Architekturfakultät der KTH Stockholm

Energieefizienz durch zentrale Wärme- und Kälteversorgung

Schwedens größte Universität, die Kungliga Tekniska Högskolan*, kurz KTH, liegt am nördlichen Stadtrand von Stockholm. Das Campusgelände mit seinen teils denkmalgeschützten Backsteinbauten wurde zwischen 1914 und 1917 vom ortsansässigen Architekten Erik Lallerstedt erbaut. Im Laufe der Jahre kamen auf dem Gelände einige Neubauten hinzu. Jüngste Fertigstellung ist ein kompakter, organisch geformter Baukörper mit rostroter Fassade aus Cortenstahl. Hierbei handelt es sich um den Erweiterungsbau der Arkitekturskolan**, welcher nach Plänen des Stockholmer Büros Tham & Videgård Arkitekter errichtet wurde.

Der Erweiterungsbau der Architekturfakultät wurde inmitten eines Hofes auf dem bestehenden Campusgelände platziert
Markant ist die Fassade aus Cortenstahl, die von breiten Fenstern unterbrochen wird und durch die rahmenden Laibungen eine hohe Plastizität erhält
Die sich in der Sonnenschutzverglasung spiegelnde Umgebung wird Teil der Fassade

Das neue Fakultätsgebäude erstreckt sich mit einer Nutzfläche von knapp 9.140 Quadratmetern über sechs Geschosse, eines davon teilweise unterirdisch. Die Planer platzierten den Baukörper zwischen die bestehenden Backsteinbauten inmitten eines Innenhofes. Die langen, horizontalen Fensterreihen in den Obergeschossen wurden versetzt zueinander angeordnet und verleihen der Fassade einen dynamischen Rhythmus. Die Fensterlaibungen aus Cortenstahl treten deutlich aus der Fassade hervor und erzeugen dadurch starke Schlagschatten und eine noch markantere Anmutung der Hülle. Aufgrund des abschüssigen Terrains ist das Erdgeschoss größtenteils ins Erdreich eingelassenen und konnte so unterirdisch direkt mit dem benachbarten Altbau verbunden werden. Lediglich in Richtung Südost ist diese Etage sichtbar und tritt als breitverglaste, gerundete Front in Erscheinung, die den Haupteingang markiert.

Ebenerdig befinden sich mehrere doppelgeschossig ausgebildete Hörsäle und Ateliers mit geschwungenen Wänden. Dazwischen liegen zwei annähernd ovale Treppenhäuser mit Wendeltreppen. Durch die Rundungen der Innen- und Außenwände verengen sich die Flure an einigen Stellen, um sich dann wieder aufzuweiten. Fensteröffnungen in den Innenwänden verbinden die einzelnen Nutzungsbereiche visuell miteinander. Nach Norden hin läuft das an dieser Stelle unterirdische Erdgeschoss keilförmig zu. In der Keilspitze sind die Werkstätten untergebracht, die über einen großen, ovalen Patio mit Tageslicht versorgt werden. Dieser verfügt über einen Treppenzugang zum Hof hinter dem Gebäude, der sich oberirdisch lediglich durch ein spiralförmiges Geländer aus rostrotem Cortenstahl zu erkennen gibt.
 
Im ersten Obergeschoss sind die Büros der Verwaltung unterbracht, in den drei darüber liegenden Etagen erstrecken sich die Arbeitsplätze der Studenten entlang der großzügigen Fenster. Das letzte, deutlich höhere Obergeschoss ist an den Gebäudeecken zurückversetzt, sodass drei großzügige Dachterrassen entstehen. Hier befinden sich die Büros der Lehrenden sowie deren großer Gemeinschaftsraum. Während die konkaven Außenwände, die an die Terrassen grenzen, nahezu fensterlos sind, wurden die bündig in die darunterliegenden Fassaden übergehenden Flächen hingegen vollständig verglast.

Um eine größtmögliche Flexibilität bei der Nutzung der Innenräume zu erhalten, wurde das Gebäude in Stahlbetonskelettbauweise realisiert. Zur Aussteifung sind die gekrümmten Wände der beiden zentral liegenden Versorgungs- und Erschließungskerne massiv in Sichtbetonqualität ausgebildet. Alle nicht tragenden Wände wurden mit Pinienholz verkleidet, welches einen angenehm warmen Kontrast zum Beton bildet und zudem die Raumakustik verbessert. Die Decken sind mit grauen, verdeckt montierten Paneelen aus Aluminium verkleidet, passend dazu bestehen die Böden aus geschliffenem Industrieestrich. Über die großformatigen Fenster mit Sonnenschutzverglasung dringt viel Tageslicht ins Gebäudeinnere. Die künstliche Beleuchtung erfolgt mit LEDs.

Gebäudetechnik
Der jährliche Primärenergiebedarf der Arkitekturskolan liegt bei 90 kWh/m². Die zentrale Wärme- und Kälteversorgung des Erweiterungsbaus stellt die campuseigene reversible Wärmepumpenanlage sicher. Flache weiße Radiatoren vor den raumhohen Fenstern geben die Wärme durch freie Konvektion und Strahlung an die Räume ab. Die Heizkörper werden mit einer Vorlauftemperatur von 50°C betrieben, sodass die Wärmepumpenanlage effizient arbeiten kann. In den Sommermonaten wird das zirkulierende Heizungswasser abgekühlt. Dazu wird es durch Rohrmäander geleitet, die im Erdreich verlaufen. Die Radiatoren sind dann keine Heizkörper mehr, sondern kleine Kältespeicher, die den Innenräumen Wärme entziehen und auf diese Weise zu einem angenehmen Raumklima beitragen.

Die kontrollierte, bedarfsgerechte Be- und Entlüftung stellen vier Luftbereitungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sicher, die bei achtzig Prozent liegt. Jedes Lüftungsgerät ist mit einer Heiz- und mit einer Kühlschlange ausgestattet. Um Energie zu sparen, werden die Innenräume mit einem variablen Luftvolumen belüftet. Das bedeutet, dass die Temperatur konstant ist und der Luftstrom angepasst wird. Jede Etage der Schule ist an jedes der vier Geräte angeschlossen. Muss eine Etage, beispielsweise durch die Abwesenheit von Personen, nicht versorgt werden, so wird die Verbindung zeitweise gesperrt. Technische Einrichtungen mit hohen Wärmeabgaben, wie z. B. die Serverräume, werden zusätzlich auf dezentralem Wege mit Ventilatorkonvektoren klimatisiert. -kt

* zu Deutsch: Königlich Technische Hochschule
** zu Deutsch: Architekturschule

Bautafel

Architekten: Tham & Videgård Arkitekter, Stockholm
Projektbeteiligte: SKALA Arkitekter, Horsens (Innenraumgestaltung); Tengbom, Stockholm (Landschaftsarchitektur)
Bauherr:
Königlich Technische Hochschule (KTH), Stockholm
Fertigstellung: Dezember 2015
Standort: Osquars backe 9 in 114 28 Stockholm
Bildnachweis: Lindman Photography, Stockholm

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