Tropenhalle Balinesischer Garten in Berlin

In Stahlträgern zirkulierendes warmes Wasser sorgt für optimales Klima

Mit der Präsentation von typischen Gartenanlagen unterschiedlicher Regionen und Epochen zieht der Park Gärten der Welt in Berlin jedes Jahr bis zu 800.000 Besucher an. Ausgehend vom Chinesischen Garten, der im Jahr 2000 eröffnet wurde, hat sich die Zahl der Themengärten in Lauf der Jahre auf zehn erhöht. 2003 kam im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlin-Jakarta der Balinesische Garten hinzu. Die Tropenhalle des Balinesischen Gartens beherbergt eine Wohnanlage, wie sie im südlichen Bali zu finden ist, sowie Reisterrassen, die in die Anmutung eines tropischen Feuchtewalds übergehen. Harmonie spielt in der balinesischen Kultur eine wichtige Rolle. Als „Garten der drei Harmonien“ soll die Anlage das Streben der Balinesen nach Einklang mit sich selbst, mit ihrer Umwelt und mit dem Universum verdeutlichen.

Das im Isolierglas verbaute Verbundsicherheitsglas bietet eine hohe allgemeine Lichttransmission von 84 % und lässt die für die Pflanzen wichtige UV-Strahlung durch
Die 50 Meter lange und 40 Meter breite Glas-Stahl-Konstruktion kommt mit nur einer Reihe Mittelstützen in der 20 Meter Achse aus
In den tragenden Stahlprofilen des Tropenhauses zirkuliert 40 °C warmes Wasser. Die Fassadenheizung strahlt Wärme ins Gewächshausinnere ab und verhindert zudem die Kondenswasserbildung

In den letzten Jahren war die Harmonie im Balinesischen Garten jedoch zunehmend gestört. In dem räumlich beengten, noch aus den 1990er Jahren stammenden Gewächshaus, konnten sich die Pflanzen nicht mehr richtig entfalten. Durch die vergilbten Gewächshausscheiben drang zu wenig Licht. Die Gebäudetechnik war veraltet, was zu starken Temperaturschwankungen, schädlicher Kondenswasserbildung und einem enormen Energieverbrauch des auf 28 Grad temperierten Glashauses führte. Die Planungen für die Weiterentwicklung der Gärten der Welt in Verbindung mit der IGA Berlin 2017 boten dann den Anlass, die notwendige Neukonzeption des Balinesischen Gartens in Angriff zu nehmen.

Nach den Plänen von Haas Architekten aus Berlin entstand eine neue Tropenhalle als fünfzig Meter lange und vierzig Meter breite Glas-Stahl-Konstruktion mit nur einer Reihe Mittelstützen in der Zwanzig-Meter-Achse. Durch seine Fläche von 1.800 Quadratmetern ist das neue Domizil fast viermal so groß, wie das bisherige Tropenhaus. Um der wertvollen Pflanzensammlung den Umzug in ein Provisorium zu ersparen und zusätzliche Kosten zu vermeiden, wurde das alte Glashaus mit der Konstruktion des neuen Tropenhauses zunächst überbaut und dann schrittweise demontiert.

Funktionell und konstruktiv teilt sich die Halle in ein Warm- und ein Kalthaus. Während das Warmhaus mit einer mittleren Höhe von 15 Metern den eigentlichen Balinesischen Garten mit Dorf und Tropenpflanzen aufnimmt, dient das vorgelagerte Kalthaus als Informationsbereich für Besucher, Multifunktionsraum und Wirtschaftsbereich. Teil des Kalthauses ist ein Stahlbetonkern mit Sanitärräumen und Lager im Erdgeschoss sowie einer Technikfläche im Obergeschoss. Im Stehwandbereich besitzt die neue Konstruktion eine Weißglas-Isolierverglasung. Auch im Überkopfbereich ist eine Weißglas-Isolierverglasung angebracht, jedoch in Kombination mit Verbundsicherheitsglas, das eine hochtransparente Folie als Zwischenlage besitzt. Die neue Verglasung ermöglicht eine hohe allgemeine Lichttransmission von 84 Prozent und lässt auch die für die Pflanzen überlebenswichtige UV-Strahlung durch.

Gebäudetechnik

Für die Beheizung der Tropenhalle kam eine innovative Lösung zum Einsatz, die Haas Architekten entwickelten: In den tragenden Stahlprofilen der Konstruktion zirkuliert vierzig Grad warmes Wasser. Erwärmt wird es von einem Gasbrennwertgerät. Differenzdruckgeregelte Hocheffizienzpumpen, die besonders energiesparend sind, drosseln und steigern den Volumenstrom je nach Bedarf. Die Fassadenheizung strahlt nicht nur Wärme ins Gewächshausinnere ab, sondern verhindert selbst bei niedrigen Außentemperaturen die Bildung von Kondenswasser auf der Glasinnenseite. Eine Pulverbeschichtung sorgt dafür, dass der wasserbefüllte Stahl nicht korrodiert. Durch das ausgeklügelte System sank der Heizenergiebedarf um 92 Prozent von jährlich rund 1.000 kW/m2 auf 80 kW/m2.

Der Luftwechsel des Gewächshauses und des Informationsbereichs erfolgt als natürliche Lüftung ohne Ventilatoren. Die Zuluft strömt über Fensterklappen nach, die sich motorisch öffnen und schließen lassen. Die innenliegenden Räume werden über eine Abluftanlage mit Frischluft versorgt. Sensoren, die im Tropenhaus auf unterschiedlichen Raumhöhen angebracht sind, senden ihre Messwerte an einen Gewächshauscomputer. Er steuert die Lüftung, Beleuchtung, Temperatur und die Befeuchtung der Pflanzen.

Bautafel

Architekten: Haas Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Prof. Dr.-Ing. Hilbers Ingenieurgesellschaft, Berlin (Statik), CSZ Ingenieurconsult, Berlin (TGA Planung), Breimann und Bruun, Berlin (Garten- und Landschaftsarchitektur), GTW Gewächshaustechnik Werder, Glindow (Konstruktion), Schollglas, Glachau (Lieferant Glas)
Bauherr: Grün Berlin, Berlin
Fertigstellung: 2017
Standort: Eisenacher Straße 99, 12685 Berlin
Bildnachweis: Schollglas, Glauchau / Ali Moshiri, Zierenberg und Haas Architekten BDA, Berlin

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