WIPO-Konferenzsaal in Genf

Holzbau als eigener Brandabschnitt mit flächendeckender Sprinkleranlage

Als Teil des UNO-Quartiers am Place de Nations in Genf entstand nach den Plänen von Behnisch Architekten aus Stuttgart ein neuer Konferenzsaal für die WIPO (World Intellectual Property Organisation, zu deutsch: Weltorganisation für geistiges Eigentum). Er dient als Bindeglied zwischen dem Hauptgebäude, einem Hochhaus aus den 1970er-Jahren und einem Verwaltungsbau der Organisation, der bereits 2011 nach einem Behnisch-Entwurf fertiggestellt wurde.

Ansicht Nord: Weitgehend geschlossen ausgebildet, fällt der Neubau insbesondere aufgrund seiner durchgehenden Hülle aus Holzschindeln auf, die größte Verglasung eröffnet Ausblick auf das Mont-Blanc-Massiv
Ansicht Südwest, im Hintergrund das Hauptgebäude aus den 1970er-Jahren
Ansicht Süd mit dem benachbarten Verwaltungsbau aus dem Jahr 2011, ebenfalls von Behnisch Architekten

Während sich das Hochhaus als geschwungene Scheibe über ausladendem Sockel darstellt, deren konkave Krümmung in südöstliche Richtung weist, verläuft das Verwaltungsgebäude als sechsgeschossiger Riegel parallel zur nördlichen Route de Ferney. Der Konferenzsaal ist maximal dreigeschossig und sitzt gelenkartig dazwischen; seine mehreckige, skulptural-geschwungene Form stellt verschiedene Bezüge her. Weitgehend geschlossen ausgebildet, fällt der Neubau insbesondere aufgrund der durchgehenden Hülle aus Holzschindeln auf, lediglich nach Norden und Süden öffnet sich das Gebäude mit Verglasungen, die Ausblicke auf die Stadt und das Mont-Blanc-Massiv ermöglichen.

Der Konferenzsaal lässt im Grundriss an die abstrahierte Form eines Schmetterlingflügels denken, die große Öffnung an seiner Schmalseite (mit Bühne) weist nach Norden. Wie das Hauptgebäude erhebt er sich oberhalb eines weitläufigen Sockels. Dieses Erdgeschoss bildeten die Architekten als eine Art Landschaft unterschiedlicher Ebenen aus, die durch Rampen und Treppen verbunden sind. An der Ostseite und im Südwesten liegen mehrere Eingänge, südlich schließt ein weiträumiges Foyer an das des Haupthauses an.

Auch innen ist der Saal vollständig mit Holz bekleidet, 900 gleichwertige Deligiertenplätze richten sich zur Bühne aus. Über die Verglasung oberhalb der Bühne erhält diese einen besonderen Akzent und reichlich Tageslicht; Verdunkelungsanlagen ermöglichen die Anpassung des Lichteinfalls an die jeweiligen Anforderungen. Weitere große Fenster öffnen sich nach Südwesten zum Hof sowie zum Place de Nations im Südosten.

Mit der kleinteiligen Fassade aus Lärchenschindeln und einer Dachdeckung aus bronzefarben eloxiertem Aluminium bildet der Versammlungssaal einen deutlichen Kontrapunkt zu den überwiegend durch Glas, Stahl und Beton geprägten Nachbarbauten. Seine Hülle korrespondiert jedoch mit den Bäumen der umliegenden Parks. Die Wände sind aus beidseitig beplankten Fachwerken konstruiert, Boden und Dach aus bis zu 30 Meter langen Hohlkastenträgern, deren Hohlräume für Installationen genutzt werden.

Brandschutz
Sicherheitsfragen spielen bei einem solchen Gebäude mit Platz für bis zu 900 Konferenzteilnehmer eine große Rolle. Demnach gliedert sich der Neubau in zwei Teile: zum einen die hölzerne Struktur mit dem Sitzungssaal, zum anderen die Basis aus Stahlbeton. Die gesamte Holzkonstruktion entspricht der Feuerwiderstandsklasse REI 30, ist also mindestens 30 Minuten lang feuerbeständig. Der Konferenzraum (einschließlich der Kabinen für die Dolmetscher und eines Ruhebereiches für Delegierte) bildet einen eigenen Brandabschnitt mit separaten Rettungswegen und ist damit vom Foyer abgeschottet und brandschutztechnisch autonom.

Der Konferenzraum ist mit einer mechanischen Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) ausgestattet, während der Rauchabzug im Foyer auf natürlichem Wege erfolgt. Das gesamte Gebäude ist mit einer Brandmeldeanlage (Vollschutz gemäß Schweizer Richtlinien SES) ausgestattet. Angesichts der beträchtlichen Ausdehnung der Innenräume wurde außerdem eine flächendeckende automatische Sprinkleranlage eingebaut, die mögliche Brände bereits kurz nach dem Entstehen löscht. us

Bautafel

Architekt: Behnisch Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte:
Schlaich, Bergermann und Partner, Stuttgart mit T-ingénierie und Erricos Lygdopoulos, Genf (Tragwerksplanung, Konzeption Holzkonstruktion); Transsolar Energietechnik, Stuttgart mit Riedweg & Gendre, Genf (Haustechnikplanung); Swissi, Zürich (Brandschutzplanung)
Bauherr:
World Intellectual Property Organization (WIPO), Genf
Fertigstellung:
2014
Standort:
34, Chemin des Colombettes, 1211 Genf, Schweiz
Bildnachweis: David Matthiessen und Behnisch Architekten, Stuttgart

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