Brandschutzbeschichtungen

Arten und Einsatzbereiche

Brandschutzbeschichtungen sind Anstriche oder Bekleidungen auf Bauteilen oder Oberflächen in Bauwerken, die im Brandfall die Eigenschaften der beschichteten Baustoffe hinsichtlich des Brandschutzes verbessern sollen.

Holz und Stahl können mit einer dämmschichtbildenden Brandschutzbeschichtung ertüchtigt werden.
Brandschutzbeschichtung von Stahlstützen in Feuerwiderstandsklasse F60 gemäß DIN 4102
Brandschutzbeschichtung von Stahlbauteilen mit dem Airless-Spritzverfahren

Arten von Brandschutzbeschichtungen
Anstriche

a) Dämmschichtbildner (Intumeszenz)
Als Dämmschichtbildner werden Anstriche bezeichnet, die im Brandfall auf die Temperaturerhöhung der Umgebung reagieren. Wird eine bestimmte Grenztemperatur überschritten, so bildet sich eine voluminöse kohlenstoffhaltige Schicht, die darunter liegende Baustoffe oder Oberflächen isoliert und vor Wärmeeintrag schützt. Die Bildung dieser Dämmschicht basiert auf diversen temperaturabhängigen, chemischen Reaktionen. Dämmschichtbildner bestehen in der Regel aus Bindemittel, Gasbildner, Kohlenstoffbildner, Katalysatoren und weiteren Additiven. Zur Ausdehnung benötigen sie Platz, der bei der Planung zu berücksichtigen ist!

b) Ablationsbeschichtung
Ablationsbeschichtungen enthalten Stoffe, die sich bei Hitzeeinwirkung in einer endothermen (= Energie muss hinzugefügt werden) Reaktion chemisch verändern. Dabei können sie verdampfen, sublimieren (direkter Übergang eines Stoffes vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand) oder schmelzen. Die beschichteten Materialien werden dadurch gekühlt. Außerdem können aus den Beschichtungen Substanzen abgegeben werden, die eine flammhemmende Wirkung haben. Nach Abschluss der chemischen und physikalischen Prozesse bleibt ein poröses, anorganisches, nicht brennbares und fallweise zusammengesintertes Gerüst (Keramik), das zusätzlich thermisch isolierend wirkt. Ablationsprodukte werden überall dort eingesetzt, wo Bauteile der Witterung ausgesetzt sind oder für die Beschichtung ungünstige Außenbedingungen herrschen, denn sie haben nach der Durchtrocknung keine wasserlöslichen oder durch Wasser oder Öl veränderbare Komponenten. Die Beschichtungen sind im Gegensatz zu dämmschichtbildenden Brandschutzbeschichtungen mechanisch belastbar.

Bekleidungen
Brandschutzbauplatten dienen als Bekleidungen für Holz, Stahl oder Beton, um im Brandfall tragende Bauteile vor Entzündung oder Temperaturerhöhung zu schützen. Die Bekleidungen bestehen in der Regel aus gipsgebunden Trockenbauplatten, die je nach brandschutztechnischer Anforderung ein- oder mehrschichtig direkt oder auf einer Unterkonstruktion aufgebracht werden. Sie sind bei der statischen Planung zu berücksichtigen. Außerdem kommen Steinwolle-Brandschutzplatten zum Einsatz.

Einsatz von Brandschutzbeschichtungen
Stahl

Stahl, der zur Erstellung baulicher Anlagen dient, wird in die Baustoffklasse „nicht brennbar“ (A 1) eingestuft. Die Festigkeit von Bauteilen aus Stahl nimmt jedoch beim Überschreiten der kritischen Temperatur von ca. 500°C stark ab. Im Brandfall führt das dazu, dass die Tragfähigkeit von Stahlkonstruktionen und damit die Standsicherheit des gesamten Gebäudes verloren geht. Stahlbauteile dehnen sich zudem bei hohen Temperaturen stark aus und können unzulässige Kräfte auf Wände und Decken ausüben. Um diese Risiken im Brandfall auszuschließen, müssen sie mit einer Brandschutzbeschichtung oder -bekleidung versehen werden; geeignet sind dämmschichtbildende Anstrichsysteme. Für metallische Trägermaterialien im Hochtemperaturbereich ab 1.000°C werden meist intumeszierende oder keramikbildende Beschichtungssysteme verwendet. Im Brandfall quillt das Material bis zum 30-fachen der ursprünglichen Schichtdicke auf und bildet eine poröse Keramikschicht. Als Brandschutzbekleidung für Stahlkonstruktionen eignen sich z.B. Bekleidungssysteme aus nicht brennbaren (A 2) Steinwolle-Brandschutzplatten mit einem Schmelzpunkt von >1.000°C.

Beton
Beton ist ein nicht brennbarer Baustoff und erreicht i. d. R. eine Feuerwiderstandsdauer bis 60 Minuten. In der Kombination mit Stahl (Bewehrung) ist er weder an der Brandentstehung noch -weiterleitung beteiligt und bleibt im Brandfall tragfähig. Bei hohen Brandtemperaturen können sich jedoch stoffliche Veränderungen der Bestandteile ergeben, die zu Dehnungen der Konstruktion und zu Schäden (z. B. Abplatzungen) führen. Ablationsbeschichtungen als Anstrichsysteme können diese Vorgänge im Beton hinauszögern. Solche Systeme bestehen aus Lösemittel und halogen- bzw. asbestfreien Kunststoff-Dispersionen. Sie enthalten zusätzlich flammhemmende Pigmente und verzögern das Aufheizen und Abplatzen von Beton. Aufgetragen werden sie i. d. R. im Airless-Verfahren. Die erforderlichen Schichtdicken von etwa 1-3 mm führen im Vergleich zu Plattenbekleidungen kaum zu statischen Belastungen.

Holz
Anstrichsysteme mit Dämmschichtbildnern können Vollholz und Holzwerkstoffe in ihrem Brandverhalten verbessern; so kann beispielsweise die Baustoffklasse von Holz von normalentflammbar (B 2) zu schwerentflammbar (B 1) ertüchtigt werden. Eine Verlängerung der Feuerwiderstandsdauer ist mit Anstrichsystemen hingegen noch nicht möglich. Eine Hochleistungs-Brandschutzbeschichtung aus keramisierenden Elastomeren bis zu einer Feuerwiderstandsklasse von 60 Minuten wird derzeit z. B. durch das Fraunhofer-Institut erprobt.

Im Brandfall wird von dämmschichtbildenden Beschichtungen eine voluminöse Kohlenstoffschicht gebildet, die die weitere Sauerstoffzufuhr verhindert und das darunterliegende Holzbauteil vor der Brandtemperatur schützt. Die Beschichtungen bestehen aus Bindemittel, Kohlenstoff-, Gas- und Säurebildnern, die die temperaturabhängige chemische Reaktion begünstigen. Deckende oder transparente Anstrichsysteme als Brandschutzbeschichtungen werden in geringen Schichtdicken aufgetragen und beeinträchtigen so weder Ästhetik noch Tragwerk, z. B. durch zusätzliche Lasten. Eine nachträgliche Ertüchtigung von Holzbauteilen ist mit geringem Aufwand möglich. Inwieweit die derzeit eingesetzten Anstrichsysteme alterungsbeständig sind oder ob sie eine Zerstörung der Holzsubstanz begünstigen, ist noch nicht bekannt. Ihr Einsatz im Außenbereich oder bei denkmalgeschützter Bausubstanz ist daher fraglich.

Brandschutztechnisch wirksame Bekleidungen für tragende Holzkonstruktionen, die eine Verlängerung der Feuerwiderstandsdauer ermöglichen, bestehen i. d. R. aus Trockenbauplatten. Solche „Kapselungen“ können die brandschutztechnischen Anforderungen feuerhemmend (REI 30) oder hochfeuerhemmend (REI 60 K₂60) erfüllen. Die Anforderung feuerbeständig (REI 90 nicht brennbar) kann dadurch nicht erreicht werden, da die wesentlichen tragenden bzw. raumabschließenden Teile hier nicht aus brennbaren Baustoffen bestehen dürfen. Gleichzeitig verdecken diese Bekleidungen die gewünschte Holzoptik und können nur mit hohem Aufwand ertüchtigt werden.

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Brandsicherer Abschluss für Deckendurchführungen von Rohr- und Elektroleitungen in R30 bis R90 Qualität

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Tragende und aussteifende Wände und Stützen müssen im Brandfall ausreichend lange standsicher sein (im Bild: U-Bhf in München).

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Baustoffe/​Bauteile

Tragende und aussteifende Bauteile

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