Sacred Modernity.The Holy Embrace of Modernist Architecture
Hatje Cantz, Berlin 2024
Ganzleineneinband, Englisch und Deutsch
208 Seiten, 29,8 x 24,8 cm, 126 Abbildungen
Preis: 54 EUR
ISBN 978-3-7757-5646-4
Der britische Fotograf Jamie McGregor Smith machte sich nach
seinem persönlichen Brexit 2018 auf eine besondere Reise.
Inspiriert von der Architektur seiner neuen Heimat Wien und einem
ersten Besuch in der katholischen Wotrubakirche im Bezirk Liesing,
öffnete sich ihm eine neue Welt: die der Erkundung und
fotografischen Dokumentation modernistischer Kirchenbauten in
Europa. Die Reise führte ihn zu „außergewöhnlichen, übernatürlichen
Strukturen“, zu sakralen Skulpturen aus der Zeit des Brutalismus
oder Expressionismus, oftmals inmitten großstädtischer Wohngebiete
oder in Schweizer Bergdörfern versteckt. Trotz der Einschränkungen
in der Pandemie war die Erkundungsreise möglich, denn „wie durch
ein Wunder entdeckte ich, dass die Kirchentüren die einzigen waren,
die noch offen standen“, erklärt McGregor Smith im Vorwort zu
seiner Publikation.
Seine Eindrücke und Emotionen auf der außergewöhnlichen
Entdeckungstour gleichen einer Offenbarung. Diese fasst er eingangs
in Schriftform zusammen, gefolgt von einem Essay des Architekten,
Autors und Professors an der TU Wien, Ivica Brnić. Danach folgt der
fulminante Bildteil, wobei jede Doppelseite je einem Bauwerk mit
einer bis zwei Aufnahmen – selbstverständlich in perfekter Manier
der Architekturfotografie aufgenommen – gewidmet ist. Der
fotografische Reigen beginnt mit der besagten Kirche Zur Heiligen
Dreifaltigkeit auf dem Georgenberg in Wien, 1974-1976 gebaut von
Fritz Wotruba und Fritz G. Mayr, deren 152 gestapelte Betonblöcke
es McGregor Smith angetan hatten, und die die Initialzündung für
das Projekt waren. Schnell wird deutlich, dass das Material Beton
ein zentrales, und verbindendes Element in der ansonsten so weit
verstreuten Landschaft der sakralen Moderne ist. „Das Europa der
Nachkriegszeit war arm und bequem, Beton war billig“, konstatiert
McGregor Smith in seinem Vorwort dazu.
Ähnlich spektakuläre Formkompositionen der rohen Platte folgen aus
Chur, aus Köln oder Treviso. In neun Kapitel unterteilt, die durch
abstrakte oder gestalterische Hauptmotive und kurze Texte
eingeleitet werden, folgen jeweils bis zu einem Dutzend Beispiele
in fotografischer Form. Das Buch wird dadurch auch zu einer Reise
quer durch die Architekturgeschichte und liefert wahlweise
eindrückliche Bilder von bekannten Exemplaren sakraler Bauwerke
oder aber Inspiration für eigene Neuentdeckungen. Nach insgesamt
126 sehenswerten und äußerst detailreichen Abbildungen, schließt
die Publikation mit einem Essay des englischen Autors und
Filmemachers Jonothan Meades ab. Die Rolle des Glaubens, die Rolle
der Kirche oder aber ihre bauliche Ausprägung speziell in seiner
Heimat fasst er hier nochmal zusammen.
Das vorliegende Werk bietet somit einen üppigen Fundus an
Eindrücken, die auch weit über das dokumentarische hinausreicht.
Immanent bleiben aber die Kirchenbauten und Räume, die „kühn,
unerhört und provokativ für ihre Zeit“ waren. In der Quintessenz
fasst der Verlag zusammen, Jamie McGregor Smiths fotografische
Studie zeige, „dass diese Zukunftsvisionen aus der Vergangenheit
bis heute nichts von ihrer visionären Kraft verloren haben und mit
ihren futuristisch, ungewohnten Formen nach wie vor zu den
einzigartigsten architektonischen Skulpturen im öffentlichen Raum
gehören.“