Tiunda-Schule in Uppsala
Verblendmauerwerk mit Farbverlauf
Wie ihre Version einer Lernstätte der Zukunft aussieht,
demonstrieren C.F. Møller Architects mit dem Entwurf für die
Tiunda-Schule im schwedischen Uppsala, die 2018
fertiggestellt wurde. Die Schule liegt am westlichen Rand der
Universitätsstadt und beherbergt 900 Grundschüler bis zur neunten
Klasse sowie 144 Vorschulkinder. Die Planungen entstanden zusammen
mit der Schulbauexpertin Anna Törnqvist.
Der Neubau im Nordwesten- und -osten des Grundstücks ersetzt die
ehemaligen Schulgebäude – zwei langgestreckte Flachbauten, die den
Anforderungen des Unterrichtsbetriebs nicht mehr gerecht wurden –
und schirmt wie diese den Schulhof zu den anliegenden Straßen hin
ab. Im Unterschied zu den früheren Gebäuden handelt es sich um
einen siebenteiligen Komplex aus zwei- bis viergeschossigen
Volumina auf rechteckigen und quaderförmigen Grundrissen, die mal
zur Straße vorrücken, mal zurückweichen. Während auf diese Weise
eine Gliederung des Bauvolumens erreicht wird, hebt sich der neue
Schulbau dadurch zugleich von den Wohnriegeln ab, die die
unmittelbare Nachbarschaft bestimmen. Im Süden des Grundstücks
wurde die Sporthalle als Solitär errichtet.
Strenge und Ironie
Den unterschiedlichen Fluchten und Höhen der Volumina wirkt die
regelmäßige Reihung der quadratischen Fenster entgegen, die die
Geschosse von außen leicht ablesbar machen und durch Betonung der
Horizontalen sehr statisch wirken. Mehrere Sport- und Spielbereiche
sowie terrassierte Grünflächen strukturieren den großen Schulhof.
Sechzehn bonbonrosafarbene, aus Ton gefertigte Säulen des Künstlers
Anton Alvarez, die mittels einer von ihm eigens entwickelten
Tonpresse hergestellt wurden, markieren die Eingänge in das
Schulgebäude. Während ihre Kannelierung zunächst an klassische
Vorbilder denken lässt, muten die auf den zweiten Blick leicht
deformierten Schäfte und die übergroßen trichterförmigen
„Kapitelle“, welche zusammen ein Vordach ausbilden, wie ein
ironischer Kommentar an.
Dass die Architekten den Schulbau als eigene kleine Stadt
verstehen, zeigt sich im Erdgeschoss, das als Verteilerebene
fungiert und eine als Tribüne ausgeführte Treppe, eine Cafeteria,
Lernräume und einen Hort beherbergt. Hier tut sich eine Art
zentraler Platz als Kommunikationsort auf. Gruppeninseln und
Rückzugsnischen vervollständigen das Angebot für die Kinder
außerhalb der Klassenzimmer.
Während im Außenraum das Rechteck als geometrische Figur
vorherrscht, stößt man im Inneren vermehrt auf das Achteck. Dabei
findet das Oktogon nicht nur in der Aula und den Grundrissen des
Vorschulbereichs Anwendung, sondern bestimmt auch Details wie die
Schallschutzelemente und die Deckenleuchten. Im Parterre prägen
viel Weiß und helles Holz für die Tribüne und als Bodenbelag die
Atmosphäre. In anderen Bereichen finden sich auch kräftigere und
dunkle Farben in den dort verlegten Linoleumböden und in Details
wie den Sitzkissen.
Ziegelkleid mit Farbverlauf
Möglicherweise auch als Referenz an die Historie des
Grundstücks, auf dem vormals eine Ziegelei stand, erhielt die
Konstruktion aus Fertigbetonelementen ein Verblendmauerwerk. Nicht nur die Verlegung der
Ziegel im
Wilden Verband konterkariert die Strenge der uniformen,
quadratischen Öffnungen; der klaren Geometrie steht auch der
Verlauf von weißen Mauersteinen in der Sockelzone zu rotbraunen in
den darüberliegenden Bereichen entgegen. Dabei lösen sich die
weißen Flächen nach oben hin quasi zunehmend auf, indem sie von
immer mehr dunklen Steinen durchsetzt werden.
Um die Kosten nicht aus dem Blick zu verlieren, wurde das
Verhältnis beider Farbvarianten zunächst mittels eines Algorithmus'
bestimmt. Auf dieser Grundlage unternahmen die Maurer schließlich
verschiedene Versuche zur Gestaltung der ersten Fassade, bis die
Projektbeteiligten zugunsten des ausgeführten Musters entschieden.
Somit resultiert das Erscheinungsbild des Verblendmauerwerks aus
dem Zusammenspiel von computergestützter Berechnung, handwerklicher
Intuition und Beurteilung durch die Verantwortlichen.
Indessen verweist auch die Kunst am Bau verschiedentlich auf den vormaligen Ziegeleistandort. Neben den Säulen von Anton Alvarez fallen im Gebäudeinnern vor allem die großformatigen, aus Ziegeln erstellten Wandreliefs der 2008 verstorbenen Keramikerin Ingrid Atterberg auf, die bereits die Vorgängerbauten schmückten. Weitere beteiligte Künstler waren Erika Lövqvist und Jenny Nolstam. So findet die Geschichte des Ortes auf verschiedenen, spielerischen Ebenen Eingang in den Neubau. -ar
Bautafel
Architekt: C.F. Møller Architects, Aarhus u.a.
Projektbeteiligte: ByggDialog, Karlstad/Stockholm/Göteborg (Bauunternehmen); Anna Törnqvist, Göteborg/Baskemölla (Beraterin Schulbau); Anton Alvarez, Ingrid Atterberg, Erika Lövqvist, Jenny Nolstam (Kunst am Bau)
Bauherr: Gemeinde Uppsala
Fertigstellung: 2018
Standort: Sibyllegatan 10-12, 75230 Uppsala, Schweden
Bildnachweis: Mark Hadden, London/Amsterdam; Nikolaj Jakobsen
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