steingutfliesen
Südwestansicht mit dem Schlaftrakt links, dessen Fassade aus schwarzen Glasplatten besteht, mittig der Wohnraum, darüber die Gästewohnung
Die 20 x 20 Zentimenter großen Keramikfliesen reichen bis an die Glasfront

Der luxuriöse Neubau liegt in einem ruhigen Wohnviertel auf einem kleinen grünen Hügel. Er besitzt eine nutzbare Fläche von mehr als 1.100 (!) Quadratmetern, die sich auf drei übereinandergestapelten Ebenen verteilen. Sein Name Casa 4 en 1 steht für die Aufteilung in vier Nutzungszonen, nach denen die Architekten das Gebäude gliederten: einen Freizeitbereich mit Bar, Sauna und Schwimmbad im Untergeschoss, dem Wohn-, Ess- und Küchenbereich im Erdgeschoss mit einem weiteren Schwimmbad auf der Terrasse davor, dem seitlich daran angrenzenden Schlafbereich mit Ankleiden und Bad sowie einem Gästetrakt mit fünf Schlafräumen im Geschoss darüber (siehe Abb. 7). Die einzelnen Bereiche unterscheiden sich nicht nur in der Nutzung voneinander, auch ihre Konstruktion und die Fassaden sind jeweils verschiedenartig ausgebildet.

Erschlossen wird das Gebäude über eine zickzackförmige Auffahrt vom Untergeschoss aus. Eine Garage bietet Platz für zwei Autos, daneben können unter dem auskragenden Erdgeschoss fünf weitere Autos parken. Licht erhält die unterirdische Ebene vor allem durch Oberlichter und gläserne Patios; der Boden besteht aus Stampfbeton, die rauen Betonwände sind unverkleidet. Über eine einläufige Treppe oder einen Aufzug geht es hinauf in den Wohntrakt, der als ein im Schnitt c-förmiger Betonrahmen ausgebildet ist. Mit raumhohen und komplett aufschiebbaren Glasfronten ist er zur Terrasse nach Südwesten ausgerichtet. In den Rahmen schiebt sich von Westen der Baukörper mit dem Schlafraum der Bauherren. Seine Fassade besteht aus dicken anthrazitfarbenen, aufeinandergeschichteten und mit unebenen Kanten hergestellten Glasplatten. Sie sind undurchsichtig und ergeben zusammen eine grob strukturierte Wandoberfläche, die an Sedimentgestein erinnert, in der sich jedoch das Licht vielfach bricht.

Den oberen Abschluss des Hauses bildet der Gästetrakt. Wie der Wohnbereich darunter ist er als liegender Betonrahmen ausgeführt, richtet sich aber mit ebenfalls raumhohen Glasfronten in die entgegengesetzte Richtung nach Nordosten. Davor verläuft ein 37 Meter langer Fachwerkträger, der an der südlichen Schmalseite über die Gebäudekante hinauskragend, die enorme Spannweite der Konstruktion verdeutlicht. Auffälligstes Gestaltungselement sind dennoch die blauweiß gemusterten Keramikfliesen, die den oberen Betonrahmen vollständig bedecken und dem Wohnhaus das gewisse Etwas verleihen.

Fliesen und Platten
Die Architekten entdeckten die Fliesen mit dem traditionellen, floralen Dekor bei einem regionalen Keramikhersteller, der sie als Auslaufmodell noch im Programm hatte, heute aber nicht mehr produziert. Es handelt sich um trockengepresste und glasierte Steingutfliesen im Format 20 x 20 Zentimeter mit einer Dicke von 6 Millimetern. Hergestellt wurden sie im Zweibrandverfahren, bei dem der Scherben zuerst bei einer Temperatur zwischen 900 und 1.100°C gebrannt, dann glasiert und mit dem gewünschten Muster bedruckt wird. Anschließend schmilzt man die Fliese mit einem weiteren Brand bei etwa 100° geringerer Temperatur auf. Der zweite Brand fixiert die Farbe und versiegelt die Fliese.

Die Verlegung an sämtlichen Außenflächen des oberen Baukörpers erfolgte mit einem Klebemörtel im Dünnbettverfahren direkt auf den Beton; die Fugen wurden mit einem weißen Zementmörtel geschlossen.

Bautafel

Architekten: Manuel Clavel-Rojo (Clavel Arquitectos), Murcia
Mitarbeiter: Ricardo Carcelén-González, Aarón Hernández-Hernández
Projektbeteiligte: David Hernández-Conesa, Murcia und Arquiten sa, Murcia (Tragwerksplanung)
Bauherr: privat
Standort: 30107 Guadalupe, Murcia, Spanien
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: David Frutos-Ruiz, Murcia

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