Stammhaus Egger in St. Johann

Viergeschossiger Holzrahmenbau im Niedrigenergiestandard

Für einen Hersteller von Holzwerkstoffen liegt es nahe, seine Firmengebäude zur Schaustellung der hauseigenen Produkte zu nutzen. Auch die österreichische Firma Egger entschied sich dafür. An ihrem Stammsitz in der Tiroler Marktgemeinde St. Johann ließ sie sich einen repräsentativen Holzbau für die Verwaltung errichten, bei dem das Maximalformat einer OSB-Platte von 11,40 x 2,80 Metern maßgebend ist. Mit dem viergeschossigen Neubau entwarf der aus dem nahen Breitenbach stammende Architekt Bruno Moser bereits das vierte Gebäude für die Firma. Die bei allen eingesetzte modulare Holzbauweise entwickelte er dabei kontinuierlich weiter.

Ein lichtdurchflutetes Atrium verbindet die beiden Gebäudeteile.
Zentrale Erschließung mit Verbindungsstegen
Durch Brandschutzverglasungen vom Atrium abgetrennt, dienen zwei weitere Treppentürme als zusätzliche Fluchtwege.

Der kompakt wirkende Baukörper ist ein Holzrahmenbau auf einem Untergeschoss aus Stahlbeton. Von außen nicht sichtbar, besteht aus er aus zwei Riegeln von 58 Metern Länge und 15 Meter Breite. Dazwischen liegt ein schmaleres Atrium, das nicht nur die zentrale Erschließung mit Verbindungsstegen zwischen den zwei Gebäudeteilen beinhaltet, sondern auch lichtdurchflutete, bepflanzte Aufenthaltsbereiche bietet, in denen teils farbige Möbel aus dem Angebotsspektrum des Hausherrn aufgestellt sind. Zwei weitere Treppentürme jeweils an den Enden des Atriums sind durch Brandschutzverglasungen abgetrennt und dienen im Notfall als zusätzliche Fluchtwege.

Offene Atmosphäre mit Rückzugsräumen

Im Erdgeschoss sind neben einem großzügigen Empfangsbereich und der Personalabteilung ein Betriebsrestaurant mit eigener Küche sowie Schulungs- und Seminarräume untergebracht. Auf den oberen Etagen befinden sich Büros für die rund 250 Mitarbeiter, die Werksleitung und die Geschäftsführung. Die Büroräume für ein bis vier Personen werden über einen Mittelgang mit Aufenthaltszonen für Gespräche und Ruhepausen erschlossen. Bei der Gestaltung wurde auf eine insgesamt angenehme, offene Atmosphäre Wert gelegt, die die Kommunikation befördert, aber auch Rückzugsräume für temporäres, konzentriertes Arbeiten bietet. Sportlichen Mitarbeitern steht ein Gymnastikraum mit Duschen zur Verfügung.

Umlaufende Balkone verhindern einen Brandüberschlag zwischen den Geschossen und erweitern die Räume nach außen. Zudem erleichtern sie die Reinigung der raumhohen Verglasungen und schützen die Holzfassade vor Witterungseinflüssen. Vertikale Lärchenholzlamellen in mal dichter und mal weiter Reihung verleihen der Fassade Rhythmus und Tiefe; sie dienen als Sicht- und Sonnenschutz.

Holzrahmenbau und Module aus OSB-Platten
Das viergeschossige Bürohaus in Holzrahmenbauweise ist bis auf das betonierte Untergeschoss mit Tiefgarage hauptsächlich aus Schnittholz, Glas und speziellen OSB-Platten. Bei Letzteren handelt es sich um kunstharzgebundene, dreischichtig aufgebaute Holzwerkstoffplatten aus gestreuten Mikrofurnieren, für die überwiegend Nadelholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft verwendet wird. Sämtliche Holzbauteile entstammen der Eigenproduktion des Bauherrn; die verwendeten Materialien sind vollständig recycelbar.

Die maximalen Abmessungen der Platten von 11,40 x 2,80 m bestimmen das Grundraster. Fünf Elemente sind zu einem Modul zusammengefasst, fünf Module ergeben aneinandergereiht einen Baukörper; das beidseitig verkürzte Atrium ist vier Module lang. Pro Modul ist jeweils ein Element geschlossen, vier sind offen ausgebildet. Die wechselnde Anordnung der Platten erzeugt eine Art Schachbrettmuster, das außen durch die Lärchenlamellen ablesbar bleibt. Jedes Geschoss ist als in sich geschlossene Einheit mit Lüftung, Heizkreislauf, Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik sowie Elektroverteilung konzipiert. Die modulare Vorfertigung der Hohlkastenelemente, in die sämtliche Leitungen für Elektro, Lüftung, Heizung, Kühlung und Beleuchtung bereits werkseitig eingebaut werden, ist wirtschaftlich, spart Transport- und Energiekosten.

Modulare Vorfertigung mit Steinwolledämmung

Die Außenwandelemente bestehen aus 28 cm starken ausgedämmten Konstruktionsvollholz-Stielen, die innen mit einer OSB-Platte (22 mm) und außen mit einer Weichfaser-Unterdeckplatte (30 mm) beplankt sind. Dach und Wände sind mit Steinwolle gedämmt, die gemäß EN 13501-1: Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten als A1 nicht brennbar klassifiziert ist. In den Außenwänden sind es Platten aus 2 x 140 mm stark komprimiertem Dämmfilz, die vorab in die Holzmodule eingearbeitet wurden. An anderer Stelle wurden weichere Platten verwendet, um z.B. Hohlräume in Zwischenwänden zu füllen. Die Decken sind hoch belastbare Hohlkastenelemente aus Brettschichtholz und OSB-Platten, deren Lastabtragung über die Eckpunkte erfolgt. Über Löcher wurden sie vor Ort mit Kies befüllt, um den notwendigen Schallschutz zu erzielen; haustechnische Leitungen verlaufen in der oberen Ebene. Die Dachkonstruktion über dem Atrium besteht aus Brettschichtholzträgern.

Niedrigenergiestandard mit Kühlung durch Grundwasser

Das Gebäude entspricht dem Niedrigenergiestandard und wird über Fernwärme (Heizenergie aus der Abwärme des eigenen Werks in St. Johann) beheizt, die Kühlung erfolgt mittels Grundwasser. Die Energie wird über Bodenkonvektoren in die Büros gebracht, sodass im einen gekühlt und im anderen geheizt werden kann. Die Büroräume werden mechanisch be- und entlüftet, über die Kippfunktion der Fenster können sie zusätzlich natürlich belüftet werden. Durch die großen Fensterflächen und das Atrium gelangt viel Tageslicht in die Räume. Fenster, Türen und Verglasungen sind mit Dreifach-Isolierglas ausgestattet. Jeder Arbeitsplatz verfügt über eine frei steuerbare LED-Beleuchtung. Spezielle Akustikplatten wirken als Schallabsorber und sorgen für eine angenehme Raumakustik. us

Bautafel

Architekt: architekturWERKSTATT, Bruno Moser, Breitenbach
Projektbeteiligte:
Alfred R. Brunnsteiner, Natters (Statik); Ludwig Ingenieurgesellschaft für technische Gebäudeausrüstung, Traunstein (HKLS); pgt Planungsgruppe Technik, Traunstein (Elektro); Dehne, Krues Brandschutzingenieure, Gifhorn (Brandschutz); Akustikbüro Oldenburg (Akustik); Holzbau Saurer, Höfen (Holzbau); Rockwool, Wien (Hersteller Dämmstoff)
Bauherr:
Fritz Egger, St. Johann
Fertigstellung:
2015
Standort: Weiberndorf 20, 6380 St. Johann in Tirol, Österreich
Bildrechte: Egger, St. Johann; Fotograf: Christian Vorhofer

Fachwissen zum Thema

Herkömmliche Spanplatten finden meist im Ausbau Verwendung.

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Baustoff Holz

Holzspanwerkstoffe

Die Holzkonstruktion dieses Wohnhauses ist ein kombinierter Skelett- und Holztafelbau (Baugruppenprojekt 3XGrün in Berlin, 2011; Architektur: IfuH - Institut für urbanen Holzbau, Atelier PK, Roedig Schop Architekten, Rozynski Sturm Architekten).

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Holzbausysteme

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