Stadthaus in Kriens

Bronzefarben eloxierte Aluminiumfassade

„Wo Ordnung herrscht, entsteht Wohlbefinden“, schrieb Le Corbusier in Vers une Architecture. Ordnung für ein heterogenes kleinstädtisches Umfeld zu schaffen, das war auch der Ansatz beim neuen Stadthaus in Kriens, einem Vorort von Luzern mit 27.000 Einwohnern. Burkard Meyer Architekten aus Baden bei Basel setzten einen klaren Quader ins verstädterte Zentrum des einstigen Dorfes. Der sechsgeschossige Bau umfasst knapp 18.000 Quadratmeter. Er bildet die Westkante des neu geschaffenen, nach Osten spitz zulaufenden Stadtplatzes, für den eine Handvoll kleinerer Altbauten abgerissen wurde.

Der sechsgeschossige Quader bildet die Westseite eines neu geschaffenen Platzes.
Der Stadtsaal ist das Herzstück des Gebäudes, das Stadtverwaltung, Laden-, Büroflächen sowie 30 Mietwohnungen vereint.
Skulpturale Wendeltreppe im Foyer

Bezugspunkt Nachkriegsmoderne

Architektonisch und städtebaulich bezieht sich der Neubau auf die umgebenden Wohn- und Geschäftsbauten der Nachkriegsmoderne, die von der vorangeschrittenen Urbanisierung der Luzerner Agglomeration zeugen. Seine Höhe und Architektursprache fügen sich in die Strukturen ein, die Kubatur, das Fassadenmaterial und die Farbe hingegen setzen eigene Akzente.

Das Stadthaus mit seiner feingliedrigen bronzefarbenen Fassadenstruktur vereint unterschiedliche Nutzungen. Dazu gehören ein Veranstaltungssaal, Räume der Stadtverwaltung, Laden- und Büroflächen sowie 30 Mietwohnungen. Die im westlichen Gebäudeteil angeordneten Wohnungen sind auf den Pilatus ausgerichtet, den gut 2.100 Meter hohen Luzerner Hausberg. Dessen Talstation liegt nur ein paar Hundert Meter entfernt.

Die Schalter und Büros der Stadtverwaltung orientieren sich zum neuen Platz an der Ostseite, der Zugang zum multifunktionalen „Pilatussaal“ befindet sich an der Südostecke. Sichtbeton, Werksteinboden und eine skulpturale Wendeltreppe dominieren das dreiseitig verglaste Foyer. Innen ist der Saal mit vertikalen Holzlamellen bekleidet.

Zwei unterschiedlich große Höfe sind in den Quader eingeschnitten: Ein kleiner Westhof, der im ersten bis fünften Obergeschoss Wohn- und Büronutzung trennt, und ein größerer Osthof, der aufgrund der Raumhöhe des Pilatussaals erst im zweiten Obergeschoss beginnt. Die Primärstruktur des Gebäudes besteht aus Betonstützen und -deckenplatten. Das Gebäude ist mit einer zweigeschossigen Tiefgarage unterkellert.

Fassade: Ein Hauch von Mies

Die vorgehängte Fassade ist aus bronzefarben eloxierten Horizontal- und Vertikalprofilen aus Aluminium aufgebaut, deren Sichtflächen geschliffen und gebürstet sind. Alle weiteren sichtbaren Metallteile wie Fensterrahmen, Fensterbänke, Sturzuntersichten und Raffstoren sind in einem Schwarzbraunton pulverbeschichtet. Die Brüstungsverkleidungen bestehen aus emailliertem Einscheibensicherheitsglas (ESG).

Die Fassade ist als teilelementiertes System konzipiert: Die Fensterelemente wurden einschließlich Fensterbänken und Rahmenverbreiterungen im Brüstungsbereich im Werk vorgefertigt. Vertikal- und Horizontalprofile, Sonnenschutz und Brüstungsverkleidungen wurden nachträglich montiert. Die Fassadenelemente sind mittels Konsolen an den Stirnseiten der Betondecken befestigt. Auffällig sind die Ecklösungen, welche an solche des Architekten Mies van der Rohes erinnern.

Grundsätzlich sind die vier Hauptfassaden gleich ausgebildet, weil das Haus explizit keine Rückseite haben sollte. Eine dezente Differenzierung erfolgt dennoch zwischen Büro- und Wohnteil: Während ersterer 40 Zentimeter hohe geschlossene Brüstungen hat, wurden im Wohnabschnitt raumhohe Fenster eingebaut, die sich allesamt öffnen lassen. Als Absturzsicherung sind hier Staketengeländer zwischen die Vertikalprofile gehängt.

Die Fenster im Büro- und Wohnbereich haben Dreifachverglasungen aus Verbundsicherheitsglas (VSG). Mit Faltschiebefenstern aus VSG-Zweifachverglasung sind die Loggien der Wohnungen ausgestattet. Die Loggien lassen sich komplett öffnen und sind vom Wohnraum durch eine weitere, einfachere Holzfensterfront getrennt. Im Bürobereich sind die Sitzungszimmer mit schmalen Drehlüftungsklappen ausgestattet. Und wer sich fragt, wie die „Mies-Ecken“ aufgebaut sind: Hier verbergen die bronzefarbenen Abdeckbleche gedämmte Beton-Eckstützen.

Bautafel

Architekten: Burkard Meyer Architekten, Baden
Projektbeteiligte: Manuel Frey (Projektleitung Bauprojekt/Ausführung), Urs Riniker (Projektleitung Vorprojekt/Gestaltungsplan), Eleni Giakoumaki, Rodrigo Jorge, Fabian Obrist, Daniel Krieg, Heike Fischer, Oliver Dufner, Adrian Meyer, Andreas Signer, Tobias Burger (Projektbeteiligte Architekturbüro), Raumunddesign, Wolhusen (Bauleitung), koepflipartner Landschaftsarchitekten, Luzern (Landschaftsarchitektur), Wismer & Partner, Rotkreuz (Bauingenieurleistungen), Amstein + Walthert Luzern, Horw (HLKS-Planung), Hefti.Hess.Martignoni, Zug (Elektroplaner), Feroplan, Zürich (Fassadenplanung), RSP Bauphysik, Luzern (Bauphysik), Alfred Müller, Baar (Totalunternehmer)
Bauherr: Gemeinde Kriens und Alfred Müller, Baar
Fertigstellung: 2018
Standort: Stadtplatz 1, 6010 Kriens, Schweiz
Bildnachweis: Roger Frei, Zürich / Burkard Meyer Architekten, Baden

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