Technische Nationalbibliothek in Prag

Differenzierte Brandschutztechnik und Löschsystem mit Wassernebel

Im nordwestlichen Stadtgebiet von Prag steht, umringt von mehreren Fakultätsbauten der Technischen Universität, ein gigantischer, schwungvoller Solitär mit einer mehrschichtigen, transluzenten Glasfassade: der Neubau der Technischen Staatsbibliothek. Weiße Linien und Maßangaben in großen Ziffern zieren die Gebäudehülle und machen Höhe und Umfang des Baukörpers auch von Ferne ablesbar. Diese numerischen Bezeichnungen setzen sich im Innern fort – beispielsweise mit Angaben zur Dauer des Treppenaufstiegs oder den währenddessen verbrauchten Kalorien. Das riesige Medienhaus soll an eine dreidimensionale, technische Zeichnung erinnern, geplant haben es die ortsansässigen Projektil Architekten.

Ein rechteckiges Atrium gliedert das weitläufige Gebäude und führt viel Tageslicht bis ins erste Obergeschoss
Die Böden sind mit Kautschukintarsien in den Farben des Regenbogens gestaltet
Sämtliche Medien sind mit RFID-Tags versehen, die deren schnelle Ausleihe und Rückgabe ermöglichen

Die Bibliothek steht weitgehend frei im Stadtraum, nur die benachbarte Fakultät für Maschinenbau rückt etwas dichter heran. Im Nordosten liegt eine kleine Grünanlage, im Südwesten ein gepflasterter Vorplatz, nordwestlich und südöstlich begrenzt eine Straße das Grundstück. Alle vier Seiten des Gebäudes sind 75 m lang, weitgehend gleich ausgebildet und mit eigenen Zugängen ausgestattet. Der Grundriss des Flachbaus lässt an ein aufgeblasenes Quadrat denken: Die äußere Hülle verläuft nicht gerade, sondern gerundet.

Etwa 1,5 Millionen Bücher und Zeitschriften beherbergt die Bibliothek; Erdgeschoss und Teile des ersten Obergeschosses werden vorwiegend kommerziell genutzt. So führen die vier Eingänge zu einer zentralen, quadratischen Halle, die als Ausstellungsbereich dient und die weitere Erschließung beinhaltet. Um diese Halle angeordnet sind die Garderobe, eine Cafeteria, zwei Geschäfte, ein Hörsaal, eine kleine Stadtbibliothek sowie ein rund um die Uhr zugänglicher, sogenannter Nachtlesesaal. Auf der Ebene des ersten Obergeschosses befindet sich der Empfang mit Service-Terminals für Ausleihe und Information. Erst mit dem zweiten Obergeschoss beginnen die Lesesäle: Differenzierte Freihandbereiche mit Erholungszonen, Computerlaboren, Gruppen- und Einzelstudienräumen füllen die oberen vier Etagen. Diese sind gegliedert durch ein rechteckiges Atrium, das viel Licht bis zur untersten Ebene führt. Die Magazine für Bücher, technische Anlagen und eine Tiefgarage befinden sich auf drei unterirdischen Ebenen.

Alle Wände, Decken, Galerien und Treppen sind in Sichtbeton ausgeführt. Schwarze Graffiti-Zeichnungen lockern die massiven, betongrauen Brüstungen rund um das Atrium auf. Technische Leitungen und Installationen wurden nach Möglichkeit sichtbar belassen. Einen leuchtenden Kontrast bilden die Fußböden, gefertigt aus Kautschukintarsien in den Farben des Regenbogens, die blasen- und wellenförmig ineinander übergehen.

Sicherheit
Das gesamte Gebäude ist mit einem kabellosen Netzwerk ausgestattet (Funkstandard Wi-Fi). Sämtliche Medien sind mit RFID-Tags (Transpondern zur Radio Frequency Identification) versehen, die eine schnelle Ausleihe und Rückgabe ermöglichen und zugleich gegen einen möglichen Diebstahl absichern.

Sowohl die klimatechnischen Aufgaben im Gebäude wie Heizung, Kühlung und Lüftung, aber auch die Beleuchtung, die Zutrittskontrolle sowie Einbruchmelde- und Brandschutztechnik werden über ein System zur Gebäudeautomation gesteuert. Dabei verwaltet die zentrale Managementstation über 3.600 Datenpunkte (z. B. Sensoren zur Messung von Raumtemperatur oder CO₂-Konzentration).

Zur Brandmeldeanlage gehören insgesamt fünf Brandmeldezentralen, 12 Wärmemelder, über 100 Handfeuermelder, 850 optische und sechs lineare Rauchmelder. Die Luftkanäle der Klimaanlage sind mit Rauchansaugmeldern ausgestattet. 70 Signalgeber verteilen sich über das gesamte Gebäude, um im Notfall alle Personen in jedem Bereich der Bibliothek zu alarmieren. Zudem wurde ein Löschsystem installiert, das einen Brandherd mit Wassernebel beseitigen kann. Dieses System soll wesentlich weniger Schaden bei Büchern aus Papier anrichten als eine herkömmliche Sprinkleranlage – zudem ist der Wasserverbrauch zehnmal geringer. Die Haupthalle ist durch sechs lineare Rauchmelder geschützt, die wie ein Netz vor Brandgefahr schützen sollen: Wenn zwei Rauchmelder einer zusammenhängenden Einheit Alarm geben, baut sich eine Wasserwand auf und verhindert die Ausbreitung von Feuer, Rauch und Gasen in weitere Gebäudeteile. Die Meldung einer einzelnen Einheit löst keine Löschaktion aus, da jeweils zwei Rauchmelder logisch miteinander verknüpft sind. Das Brandschutzsystem wird wiederum über ein Gefahrenmanagementsystem gesteuert und überwacht. -us

Bautafel

Architekt: Projektil Architekti, Prag
Projektbeteiligte: Helika, Prag (Generalplanung); Zemlicka + Pruy, Neumarkt (Klimakonzept); PBA International, Prag (Planung TGA); Längle Glas, Götzis (Hersteller Profilglasfassade); Nora Systems, Weinheim (Kautschukboden); Siemens Buildingtechnologies, München (Gebäudeautomation und Brandmeldeanlage)
Bauherr: Technische Staatsbibliothek, Prag
Fertigstellung: 2009
Standort: Technická 6, 16080 Praha
Bildnachweis: Sekyra Group, Prag

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