Würth-Haus in Rorschach

Verbundsicherheitsglas mit aluminiumbeschichteter Kunststoffeinlage

Neben ihrer ureigenen Funktion als schützende Hülle dient Architektur seit jeher auch der Selbstinszenierung des Auftraggebers. Der Schraubenhersteller Würth hat wohl ebenfalls darauf gesetzt. Im schweizerischen Städtchen Rorschach ließ er sich ein gläsernes Verwaltungsgebäude von den Züricher Architekten Annette Gigon und Mike Guyer errichten, die sich in einem eingeladenen Wettbewerb gegen ihre Konkurrenten hatten durchsetzen können.

Die gläserne Hülle des Gebäudes ist als Doppelfassade ausgebildet
Das Gebäude liegt auf einem Grundstück unmittelbar am Ufer des Bodensees
Die öffentlich zugänglichen Bereiche sind um einen sternförmigen Lichthof herum angeordnet

Auf einem Grundstück unmittelbar am Ufer des Bodensee schufen sie einen grünlich-kristallinen Baukörper mit einer Gesamtnutzfläche von rund 32.000 Quadratmetern. Er beherbergt Büros, ein Ausbildungs- und Trainingszentrum, einen großen Kongresssaal, ein öffentlich zugängliches Restaurant mit angrenzender Cafeteria sowie auf etwa 600 Quadratmetern Ausstellungsräume für die Kunstsammlung Würth. Hier zeigt das Unternehmen Exponate aus seiner rund 15.000 Werke umfassenden Sammlung. Zum See hin ist das Gebäude sechsgeschossig ausgebildet, auf der gegenüberliegenden Südseite reagiert es mit niedrigeren Bauvolumen auf den vis-à-vis sich befindenden Bahnhof. Dieser hat im Zuge der Baumaßnahmen einen Vorplatz erhalten, der direkt an die Westfassade des 170 Meter langen, 50 Meter breiten und 25 Meter hohen Neubaus angrenzt. Rundum von einer gläsernen Hülle umschlossen, soll der sich den Passanten „als grünlich gläserne Erscheinung zeigen, die zwischen Transparenz und Reflexion changiert“ (Gigon/Guyer).

Der Haupteingang befindet sich in einem zweigeschossigen Vorbau auf der Südseite unter einem weit auskragenden Vordach. Dahinter liegt das zentrale Foyer, von dem aus die verschiedenen Nutzer des Hauses, darunter Besucher, Kursteilnehmer und Mitarbeiter in ihre jeweiligen Bereiche geleitet werden. Die öffentlich zugänglichen Bereiche sind im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss um einen sternförmigen Lichthof herum angeordnet. Eine breite Treppe führt in die erste Etage, wo sich das Museum und das Restaurant mit überdachter Terrasse befinden. Darüber erstrecken sich vom dritten bis zum fünften Obergeschoss die Büros im östlichen Teil des Gebäudes. Im Inneren wirkt alles weit und licht: viel Glas, helle Terrazzo-Böden und mit Eichenfurnier verkleidete Einbauten prägen die Innenräume; Stützen und Möbel in Würth-Rot setzen Akzente.

Glas
Die gläserne Gebäudehülle ist als Doppelfassade ausgebildet. Sie besteht aus einer innen liegenden Isolierverglasung und einer außen liegenden VSG-Verglasung, die Wind-, Schall- und Sonnenschutzfunktionen gleichermaßen erfüllt. Der Zwischenraum ist zu Reinigungszwecken begehbar. Er ist natürlich hinterlüftet und geschossweise mit einem horizontalen Laufsteg (Stahlblech) segmentiert. Vertikale Spalten zwischen den äußeren Glasscheiben und horizontale Schlitze zwischen den äußeren Scheiben und dem horizontalen Stahlblech dienen der Hinterlüftung. Im Zwischenraum der Doppelfassade sind außerdem Stoffrollos für die Verschattung installiert.

Der Aufbau der inneren 3-fach-Isolierverglasung setzt sich von außen nach innen wie folgt zusammen: 8 mm ESG / 6 mm ESG / 6 mm ESG. Alle Gläser wurden einem Heißlagerungstest unterzogen. Der Wärmedurchgangskoeffizient liegt bei Ug = 0,5 W/m²K. Die fest verglasten Fensterelemente sind vierseitig auf den Aluminium-Rahmen der Unterkonstruktion mittels einer statisch tragenden Klebung (Structural-Sealant Glazing) befestigt. Die Flügelrahmen des wärmegedämmten Fenstersystems sind in festen Abständen in die Profile integriert.

Die äußere Haut der Doppelfassade besteht aus Verbundsicherheitsgläsern (VSG) in den vier Elementbreiten 67,5 cm, 110 cm, 135 cm und 160 cm. Die VSG-Elemente bestehen aus 2- oder 3-fach Aufbauten aus teilvorgespanntem Glas (TVG) mit einer SGP-Folie als Zwischenschicht. Im Scheibenzwischenraum ist außerdem ein Kunststoffgewebe mit außenseitiger Aluminiumbeschichtung eingebettet. Diese verleiht der Fassade nicht nur eine feingliedrig, rhythmisierte Erscheinung, sondern schützt das Gebäude auch vor Seewind und Straßenlärm, vor Wärmeeintrag und Auskühlung. Die Halterung der Scheiben übernehmen metallische U-Profile auf horizontalen Stahlblechabschottungen, die in verschiedenen Winkeln zueinander versetzt angeordnet sind.

Bautafel

Architekten: Annette Gigon / Mike Guyer Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: Steindl Glas, Itter (Isolierverglasung); Sefar, Thal (Kunststoffgewebe); Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure, Zürich (Tragwerksplanung); Reba Fassadentechnik, Chur (Fassadentechnik); Kopitsis Bauphysik, Wohlen (Bauphysik); Institut für Tageslichttechnik, Stuttgart (Tageslichttechnik); Licht Zentrale, Nürnberg (Kunstlicht)
Bauherr: Würth International, Chur
Fertigstellung: 2013
Standort: Churerstraße 10, 9400 Rorschach
Bildnachweis: Thies Wachter, Zürich

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