Bürogebäude Energybase in Wien

Solar optimiertes Passivhaus

Österreichs größtes Passiv-Bürogebäude steht in Wien. Die insgesamt fast 7.500 m² Grundfläche teilen sich verschiedene Büros sowie eine Fachhochschule. Doch Passivhausstandard und Größe alleine begründen nicht die Vorreiterrolle dieses Gebäudes: Das im energieeffizienten Bauen erfahrene Wiener Büro Pos Architekten hat zusammen mit einem Expertenteam ein eng verflochtenes Gebäude- und Energiekonzept ausgetüftelt. Die überwiegende Nutzung erneuerbarer Energien war den Planern von Energybase dabei ein wesentliches Anliegen. Für die nachhaltigen Ziele sind viele unkonventionelle Ideen verwirklicht worden, die vorab im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt und anhand von Simulationen überprüft worden waren. Auch der Nutzerkomfort hat dadurch entscheidend gewonnen.

Die gefaltete Fassade ermöglicht eine optimale Ausnutzung der Sonnenenergie
Pflanzen zur natürlichen Befeuchtung der Raumluft sind Bestandteil des Energiekonzepts
Neu entwickelte Solarleuchten setzen das Objekt auch nachts gut in Szene

Nachhaltig Bauen
Um den Energiebedarf und die erforderlichen Wärme- und Kälteleistungen größtenteils mit regenerativen Energien abzudecken, kommt es auf ein energieeffizientes Gebäudekonzept an. Die für ein Passivhaus typischen Parameter wie kompakte Gestaltung, konsequente solare Orientierung, Optimierung der Fenstergrößen, hochwertiger Wärmeschutz, Luftdichtheit und kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung finden sich auch bei Energybase wieder. Das Ergebnis ist beachtlich: Der Endenergiebedarf für Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung und Hilfsenergien liegt um 80 Prozent niedriger als in vergleichbaren Büroneubauten. Bei Auswahl und Einsatz der Baumaterialien wurde konsequent auf Aspekte wie Herstellungsenergie, Materialausnutzung und Rückbaubarkeit geachtet.

Nähert man sich dem Gebäude von Süden her, fällt sofort die gefaltete Glasfassade ins Auge. Sie folgt nicht allein einer gestalterischen Laune, sondern macht die Sonneneinstrahlung optimal passiv und aktiv nutzbar. Die Fassade verschattet sich im Sommer nämlich selbst, was den solaren Wärmeeintrag in die Räume minimiert und die Sichtbeziehung nach draußen erhält. Zusätzlich können auf den Oberseiten der Faltung integrierte Photovoltaikpaneele (400 m² / 46 kWpeak) die Sonnenenergie aktiv nutzen. Im Winter dringt die flacher einfallende Sonne tief ins Gebäude.

Während andere Büroneubauten sich noch häufig mit Zellenbüros zu beiden Seiten und einer künstlich beleuchteten Nebenraumzone in der Mitte präsentieren, differenziert das Energybase auch beim Grundriss deutlich zwischen Nord- und Südseite. Einzelbüros entlang der Lochfassade im Norden bieten ganzjährig gleichmäßige Bedingungen. Nach Süden hin sind die Arbeitsplätze zu größeren Einheiten zusammengefasst und durch bepflanzte Lufträume transparent unterteilt, was auch innerhalb des Gebäudes den für den Arbeitsplatzkomfort wichtigen Ausblick ermöglicht. Nebenräume und Gangbereich liegen offen entlang der Südzone und erhalten so im gesamten Jahresverlauf Tageslicht. Ist trotzdem künstliche Beleuchtung notwendig, ermöglichen die genaue Definition der Bereiche mit Arbeitsplatzanforderungen, eine tageslichtabhängige Regelung sowie spezielle Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der Leuchten einen optimierten Energieeinsatz.

Zentrales Element des Energiekonzeptes ist eine Betonkernaktivierung: Grundwasser wird im Winter mit Hilfe einer Wärmepumpe zur Beheizung genutzt, im Sommer wird es lediglich über einen Wärmetauscher geleitet und so mit sehr geringem Energieaufwand direkt zur Kühlung der Decken eingesetzt. Solarthermische Kollektoren an der Südfassade (285 m²) ermöglichen zusätzlich eine sorptionsgestützten Kühlung und Entfeuchtung der Frischluft bzw. unterstützen die Heizung.

Pflanzen filtern Schadstoffe aus der Luft und sorgen dafür, dass die Luft während der Heizperiode nicht zu trocken wird. Um die Feuchteabgabe der Pflanzen genau steuern zu können, wurde im Vorfeld ein Bepflanzungskonzept entwickelt und simuliert, das auf mit Zyperngras bepflanzten Pufferräumen basiert.

Das Gebäude wurde mit dem GreenBuilding certificate, dem Solid-Baupreis 2008 und dem Österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologie ausgezeichnet. Der Gebäudebetrieb wird in einem umfassenden Monitoring-Programm evaluiert.

Bautafel

Architekten: Pos Architekten ZT-KG, Wien
Projektbeteiligte: RWT Plus ZT, Wien (Statik); KWI Consultants & Engineers, Wien (Haustechnik); IBO - Österr. Inst. f. Baubiologie u. -ökologie, Wien (Bauphysik), Manfred R. Radke, Veitshöchheim (Grünpufferplanung), Klaus Pokorny, Wien (Lichtplanung)
Bauherr / Projektentwickler: Wiener Wirtschaftsförderungsfonds
Fertigstellung: 2008
Standort: Giefinggasse 6, 1210 Wien
Bildnachweis: H. Hurnaus, Wien (1-3); HEI Consulting, Wien (4); Pos Architekten, Wien (5, 6)

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In der nördlichen Hemisphäre erzielen Südfassaden im Winter die höchsten solaren Wärmegewinne, im Sommer lassen sie sich am leichtesten gegen Überhitzung schützen (im Bild: VM Häuser in Orestad/Kopenhagen, 2005; Architektur: BIG + JSD = PLOT, Kopenhagen).

In der nördlichen Hemisphäre erzielen Südfassaden im Winter die höchsten solaren Wärmegewinne, im Sommer lassen sie sich am leichtesten gegen Überhitzung schützen (im Bild: VM Häuser in Orestad/Kopenhagen, 2005; Architektur: BIG + JSD = PLOT, Kopenhagen).

Planungsgrundlagen

Solarenergie nutzen

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