Anna-Pröll-Mittelschule in Gersthofen

Hinterlüftete Holzfassade mit Steinwolledämmung

An langen Korridoren aufgereihte Klassenzimmer und Frontalunterricht sind passé. Wie Schule heute aussehen kann, zeigt ein Neubau in der bayerisch-schwäbischen Stadt Gersthofen beispielhaft: Gut 600 Eleven von der fünften bis zur zehnten Klasse bietet die Anna-Pröll-Mittelschule helle Räume, offene Strukturen und unterschiedliche Lernzonen. Das alte Gebäude aus den frühen 1970er-Jahren war deutlich in die Jahre gekommen und genügte weder aktuellen baulichen noch pädagogischen Anforderungen. Mit der Errichtung eines neuen Hauses auf dem Areal bot sich die Gelegenheit, ein angemessenes Raumprogramm für zeitgemäße flexible Lernkonzepte zu schaffen. Für den Entwurf zeichnet das Münchner Architekturbüros Behnisch Architekten verantwortlich.

Horizontal umlaufende weiße Fassadenbänder der Fluchtbalkone strukturieren das Gebäude, eine 26 cm dicke Steinwolleschicht zwischen Massivbau und vorgehängter Lärchenholzschalung dämmen es
Platz für mehr als 600 Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse: In den eingeschossigen Gebäudeflügeln befinden sich die Fachklassen
Die Treppenanlage der Aula mit Sitzstufen entwickelt sich parallel zur außen angelegten Terrassenanlage

Die Planer mussten sich intensiv mit den örtlichen Gegebenheiten auseinandersetzen, da die neue Sekundarschule sowie die Dreifachsporthalle nur in Bauabschnitten realisiert werden konnten und der Schulbetrieb während der gesamten Bauphase weitergehen musste. Erst nach dem Umzug in den Neubau war der Abriss vom Bestand möglich. Das unebene Grundstück liegt in der südlichen Vorstadt und ist geprägt von einem heterogenen Umfeld mit Wohn-, Schul- und Kulturbauten. Zusammen mit dem östlich angrenzenden Paul-Klee-Gymnasium bilden die Mittelschule und Sporthalle einen großzügigen Schulcampus, der den Schülerinnen und Schülern beider Einrichtungen Raum für Aktivitäten und Ganztagsbetreuung.

Auskragende und an den Ecken abgerundete Bauteile wie Balkone und Dächer scheinen den Neubau wie umlaufende weiße Bänder zusammenzuhalten. Darüber hinaus prägen viele Fenster und eine Lärchenholzschalung das Erscheinungsbild. Der Neubau mit einer Bruttogrundfläche 13.396 Quadratmetern besteht aus drei eingeschossigen Gebäudeflügeln, die sich auf unregelmäßigem Grundriss in das von Nord nach Süd abfallende Gelände schieben. Darauf wurde das dreigeschossige Klassenhaus platziert. Eine unterirdische, wettergeschützte Verbindung zur südlich anschließenden Sporthalle bildet das Untergeschoss. Die Fassade des Gebäudes lebt von einem Wechselspiel zwischen offenen und geschlossenen Flächen. Großflächige raumhohe Pfosten-Riegel-Fassaden wechseln mit einer horizontalen Lärchenholzschalung ab. Fluchtbalkone mit horizontal umlaufenden weißen Geschossbändern mit abgerundeten Ecken strukturieren das Gebäudeensemble.

Das Schulareal wurde angelehnt an die Topografie neu gestaltet und eine barrierefreie Nord-Süd-Durchquerung ermöglicht. Der Hauptzugang befindet sich ebenerdig auf der oberen Eingangsebene an der Ostseite. Ein zweiter Eingang führt auf dem unteren Niveau direkt in die zentrale mehrgeschossige Aula, die über offene Freitreppen alle vier Ebenen miteinander verbindet. Das Herzstück ist die Treppenanlage mit Sitzstufen, die sich parallel zur außen angelegten Terrassenanlage entwickelt und die beiden Eingangsebenen verbindet. Die Verwaltung, Räume für den Ganztagesbetrieb, Musikraum und Bibliothek grenzen direkt an die Aula im Eingangsgeschoss. Auch die Fachklassen befinden sich hier und ragen als eingeschossige Gebäudeflügel mit vorgelagerten grünen Klassenzimmern in den umgebenden Außenraum. Zur räumlichen Umsetzung des flexiblen Lernkonzepts sind insgesamt 24 Klassenzimmer im Wechsel mit Sitzecken und Gruppenräumen galerieartig angeordnet. Sie fügen sich mit ihren Glastüren in die offene Gestaltung des gesamten Gebäudes. Zusätzliche Ausweichräume, die mit Vorhängen abgetrennt werden können, ergänzen das Programm. In den beiden Obergeschossen befinden sich jeweils sechs Räume mit je zwei Klassen und einem eigenen Eingangsbereich. Von den Galerien der Obergeschosse kann man auf die Aula blicken, Oberlichter und Tageslichtlenksysteme lassen Tageslicht weit in das Innere des Gebäudes fallen.

Im Inneren wechseln sich Wände und Decken aus Sichtbeton mit weißen Oberflächen ab. Akustikplatten sorgen für die notwendige Schallabsorption. Holz als Wandverkleidung und Bodenbelag sowie farbenfrohe Möbel und Vorhänge ergänzen die Innenraumgestaltung.

Wärmedämmung/Konstruktion

Das neue Schulgebäude ist ein Massivbau mit Stützen, Decken und Dach aus Stahlbeton. Auch die Wände bestehen aus Stahlbeton sowie aus Mauerwerk; gedämmt sind sie mit 26 cm dicken vlieskaschierten Steinwolleplatten. Der gewählte Baustoff hinter der Holzfassade ist diffusionsoffen, wasserabweisend und nicht brennbar. Er erreicht einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit λ von 0,035 W/mK. Befestigt ist die Dämmung zwischen der metallenen Unterkonstruktion und der vorgehängten Fassadenkonstruktion. Eine senkrechte Holzlattung bildet die Hinterlüftungsebene von 24 mm, darauf ist die abschließende horizontale Verschalung aus unbehandelten Lärchenholzbrettern montiert. Die raumhohen Pfosten-Riegel-Fassaden liegen in der Dämmebene und schließen nahezu außenbündig an die hölzerne Fassadenverkleidung an. Der Sonnenschutz ist außen liegend und an den umlaufenden auskragenden Decken beziehungsweise am Dach befestigt.

Die Flachdächer sind extensiv begrünt und mit zwei Lagen expandiertem Polystyrol (EPS) gedämmt. Die untere Schicht hat eine Dicke von 12 cm, die Gefälledämmung darüber eine Mindestdicke von 2 cm und eine maximale Dicke von 26 cm. Die Wärmeleitfähigkeit der für hohe Belastung ausgelegten Dämmung beträgt 0,035 W/mK. Auf der Stahlbetondecke des Daches liegen 8 cm dicke Brettschichtholzplatten, die umlaufen rund 1,5 Meter weit auskragen. Die Auskragung der zwei Geschossdecken wird mit Stahlbeton und einem unterseitig angebrachten Wärmedämmverbundsystem (WDVS) erreicht.

Für die Dämmung der Bodenplatte wählte man hoch druckbelastbares und gegen Feuchtigkeit unempfindliches extrudiertes Polystyrol (XPS) mit einer Dicke von 16 cm (Wärmeleitfähigkeit λ= 0,040 W/mK). Auf der Stahlbetonbodenplatte befindet sich eine druckunempfindliche 5 cm hohe Ausgleichsschicht aus EPS und eine 20 mm starke Trittschalldämmung aus Mineralwolle.

Bautafel

Architekten: Behnisch Architekten, München
Projektbeteiligte: Leonhardt, Andrä und Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); Frey Donabauer Wich, Gaimersheim (HLS); IB Bamberger, Pfünz (ELT); IPMI, Unterhaching (Bauphysik); Brandschutz Consulting Sonntag, München (Brandschutz); Liebald und Aufermann, München (Außenanlagen); Rockwool, Gladbeck (Fassadendämmung)
Bauherr:
Stadt Gersthofen
Fertigstellung: 2018
Standort: Theresienstr. 12, 86368 Gersthofen
Bildnachweis: David Matthiessen, Stuttgart

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Bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden trägt neben der Dämmebene auch eine Luftschicht zum Wärmeschutz bei.

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