Zuger Kantonsspital in Baar

Evakuierungstraining und Brandabschnitte zum Schutz der Patienten

Drei Kliniken in einem kompakten Gebäude mit kurzen Wegen zusammenfassen, trotzdem für möglichst viel Tageslicht in den Räumen sorgen, und außerdem einen offenen und übersichtlichen Empfang für Patienten und Besucher schaffen – der Neubau des Zuger Kantonsspitals sollte diese unterschiedlichen Bedingungen vereinen und musste gleichzeitig besonders hohen Anforderungen an den Brandschutz Rechnung tragen. Denn gerade die Größe eines solchen Krankenhauses sorgt für lange Rettungswege, die viele der Patienten nicht so einfach zurücklegen können wie Gesunde. Die Architekten Burckhardt aus Zürich lösten die Aufgabe mithilfe eines klar strukturierten Baukörpers und einer schlichten Glasfassade.

Südansicht der beiden Kämme des Kantonsspitals mit der Stahlfassade des Parkhauses im Hintergrund
Die großzügige Empfangshalle mit offener Galerie im ersten Obergeschoss
Die Cafeteria schließt an den Empfang an

Zu der Gebäudegruppe am Rande von Baar gehören auch ein kleines Pflegezentrum und ein Parkhaus. Beide bilden im Verhältnis zu ihrer Grundfläche niedrige, schlichte Quader, das Parkhaus als Stahlgerüst, das Pflegezentrum mit roter Putzfassade. Das gläserne, viergeschossige Kantonsspital wirkt von außen ebenfalls fast wie ein Quader, ist jedoch kammförmig gegliedert. Ein Erschließungsbaukörper mit Treppenhäusern und Aufzügen erstreckt sich über die Eingangsseite im Norden. Er verbindet zwei breite Riegel, die nach Süden hin daran anschließen und als Zweispänner ausgebildet sind. Zwischen den beiden liegt ein schmalerer und nur zweigeschossiger Nord-Süd-Riegel. Auf der Südseite bildet ein ebenfalls nur zwei Geschosse hoher Verbindungskörper den Abschluss des annähernd quadratischen Gebäudegrundrisses. An den Schnittstellen der Riegel liegen weitere Treppenhäuser und Aufzüge.

Die öffentliche Erschließungszone für Patienten und Besucher ist als helle Empfangshalle mit einem Luftraum über zwei Geschosse ausgebildet und sorgt für Orientierung. Sie nimmt an der Nordseite die gesamte Gebäudelänge ein und geht nach Nordwesten hin in die Cafeteria über. Im ersten Obergeschoss befinden sich eine Galerie, eine Tagesklinik, die Intensivstation sowie verschiedene Operationssäle. Das zweite und das dritte OG beherbergen die Pflegestationen, die Geburts- sowie die Gynäkologiestation. Die Patientenzimmer liegen in den oberen Stockwerken an den Außenseiten der breiten Gebäuderiegel oder zum großen Innenhof hin.

Von der Halle aus erreicht man über vier Treppenhäuser und Aufzüge die verschiedenen Stationen in den Riegeln. Der Flur auf der Gebäuderückseite sowie die daran anschließenden Treppenhäuser und Aufzüge dienen dem Personal, dem Bettentransport sowie der Ver- und Entsorgung. Ein separater seitlicher Notfalleingang trennt zusätzlich die hektische Patientenannahme vom übrigen Geschehen im Krankenhaus.

Das Spital umfasst neben den vier oberirdischen Geschossen zwei Untergeschosse. Das erste UG steht für Küche, Zentralgarderobe, Lager- und Archivräume sowie Werkstätten zur Verfügung, das zweite UG nehmen Technikräume ein.

Eine umlaufende Glasfassade lässt Licht in die Räume einfallen. Innenhöfe und Einschnitte belichten den tiefen Gebäudegrundriss und ermöglichen eine natürliche Belüftung der meisten Räume. Wechselnde Größen und Formate der Fenstermodule lockern die große Fassadenfläche auf und machen die verschiedenen Nutzungszonen ablesbar. Zum Beispiel zeichnen sich die Patientenzimmer in einem größeren, quadratischen Raster gegenüber den meist langformatigen Fenstern der übrigen Räume ab.

Brandschutz
Das Stahlbeton-Skelett des Krankenhauses sowie alle aussteifenden Wände weisen die Feuerwiderstandsklasse F 60 auf. Die Fassade aus Metall und Glas ist selbsttragend und nicht brennbar. Das Gebäude wurde entsprechend seiner verschiedenen Nutzungen in viele einzelne Brandabschnitte unterteilt, sodass ein möglicher Brand auf eine möglichst kleine Fläche begrenzt bleibt. So bildet jedes der sechs über alle Geschosse durchgängigen Treppenhäuser zusammen mit den anschließenden Fluchtkorridoren einen eigenen Brandabschnitt mit den Feuerwiderstandsklassen F 60/T 30. Korridore zu verschiedenen Treppen sind mit T 30- oder R 30-Türen unterteilt. Alle Patientenzimmer sind mit F 60-Konstruktionen voneinander getrennt. Die Aufzugschächte bilden ebenfalls eigene Brandabschnitte mit Bauteilen in F 60 oder T 30 sowie eigener Entlüftung.

Die Eingangshalle einschließlich Cafeteria und Galerie bildet einen einzigen Brandabschnitt. Der zentrale Treppenraum ist als Atrium ausgebildet und wird von einem Glasoberlicht im 3. Obergeschoss abgeschlossen. Er umfasst sowohl die Besucherlifte als auch die jeweils offenen Foyers in den Obergeschossen. Diese sind mit verglasten Abschlüssen in F 30 von den Korridoren abgetrennt. Die Halle wurde mit großen Rauch- und Wärmeabzugsöffnungen (RWA) versehen.

Das Gebäude wird von einer Brandmeldeanlage (BMA) vollüberwacht. Eine Brandfallsteuerung lenkt Brandschutztore, Schiebeschotts, Lüftungsanlagen, Aufzüge sowie die RWA-Anlage. Dabei sorgt eine sogenannte statische Brandfallsteuerung der Aufzugsanlage dafür, dass die Aufzüge bei einem Brand in die Brandfallhaltestelle im Erdgeschoss fahren und dort mit offenen Türen stehen bleiben. Die RWA-Anlage führt Rauchgase zum Großteil über die Fassadenfläche ab.

Die Fluchtwege führen von vier der Treppenräume direkt ins Freie, von den beiden innen liegenden Treppen gelangt man über Fluchtkorridore zu Notausgängen. Bei einigen Räumen ergeben sich Fluchtweglängen des zweiten Rettungsweges von über 50 Metern. Dies wurde jedoch als Ausnahme zugelassen. Für die besonders schwierige Evakuierung der Patienten wurde ein Notfall- und Evakuierungskonzept erstellt. Alle betroffenen Mitarbeiter werden geschult und nehmen an regelmäßigen Übungen teil. Außerdem wurde ein Sicherheitsbeauftragter für Belange des Brandschutzes bestimmt, der für präventive Brandschutzmaßnahmen verantwortlich ist. -sm

Bautafel

Architekten: Burckhardt, Zürich (Wettbewerb in Zusammenarbeit mit Heinle Wischer Partner, Berlin)
Projektbeteiligte: HRS Real Estate, Frauenfeld/P-4, Zug (Totalunternehmer); Heinz Moser/Markus Fischer, Zürich (Kunst am Bau); Ribi und Blum, Romanshorn (Bauingenieure); ARP André Rotzetter + Partner, Baar (Bauingenieure Parkhaus); Hans Kündig + Partner, Bern (Haustechnik-Koordination/Sanitärplanung); Hefti Hess Martignoni, Aarau (Elektro-/MSRL-Planung); Meierhans & Partner, Schwerzenbach (HLKK-Planung); Hautle Anderegg + Partner, Bern (Brandschutz); Creativ Gastro, Hergiswil (Küchenplanung); Mebatech, Baden (Fassadenplanung); Kopitsis Bauphysik, Wohlen (Bauphysik); Erich Andermatt, Zug (Landschaftsplanung)
Bauherr: Kanton Zug, vertreten durch das Hochbauamt Zug
Fertigstellung: 2008
Standort: Landhausstraße 11, 6340 Baar
Bildnachweis: Burckhardt, Basel; Fotos: Markus Fischer, Uster

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Zeitliche Entwicklung der Schadenshöhe bei einem Brand ohne Brandmeldeanlage und mit Brandmeldeanlage.

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Auszug aus der Brandfallmatrix eines Bürohochhauses (hier 38. OG)

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In den meisten Bundesländern zählen Krankenhäuser und Pflegeheime zu den ungeregelten Sonderbauten (Abb.: Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg).

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