Wohnbau und Kita St. Sebastian in Münster

Lärmschutz durch geschickte Anordnung

Bumerang und Ellipse sind die Formen eines neuen Geschosswohnungsbau bzw. einer Kindertagesstätte auf dem umgewidmeten Grundstück der Sebastiankirche in Münster. Bereits 2009 hatten Bolles und Wilson den Wettbewerb zur Neugestaltung des profanisierten Kirchengeländes gewonnen, dessen erster Bauabschnitt die viel beachtete Umnutzung der Kirche St. Sebastian umfasste. Die Architekten bewahrten mit ihrem Entwurf das 1962 nach Plänen von Heinz Esser errichtete Gebäude vor dem Abriss. Die Ellipse mit Ziegelverblendern und geschwungenem Dach beherbergt seit 2013 eine Kita, auf deren oberster Ebene die Kinder auf einem wettergeschützten Indoor-Spielplatz toben können.

Nach Norden hin orientiert sich der von Bolles+Wilson entworfene Wohnungsbau zu einem kleinen Park; diese Fassade ist mit dunklen Klinkern verblendet
Das Staffelgeschoss ist polychrom in warmen Farbtönen gehalten
Detail Klinkerfassade

Auch der zweite Bauabschnitt ist nun fertiggestellt. Der zweiflügelige Geschosswohnungsbau An der Sebastiankirche beherbergt Mehrgenerationenwohnen und stiehlt dem Mauerwerksbau mit ovaler Grundform nicht die Show. Er schließt das Grundstück im Westen zu einer mehrspurigen Straße ab und bildet im Norden die Grenze zum benachbarten Park mit altem Baumbestand. In dem viergeschossigen Wohngebäude mit Staffelgeschoss sind insgesamt 53 Wohnungen untergebracht; 25 davon zur Miete im straßenseitig orientierten Trakt und 28 Eigentumswohnungen in dem nördlichen Flügel.

Die zum Park ausgerichtete Nordansicht ist die Schokoladenseite, hier ist die Fassade mit dunklen Klinkern verblendet, die von weißen Faschen an den Fenstern unterbrochen werden. Alle übrigen Außenwände sind über die vier unteren Geschosse weiß – und an der Straße mit einigen rosafarbigen Flächen durchsetzt – verputzt. Beide Staffelgeschosse sind polychrom in warmen Gelb-, Orange-, Rot-, Beerentönen gehalten. In der Nordwestecke, an der die beiden Gebäudeflügel zusammentreffen, schwingt das Gebäude in einem Keil zum Park aus. Hier haben die Mieter und Eigentümer die Möglichkeit Fahrradräume zu nutzen. Für Autos steht eine Tiefgarage mit Einfahrt an der Südwestecke zur Verfügung.

Zur Straße hin sind die Öffnungen des in Massivbauweise errichteten Wohnungsbaus eher klein und gering gehalten. Hier sind der Treppenhausturm und die Laubengänge als Erschließung positioniert. Im Inneren platzierten die Planer an dieser Seite die Nebenräume wie Bad und Küche an; die Wohnräume liegen zur begrünten Hofseite. Die geschickt geplante Anordnung schirmt die Aufenthaltsräume vor dem Umgebungslärm ab. Zum Hof, also nach Süden und Osten, öffnet sich die Fassade mit größeren Fenstern und einem Balkon zu jeder Wohnung. Sichtschutz bietende Platten vor den Balkongittern nehmen die Farbigkeit der Staffelgeschosse auf.

Der mehrgeschossige Wohnbau fungiert als Schallschutzriegel vor der Kindertagesstätte und dämpft die Verkehrsgeräusche der Hammer Straße. Er ist nach DIN 4109 Schallschutz im Hochbau ausgeführt. Zum Schallschutz der Kita sind die Innenseiten der Kirchenwände, die aus verputzten Kalksandstein-Planblöcken bestehen, auf rund 140 Quadratmetern mit Akustikpaneelen bedeckt. Ein Teil der 30 x 60 Zentimeter großen Sauerkrautplatten ist so an der Wand montiert, dass sie die gepixelten Umrisse eines Elefanten, einer Schlange und eines Krokodils ergeben. Eine der zahlreichen quadratischen Fensteröffnungen ist akzentuiert als Auge der Schlange integriert.

Einen ausführlichen Objektbericht zur Umnutzung der Kirche finden Sie im Baunetz Wissen Mauerwerk. -jb

Bautafel

Architekten: Bolles+Wilson, Münster
Projektbeteiligte: Klaus Kuchenbuch (Bauleitung Bolles+Wilson); ahw Ingenieure, Münster Tragswerksplanung/Bauphysik); Ingenieurbüro Nordhorn, Münster (Haustechnik); W+W Sachverständige und Ingenieure, Everswinkel (Brandschutz); Heck Wall Systems, Marktredwitz (Dämmsystem)
Bauherr: Wohn und Stadtbau, Münster
Fertigstellung: 2016
Standort: Hammer Str. 131-135, Münster
Bildnachweis: Roman Mensing, Münster; Christian Richters, Berlin; Peter Wilson, Münster

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