Universitätsgebäude für Maschinenbau in Lausanne

Neue Fassade aus beweglichen Metallgitterrahmen

Der Campus der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne ist eine typische Überzeugungstat der 1970er Jahre: enorm groß, außerhalb der Stadt in Ecublens am Genfer See gelegen, mit eigenen Erschließungsstraßen für Autos und Fußgänger auf unterschiedlichen Niveaus und baulich von durch ein Achsenkreuz organisierten Großformen geprägt. An der technisch-naturwissenschaftlichen Universität sind heute rund 9.000 Studierende eingeschrieben und ihr Expansionsdrang ist ungebrochen. In den letzten Jahren entstanden hier unter dem Namen Rolex Learning Center eine multifunktionale Bibliothek von den japanischen Architekten Sanaa, das Quartier Nord mit Swiss Tech Convention Center von Richter Dahl Rocha und von Dominique Perrault ein bunt gestreifter Umbau der alten Zentralbibliothek zum neuen Personalhaus. Ebenfalls nach Plänen von Perrault wurde 2016 mit der Maschinenbau-Fakultät ein zweiter Umbau auf dem Campus fertig gestellt.

Bewegliche Metallgitterelemente prägen das Fassadenbild und dienen dem Sonnenschutz
   Die Maschinenbau-Fakultät ist eins von drei Projekten Perraults auf dem Campus der EPFL
In einer vermeintlich in der Bewegung erstarrten offenen Formation markiert die Hülle als Vordach den Haupteingang

Die strukturelle Logik des Vorgängerbaus von Jakob Zweifel und Heinrich Strickler aus den 1970er Jahren mit Seminarräumen, Werkstätten, Labors und Büros wurde im Großen und Ganzen beibehalten. Das viergeschossige Gebäude hat zwei autonom funktionierende Trakte mit kleinen Büros außen und großflächigen Dunkelbereichen im Inneren.

Vollkommen neu und andersartig ist das zwischen ihnen implantierte große Atrium, in dem das Hinauf-, Hinab- und Entlanggehen nicht mehr nur wie bisher eine nüchterne Notwendigkeit in langen Fluren, Treppenhäusern und Fahrstühlen ist, sondern ein räumliches und kommunikatives Ereignis. Betont wird die neue Schnittstelle mit ihren diagonal verlaufenden Treppen durch Schwarz/Weiß- und Matt/Glänzend-Kontraste in hellem Sichtbeton und Metall, in Estrich und PVC, durch opake und klare Verglasungen und eine bislang nicht da gewesene natürliche Belichtung des tiefen Baukörpers.

Fassade

Wo das Gebäude im Norden an den Bestand anschließt, wurde die Fassade der Entstehungszeit fortgeschrieben, an der West-, Ost- und Südseite hingegen erfuhr die Gebäudehülle eine vollständige Neugestaltung. Die äußere Fassadenebene bilden bewegliche, aus drei Elementen zusammengesetzte  Metallpaneele, die in leichter Schrägstellung von fünf Grad angeordnet sind. Geschossweise versetzt wechselt die Richtung der Schräge von Paneel zu Paneel, sodass es zu dem optischen Effekt eines umlaufenden Webmusters oder – um in der Bildsprache des Maschinenbaus zu bleiben – von Scharnieren kommt.  In der Längsachse des zentralen Atriums gerät das Muster aus den Fugen und bildet eine vermeintlich in der Bewegung erstarrte offene Formation, die als Vordach den Haupteingang des Gebäudes markiert.

Die vorgefertigten Fassadenmodule sind zweischichtig aufgebaut aus einer inneren Verglasungsebene, die auch der Wärmedämmung und dem Schallschutz dient, und der äußeren Verkleidung mit den Metallrahmen, die vorwiegend als Sonnenschutz fungiert. Die mit einem Metallgitter ausgefüllten Rahmenelemente werden von Dominique Perrault seit dem Bau der von ihm entworfenen Bibliothèque nationale de France in Paris verwendet. Die vertikale Gliederung in drei Teile, zwei bewegliche und ein statisches, erlaubt deren Ineinanderschieben. Je nach Sonneneinstrahlung können die beiden beweglichen Module vor den Glasscheiben verbleiben oder vor den festen Rahmen geschoben werden. Dies kann manuell passieren oder durch ein integriertes System, das den Sonneneintrag optimal steuert. Unnötig zu sagen, dass das verwendete graue Metall und die automatisierten Komponenten auf den Zweck des Gebäudes und die wissenschaftlichen Experimente im Maschinenbau verweisen sollen.

Bautafel

Architekten: Dominique Perrault Architecte, Paris
Projektbeteiligte: Gaëlle Lauriot-Prévost (Kunst und Design); Architram, Renens (Kontaktarchitekt); Preface, Schweiz (Fassadenplanung); Betica, Sitten (Mechanik und Elektrik); Daniel Willi, Montreux (Ingenieur); DSilence, Lausanne (Akustik)
Bauherr: Schweizerische Eidgenossenschaft vertreten durch den Rat der polytechnischen Hochschulen, Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne 
Fertigstellung: 2016
Standort: Campus Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, Schweiz
Bildnachweis: Vincent Fillon / Dominique Perrault Architecture / Adagp, Paris

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Bautechnik

Gebäudeautomation und Gebäudehülle

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Materialien

Metalle

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Fassadenarten

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF)

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