Stadtbibliothek in Dornbirn

Keramische Buchreihen

Gemessen an seiner geografischen Größe kommt Vorarlberg, dem zweitkleinsten Bundesland Österreichs, eine überproportional große Aufmerksamkeit zu. Grund dafür sind in erster Linie die zahlreichen noblen Wintersportorte in einzigartiger Alpenkulisse. Doch auch eine zwar kleine, jedoch ausgesprochen ambitionierte Architekturszene trägt substanziell dazu bei. In Dornbirn, der mit 50.000 Einwohnern größten Stadt des Bundeslandes, haben Dietrich Untertrifaller Architekten zusammen mit Christian Schmoelz nach einem gemeinsamen Wettbewerbserfolg eine neue Stadtbibliothek erstellt. Der dreigeschossige Baukörper, bestehend aus Erd-, Unter- und Obergeschoss, fügt sich mit seinem ovalen, parabelförmigen Grundriss in das Quartier, fünf Gehminuten südlich des Marktplatzes zwischen Stadthalle, Stadtgarten und Schulbauten ein.

Der Pavillon auf ovalem Grundriss befindet sich fünf Minuten vom Marktplatz entfernt.
Geprägt ist der Bau von seiner halbtransparenten Fassade.
Ein Gitter aus Keramik-Elementen dient als fixer Sonnenschutz, lässt aber in beide Richtungen Licht durch.

Alle Bereiche der Bibliothek mit fast 1.200 Quadratmetern Nutzfläche werden über das zentrale, zweigeschossige Foyer erschlossen, das von einem Oberlicht erhellt wird und bei Bedarf verschattet werden kann. Es ist flexibel nutzbar als Lesebereich oder Veranstaltungssaal für Lesungen, Präsentationen und Vorführungen. Regale und Magazine für bis zu 100.000 Bücher und Zeitschriften verteilen sich über die drei Ebenen. Hinzu kommen weitere Nutzungen wie Kreativ- und Gaming-Räume, Büros und Meeting-Räume sowie Sanitär- und Haustechnikanlagen. Im Erdgeschoss befindet sich der Informations- und Ausleihbereich. Hier durchquert ein Weg, angelehnt an einen alten Trampelpfad, das Gebäude, das so zum Teil des öffentlichen Raums wird. Der Freihandbereich befindet sich auf den beiden oberen Ebenen rund um das Atrium. Eine einläufige Treppe führt ins Untergeschoß mit Mediathek, Spielothek und Kreativwerkstatt. Sichtbetondecken harmonieren mit den Holzoberflächen der Fensterrahmen, Parkettböden und Bücherregale.

Fassade: Transparenter Schirm aus 8.000 vorgefertigten Keramikhohlstäben
Der in Stahlbetonbauweise erstellte Bibliothekspavillon hat eine zweischalige Fassade. Vor die großflächige Verglasung ist im Abstand von 70 cm ein Gitter aus nahezu 8.000 vorgefertigten, elfenbeinfarbenen Keramik-Elementen gehängt, das als fester, außenliegender Sonnenschutz dient und in den Buchbereichen durch helle Vorhänge ergänzt ist. Die gemeinhin als Baguettes bekannten Keramikhohlstäbe wurden senkrecht und leicht schräg in je drei unterschiedlichen Längen montiert und wecken damit Assoziationen an Bücherreihen in einer Regalwand oder auch an Schriftzeichen auf einer gewölbten Buchseite. Im Gebäudeinneren erzeugt diese vorgehängte Fassadenschicht abstrakte Lichtspiele.

Die Baguettes haben einen Querschnitt von 140 x 65 mm und wurden mit speziellen Tragprofilen auf einer der gekrümmten Fassade folgenden Stahlunterkonstruktion aus vorgefertigten Leiterträgern befestigt. Über ein Innenrohr sind sie mechanisch fixiert. Der helle Farbton und die Struktur wurden vor Herstellung der schadstofffreien Glasur über mehrere Bemusterungsdurchläufe bestimmt. Das verwendete Fassadensystem erlaubte eine schnelle Montage. Bei Bedarf soll auch ein späterer Austausch der Elemente möglich sein. Zur Wartung und Reinigung des Fassadenzwischenraums dient ein umlaufendes, schienengeführtes Fassaden-Kranbahnsystem. Die Verglasungsebene wird durch einen Kranz aus raumhohen Holz-Aluminium-Fenstern mit Dreifach-Verglasung und zusätzlichen Lüftungsflügeln gebildet.

Bautafel

Architektur: Dietrich Untertrifaller Architekten, Bregenz/Wien, mit Christian Schmoelz Architekt, Sulz
Projektbeteiligte: Peter Nussbaumer, Christopher Braun (Planungsbeteiligte, Architekten); gbd, Dornbirn (Statik, Fassadenplanung); Balliana Schubert, Zürich (Landschaftsplanung); Moeding Keramikfassaden, Marklkofen (Fassadenbekleidung)
Bauherrschaft: Stadt Dornbirn
Fertigstellung: 2019
Standort: Schulgasse 44, A-6850 Dornbirn, Österreich
Bildnachweis: Stefan Müller-Naumann, München; Albrecht Schnabel, Rankweil; Aldo Amoretti, Sanremo; Dietrich Untertrifaller Afrchitekten, Bregenz/Wien, Christian Schmoelz, Sulz

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Fachwissen zum Thema

Die nach dem Kaufhaus benannte Hortenkachel wurde um 1961 von Helmut Rhode entworfen, hier am heutigen Galeria Kaufhof in Osnabrück

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Materialien

Keramik

Feststehende, mit Keramik bestückte Vertikallamellen am Clay-Museum in Middlefart; Architektur: Kjaer & Richter, Aarhus

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Zusatzelemente

Sonnenschutz außen

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