Stadtmuseum in Rapperswil-Jona

Gefaltete Fassade mit gelochten Messing-Verbundplatten

Wie verknüpft man zwei Altbauten durch einen neuen Baukörper? Diese Frage stellte sich, als der Zusammenschluss der Schweizer Städte Rapperswil und Jona den Anlass bot, das gealterte Stadtmuseum auf dem Rapperswiler Herrenberg mit einem neuen Verbindungsbau zu versehen. Errichtet werden sollte er zwischen den beiden bestehenden Museumsteilen: dem an die Stadtmauer angebauten Breny-Haus von 1492 und dem Wehrturm einer ehemaligen Burganlage. Der bisherige Verbinder aus den 1960er Jahren stand im ausgelobten Architektenwettbewerb zur Disposition. Die Bieler Architekten :mlzd überzeugten darin als Sieger mit ihrem Projekt „Janus“.

Ist das Museum geschlossen, ist es auch die Fassade
Zusätzliche Ausstellungsfläche mit Ausblick
Expressives Volumen zwischen Breny-Turm und Breny-Haus

Fünf Jahre dauerte es, bis das neu gestaltete Museum im Frühjahr 2012 eröffnet werden konnte. Der lange Zeitraum lässt ahnen, dass der Weg nicht ganz einfach war. Dabei fand die zeitgemäße Gestaltung des Neubaus inmitten der historischen Altstadt die volle Unterstützung des Denkmalschutzes.

Die Strategie der Architekten, den neuen Baukörper zurückhaltend hinter die Flucht des benachbarten Bestandes zu setzen, geht auf, denn von der schmalen Straße des Herrenbergs ist er nicht zu sehen. Beim Näherkommen ist die Überraschung umso größer: Sobald sich der Raum zwischen Breny-Haus und Wehrturm öffnet, zeigt sich eine golden schimmernde, mehrfach geknickte Metallfassade, die statt Fenstern eine Vielzahl scheinbar wahllos angeordneter kleiner Löcher aufweist. Schmuckstück oder Schatzkammer – die Assoziationen, die den Besucher hineinlocken, sind vielfältig, sofern ein türgroßer Ausschnitt in der Metallhaut signalisiert, dass das Museum geöffnet ist.

Die Fläche des Neubaus ist mit 170 m² eher klein. Sie bietet Raum für das Foyer, eine barrierefreie Erschließung und zusätzliche Ausstellungsflächen. Trotzdem wirkt das Innere erstaunlich großzügig. In einem luftigen Raum über vier Etagen falten sich die einläufigen Treppen nach oben, hin zu einer Glasöffnung im Dach. Außer den betongrauen Böden und Treppenstufen sind alle Oberflächen weiß. Hinter geneigten Fenstern wird die perforierte Außenhaut von innen sichtbar. Der strahlend helle Erschließungsraum kontrastiert mit den beiden Altbauten, die somit selbst zu Exponaten der Stadtgeschichte werden. Im Breny-Haus, dessen Höhepunkt der Festsaal mit gotischen Wandmalereien ist, konnten die Architekten den imposanten Dachstuhl freilegen.

So eigenständig der neue Verbindungstrakt wirkt, seine Form resultiert aus der sorgfältigen Analyse des Bestandes. Ausgehend von der erhaltenen Rückseite – der mittelalterlichen Stadtmauer, die ab 1800 mit Fenstern perforiert wurde – zieht sich die gelochte Metallhaut als einheitliches Material für Dach und Fassade um das Bauvolumen. Die Konturen folgen im Schnitt den Dachneigungen der Nachbargebäude und führen als Diagonalen über die bestehenden Giebelfassaden, ohne deren Öffnungen zu durchschneiden. Die unterschiedlichen Neigungen führten zwangsläufig zur räumlichen Faltung der Gebäudehülle. Wie ein kostbares Tuch liegt das Metall über dem Baukörper, dem es in der Abstraktion erspart bleibt, weitere Bezüge zu den verschiedenen Nachbarfassaden herzustellen.

Fassade
Ein leichtes Material mit edler Anmutung, das dazu noch ansehnlich altert, wollten die Architekten für ihren Neubau verwenden. Baubronze erfüllte diese Vorgaben am besten. In wenigen Jahren wird die Messing-Legierung eine lebendige Patina ansetzen, wodurch sich das Gebäude mehr und mehr in den mittelalterlichen Kontext einfügt.

Anstelle von massivem Metall wurden 4 mm dünne Verbundplatten mit beidseitiger Messingbeschichtung auf tragendem Kunststoffkern verwendet. Zuschnitt und Lochung der insgesamt 108 unterschiedlichen Platten erfolgten durch Wasserstrahlschneiden. Die Metallhaut ist als vorgehängte hinterlüftete Fassade ausgeführt. Dabei sind die Verbundplatten auf einer Aluminium-Unterkonstruktion verklebt, die ihrerseits auf die tragenden Wand- und Dachflächen aus Beton gedübelt wurde. Über der 160 mm starken Dämmung ist als wasserführende Schicht eine zweilagige diffusionsoffene Fassaden- bzw. Unterdeckbahn eingebaut. Entwässerungsrinnen liegen verdeckt an den Knickpunkten. -pn

Bautafel

Architekten: :mlzd, Biel
Projektbeteiligte:
Vollenweider Baurealisationen, Zürich (Baumanagement); Tschopp Ingenieure, Bern (Bauingenieur); IBMM, Biel (Heizung + Klima); Inäbnit Ingenieurbüro, Bern (Sanitär); R + B Engineering, Brugg (Elektro); Mettler + Partner, Zürich (Lichtplanung); Sutter + Weidner, Biel (Fassadenplanung); Tuchschmid, Frauenfeld (Fassadenbekleidung); Gartenmann Engineering, Bern (Bauphysik); Raumprodukt, Zürich (Ausstellungsgestaltung); Andreas Fiedler, Bern (Ausstellungsberatung); Christoph Schläppi, Bern (Architekturhistoriker)
Bauherr: Stadt Rapperswil-Jona, Schweiz
Fertigstellung:
2011
Standort:
Herrenberg 40, Rapperswil
Bildnachweis: Dominique Marc Wehrli, Regensdorf

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Materialien

Metalle

Sandwichelemente sind häufig bei industriellen Bauten wie Produktionshallen, Tankstellen oder Autohäusern anzutreffen.

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Fassadenelemente

Sandwich-Konstruktionen

VHF am Baustofflabor der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur

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Fassadenarten

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF)

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