Trollstigen National Tourist Route in Romsdalen

Tourismuszentrum und Troll-Leiter in atemberaubener Naturkulisse

Norwegen, das Land der Fjorde und Trolle, ist berühmt und beliebt wegen seiner spektakulären und atemberaubenden Landschaften. Unweit des beeindruckenden Geiranger Fjords, der seit 2005 zum UNESCO-Naturerbe gehört, und dem 180 Meter hohen Wasserfall Sigfossen befindet sich eine der bekanntesten Touristenattraktionen im Westen Norwegens: der Trollstigen („Troll-Leiter“). Majestätisch bewacht von drei schneebedeckten Bergspitzen, dem Bispen („Bischof“), dem Kongen („König“) und der Dronninga („Königin“), schlängelt sich der Trollstigen in elf engen Haarnadelkurven insgesamt 852 Meter einen schmalen, zum Teil direkt in den Fels gehauenen Pass hinauf.

Dank der Materialwahl fügt sich das Gebäudeensemble in die Landschaft ein
Mit kantigen Betonfaltungen stellen die Gebäude den Bezug zu den rauen Felsen her
Harte Winter bringen enorme Schneelasten für die Gebäude mit sich

Um der touristischen Bedeutung dieser Passstraße gerecht zu werden, entschloss sich das Norwegische Verkehrsministerium, jede einzelne von achtzehn an dieser Route gelegenen Ortschaften durch ein norwegisches Architekturbüro betreuen zu lassen, um für jeden Punkt ein architektonisches Projekt zu entwickeln. Reiulf Ramstad Architekten aus Oslo wurden mit der Ortschaft Geiranger Fjord betraut. Neben klar definierten gestalterischen Anforderungen – die spektakulären Natureindrücke sollten weiterhin eindeutig im Vordergrund stehen – gab es alleine aufgrund des Standorts enorme logistische und organisatorische Herausforderungen. Nur im Sommer erreichbar, mussten alle Baumaschinen und das gesamte Baumaterial per Hubschrauber auf den Pass transportiert werden. Im Winter ist der Trollstigen aufgrund der extremen Witterung nicht befahrbar.

Mit den Gegebenheiten des Trollstigen fanden die Architekten ihr Thema für den gestalterischen Ansatz des Projekts: Analog zu der in den Fels gehauenen Route wurden zahlreiche Wege und Pfade zu Stationen mit atemberaubenden Aussichten in den Stein geschlagen. Kantige Felsen, rauer Bewuchs, Wasser und Schnee gaben mit Farbe und Struktur die Wahl der Baumaterialien vor: Beton, Cortenstahl und Glas fügen sich dezent in die Atmosphäre der landschaftlichen Gegebenheiten ein. Betonwege und Brüstungen aus Stahlplatten mit rostfarbener Patina schlängeln sich durch die Landschaft und enden als Aussichtsplattformen, gerahmt von gläsernen Brüstungen.

Nach insgesamt siebenjähriger Bauzeit schufen die Architekten auf einer Fläche von knapp 600.000 m² ein Ensemble aus Parkplätzen, Wegen und Aussichtspunkten, eine Tourismuszentrale und ein Restaurant mit entsprechender Infrastruktur. Auch bei der Gebäudegestaltung gab die Natur die Rahmenbedingungen vor: Harte Winter mit extremen Schneehöhen erforderten eine massive Tragkonstruktion. Die Planer entschieden sich für Sichtbeton, dessen Grau sich subtil in die Farbtöne des umgebenden Felsgesteins einfügt und mit scharfkantigen Faltungen dessen Formensprache aufnimmt.

Auch im Inneren der Tourismuszentrale mit Restaurant, Café, Kiosk und Nebenräumen wie Küche, Lager und Sanitäranlagen dominieren wenige, dezente Materialien: Sichtbeton, großzügige Glasfassaden und graue Steinböden. Der zentrale offene Kamin ist mit Cortenstahl verkleidet und nimmt so die Materialität der Geländer entlang der Wanderpfade auf.

In einer derart sensiblen Landschaft galt dem schonenden Umgang mit Ressourcen besonderes Augenmerk: Aufgrund der extremen Witterungsverhältnisse kamen ausschließlich besonders dauerhafte und wartungsarme Materialien zum Einsatz. Grauwasser wird in einem Kreislauf aus mehreren Sandfiltern wieder verwertet, der Wasserbedarf der Sanitäreinrichtungen durch den Einsatz von Vakuumanlagen minimiert. Ein Miniatur-Kraftwerk sorgt für Unabhängigkeit bei der Energieversorgung.

Flachdach
Die von unterschiedlichen Dachflächen geprägte Tourismuszentrale steht auf einer massiven, 300 mm starke Platte aus Ortbeton. Sie bildet die Grundlage für das stellenweise bis zum Erdboden abgesenkte Gründach. Auf einer Ausgleichsschicht dient eine Kunststoffbahn als Dampfsperre und erste Abdichtungsebene, gefolgt von einer 15 mm starken, druckfesten Steinwolle-Dämmplatte. Auf dieser ist eine weitere Kunststoffbahn als Abdichtungsebene aufgebracht.

Ein Geotextil, 150 mm Substratschicht und eine extensive Begrünung mit lokalen Gräsern und Pflanzen bilden den Gründachaufbau. Nicht begrünte Dachflächen und die Innenseite der Attiken sind mit Cortenstahl belegt bzw. eingefasst.

Bautafel

Architekt: Reiulf Ramstad Architects, Oslo
Projektbeteiligte: Kristoffer Apeland, Oslo (Tragwerksplanung); Erichsen & Horgen Engineering, Oslo (Haustechnik); Norconsult, Sandvika (Elektroplanung); Christie & Opsahl, Ålesund (Generalunternehmer); Reiulf Ramstad Architects, Oslo (Landschaftsplanung)
Bauherr: Norwegian public roads administration
Standort: Romsdalen – Geiranger Fjord, Norwegen
Fertigstellung: 2012
Bildnachweis: Diephotodesigner.de; Reiulf Ramstad Architects und Jiri Havran, Oslo

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