Umbau eines Wohnhauses in London

Verwitterte Klinker imitieren

Der Londoner Stadtteil Hackney galt lange Zeit als Armenviertel. Heute jedoch zählt er als Geheimtipp unter den Touristen: Ein quirliges, buntes Stadtviertel voller junger Menschen, Künstler und abwechslungsreicher, gastronomischer Angebote. Während die kleinen Klinker-Häuschen um den Regent’s Canal vor zwanzig Jahren noch als unverkäuflich eingestuft wurden, sind die Immobilienpreise seitdem in die Höhe geschossen. In der denkmalgeschützten Zone um den Kanal liegt auch das hier vorgestellte, nach Plänen von Erbar Mattes umgebaute Objekt Blockmakers Arms.

Im Rahmen der Verbindung der Wohnungen von Erd- und erstem Obergeschoss zu einer Maisonette verlegten Erbar Mattes die Außentreppe von der rückwärtigen West- an die Nordseite und setzten an ihre Stelle einen Laubengang.
Der rückwärtige, bestehende Anbau wurde in seiner Originalform beibehalten, erhielt jedoch ein neues Vormauerwerk und ein begrüntes Dach.
Zwischen den Mauerwerkspfeilern dieses Erschließungsweges entsteht ein geschützter Ort.

Das Gebäude bildet das Ende einer Reihe von dreigeschossigen Stadthäusern und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts für eine Brauerei errichtet, wovon noch heute ein Schriftzug an der verputzten Straßenfassade kündet. Bis in die 1960er-Jahre beherbergte es einen Pub, in der Folge wurde es als Wohnhaus mit drei Wohneinheiten genutzt, die durch eine außenliegende Treppenanlage erschlossen wurden. Mit dem jüngsten Umbau verschmolz die Parterrewohnung nun mit der Wohnung des ersten Geschosses zu einer Fünf-Zimmer-Maisonette. Den Auftrag erhielt das Büro Erbar Mattes von der Eigentümerfamilie der Erdgeschosswohnung, die auch die Wohnung darüber erwarb, als sich Familienzuwachs ankündigte. Die Wohneinheit im zweiten Geschoss blieb hingegen unabhängig und behielt ihren eigenen Zugang.

Raumprogramm nach bestehenden Qualitäten

Dafür verlegten die Architekturschaffenden die Außentreppe von der rückwärtigen West- an die Nordseite und setzten an ihre Stelle einen Laubengang, der im ersten Obergeschoss eine schmale Terrasse ausbildet und zugleich eine neue visuelle und räumliche Verbindung zum von Mauern umschlossenen Innenhof mit altem Baumbestand herstellt. Zwischen den Mauerwerkspfeilern dieses Erschließungsweges entsteht ein geschützter Ort.

Darüber hinaus führten die Architekturschaffenden lediglich behutsame Eingriffe im Bestand aus und hoben die historischen Elemente wieder hervor. Das Raumprogramm passten sie an die Qualitäten der bestehenden Räume an. So wurde der hohe Veranstaltungsraum des ehemaligen Pubs mit Kamin und Holzvertäfelung zum Schlafzimmer mit direktem Zugang auf die vordere Dachterrasse. Die ursprüngliche Küche verwandelte Erbar Mattes in ein Badezimmer, in den Flur integrierten sie einen Arbeitsbereich und für freie Nischen entwarfen sie Einbaumöbel. Um die ursprüngliche Raumhöhe sichtbar zu machen, wurden die abgehängten Gipskartondecken entfernt.

Insgesamt strebten die Architekturschaffenden ein zeitloses Ambiente an, wobei Bronzeelemente und Eichenparkett die ansonsten simple, funktionale Ästhetik mit Raffinesse aufpeppen. Die historischen Holzvertäfelungen sind in Weiß gehalten und bilden eine ruhige und zeitlose Umgebung. Die Badezimmer wurden mit einem polierten wasserdichten Putz versehen, der eine nahtlose Oberfläche ausbildet. Im Zuge des Umbaus wurde auch die Energieeffizienz des Gebäudes erhöht. Die Wärmedämmung wurde verbessert und die Fenster erhielten beschichtete Doppelgläser aus zum Teil recycelten Komponenten.

Zuschlagsstoffe und Pigmente für einen monolithischen Ausdruck

Der rückwärtige, bestehende Anbau wurde in seiner Originalform beibehalten, erhielt jedoch ein neues Vormauerwerk und ein begrüntes Dach. Neuer und alten Anbau schmiegen sich nun zu drei Seiten um das historische Gebäude. Um historische Kontinuität zu kreieren, wählten die Architekten für das Verblendmauerwerk beider Anbauten handgefertigte, graubraune Klinker. Mit Hilfe von ausgewählten Zuschlagsstoffen konnten sie das verwitterte Mauerwerk des Bestands aus dem 19. Jahrhunderts imitieren, wodurch sich die neuen Mauerwerksfassaden unauffällig in den Bestand integrieren und der Fokus auf der repräsentativ gestalteten Straßenansicht erhalten bleibt.

Die Mauersteine haben die Maße 215 x 102 x 65 mm und wurden im Läuferverband vermauert. Zwischen den Mauerwerkspfeilern des Laubenganges bilden sie eine Grenadierschicht aus. Pigmentierte bündig ausgeführte Fugen unterstreichen den monolithischen Ausdruck der Bauteile. Aus dem gleichen Grund bestehen auch die Fensterbänke, Schlusssteine und die außenliegende Treppe aus pigmentiertem Beton. Die lebendig wirkenden Mauerwerksfassaden machen den Hof zu einem lauschigen Plätzchen, der trotz der massiven Umschließung nicht beengt wirkt. -sh

Bautafel

Architektur: Erbar Mattes, London
Projektbeteiligte: Morph Structures, London (Bauingenieur); Brendan Hennessy, London (Bauberatung)
Bauherr/in: Privat
Fertigstellung: 2021
Standort: 133 Shepherdess Walk, N1 7QA London
Bildnachweis: Erbar Mattes, London / Simon Menges, Berlin / Ståle Eriksen, London

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