Bibliothek Campus Westerberg in Osnabrück

Wasserstrichziegel im Wilden Verband

Wer eine Bibliothek plant, sieht sich meistens mit zwei widersprüchlichen Parametern konfrontiert: Zwar sollen die Lese- und Arbeitsplätze möglichst über viel Tageslicht verfügen, doch ist Licht der Aufbewahrung von Büchern nicht zuträglich. Mit dem Bibliotheksneubau auf dem Campus Westerberg in Osnabrück gelingt es Reimar Herbst Architekten, deren Entwurf sich 2010 im Wettbewerb durchsetzte, beiden Anforderungen gerecht zu werden. Die strukturierte Ziegelfassade mit ihren tiefen Fensterlaibungen fungiert als baulicher Sonnenschutz, zwei große Atrien im Inneren bringen Tageslicht in das Gebäude wo es erforderlich ist.

Den Haupteingang kennzeichnet ein Unterschnitt im Baukörper
Die Fenster in der 57,5 cm starken Außenwand sind innenbündig
Zwei leichte Versprünge an der Nord- und Südfassade gliedern den lang gestreckten Baukörper

Der Campus Westerberg liegt nordwestlich der Osnabrücker Innenstadt auf dem Areal der früheren Von-Stein-Kaserne und wird gleichermaßen von der Hochschule Osnabrück und der Universität Osnabrück genutzt. Neben den umgenutzten Kasernengebäuden entstanden in den letzten Jahren mehrere Neubauten wie die Mensa und ein Hörsaalgebäude. Die Architekten richteten den Baukörper, der die Zentralbibliothek der Hochschule sowie die Bereichsbibliothek für Naturwissenschaften und Mathematik der Universität beherbergt, entsprechend des Masterplans zur Campuserweiterung an den vorhandenen orthogonalen Strukturen aus. Der lang gestreckte, viergeschossige Bau auf rechteckigem Grundriss bildet dabei die nördliche Begrenzung des sogenannten Campus-Forums und fungiert zugleich als Entree zum Unigelände. Der Haupteingang an der Nordseite wird durch einen starken Rücksprung der Außenwand gekennzeichnet, das Volumen des Baukörpers ist hier ddeutlich herausgeschnitten, und ist somit auch aus der Ferne ablesbar. Ein weiterer Eingang liegt auf der Südseite, dem Campus-Forum zugewandt. Der Personal- und Lieferzugang erfolgt von Westen in den internen Funktionsbereich mit Magazin.

Der Baukörper umschließt zwei begrünte, rechteckige Höfe, zu denen sich die Innenräume der Bibliothek mit großzügigen Verglasungen öffnen. Während der westliche Hof ebenerdig liegt, befindet sich der östliche über dem Foyer im ersten Obergeschoss. Diese zwei als Gärten konzipierten Atrien bestimmen maßgeblich die Organisation im Inneren. Zwei Treppenanlagen mittig der Längsseiten und die zentralen Flure zwischen den Innenhöfen verbinden alle Bereiche formal und funktional. Die Arbeits- und Leseplätze sind entlang der Atrien, als Inseln zwischen den Regalen und in Einzel- oder Gruppenarbeitsräumen bei den Freihandbereichen angeordnet. An den äußeren Stirnseiten der Lichthöfe befindet sich jeweils eine dreigeschossige Leseterrasse.

Mauerwerk
Das Sichtmauerwerk der Bibliothek knüpft an die Materialität der Bestandsbauten auf dem Campus an. Tiefe Gebäudeöffnungen mit innenbündigen Fenstern profilieren die Fassaden. Diese großen, senkrecht stehenden Fenster sind entsprechend den Himmelsrichtungen und der inneren Nutzung unterschiedlich ausgearbeitet: gen Norden und vor den Treppenhäusern mit senkrechten, zweifach zurückspringenden Klinkerfaschen und an den sonnenzugewandten Seiten mit dreifachen Rücksprüngen, um den Sonneneintrag zu reduzieren.

Die 57,5 cm starken Außenwände haben einen zweischaligen Aufbau aus Stahlbeton und Ziegelvormauerschale mit Kerndämmung. Als Verblender ließen die Architekten einen beige-grau-braun nuancierten Wasserstrichziegel speziell für dieses Bauvorhaben in einem dänischen Werk im Normalformat NF (24 x 11,5 x 7,1 cm) produzieren. Der Ton für Wasserstrichziegel, auch Handstrichziegel genannt, wird bei der Herstellung durch Drehtischpressen gedrückt. Durch den Einsatz von Wasser als Trennmittel erhält der Ziegel seine typisch raue Oberflächenstruktur und seine rustikalen Kanten.

Die vorgehängte Ziegelschale wurde im Wilden Verband ausgeführt, die zwei- bis dreifach zurückspringenden Klinkerfaschen dagegen als Stapelverband auf Konsolankern. Über den Fensteröffnungen findet sich jeweils eine doppelte Grenadierschicht. Die Fensterbänke sind Betonfertigteile, welche im Farbton der Klinker durchgefärbt und deren Oberflächen sandgestrahlt und hydrophobiert wurden. Die eloxierten Metalloberflächen der innenbündigen, breiten Rahmen werden außen von den tiefen Steinlaibungen vollständig verdeckt. Im Sockelbereich ergeben linienartig ausgebildete Vorsprünge eine Art Reliefzone, die allerdings nicht vollständig umläuft.

Bautafel

Architekten: Reimar Herbst Architekten, Reimar Herbst / Angelika Kunkler, Berlin
Projektbeteiligte: Beusterien + Eschwe Architekturbüro, Berlin (Bauleitung); Mathes Beratende Ingenieure, Leipzig (Tragwerksplanung); Krämer-Evers Bauphysik, Hasbergen (Bauphysik); emutec, Norderstedt, siganet, Ibbenbüren, Ingenieurbüro O&P, Ibbenbüren (TGA); pbr Hölscher Brandschutz, Osnabrück (Brandschutz); Läer + Rahenbrock, Georgsmarienhütte (Rohbau); IHB Potsdam, (Mauerwerksfassade); Wienerberger, Hannover (Wasserstrichziegel)
Bauherr: Staatliches Baumanagement Osnabrück-Emsland, Bad-Iburg
Fertigstellung: 2015
Standort: 
Nelson-Mandela-Platz 1, 49076 Osnabrück
Bildnachweis: Sven Otte, Erkerode; Barbara Moenkediek, Osnabrück; Reimar Herbst Architekten, Berlin

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