Seewürfel in Zürich

Kräutermischung, Holzroste und Zementplatten auf dem Flachdach

Das äußere Seefeldquartier mit Hanglage am Zürich-See bietet den Bewohnern eine harmonische Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Das Grundstück an der Ecke Flüh-Gasse und Seefeldstrasse hat für das Quartier zentrale städtebauliche Bedeutung für das ganze Quartier. Einerseits ermöglicht es eine bauliche Kontinuität der Seefeldstraße, andererseits definiert es die Eingangssituation zur Flüh-Gasse. Zwei Gebäude entlang der Seefeldstraße sind mit reiner Büronutzung belegt, die dahinter liegenden Gebäude gemischt genutzt mit Büroflächen in den unteren und Maisonette-Wohnungen in den oberen Geschossen.

Blick von einer Dachterrasse zum Zürich See
Die Dachterrassen sind lediglich als Änderung in der Textur auszumachen, die Dachflächen erscheinen als fünfte, gut durchdachte und gestaltete Ansicht der Gebäudekuben

Besonderen Schwerpunkt legten die Architekten auf die Formulierung von Plätzen innerhalb des Projekts. Diese sind in Form und Größe bewusst differenziert gestaltet und nehmen durch die Verschiedenartigkeit ihrer Volumen direkten Bezug zur Maßstäblichkeit des Quartiers. Die durch die Gebäude geformten Außenräume bilden eine Vielzahl von Plätzen und Gärten, die zwischen öffentlicher und halbprivater Nutzung variieren und alle verkehrsfrei sind. Sämtliche Gebäude werden über eine zentrale Tiefgarage erschlossen, in der die behördlich vorgeschriebenen Parkplätze untergebracht sind.

Die Qualität des Projekts liegt in der ausgewogenen Balance zwischen einer einheitlichen Architektursprache für alle acht Gebäude sowie einer gewissen Individualität der einzelnen Bauten. Jedes Gebäude folgt den gleichen Grundregeln und Details für Fenstereinfassungen, geschlossene Fassaden, Eingangsbereiche, Treppenhäuser etc. Andererseits sind die Fensterzonen und Eingänge individuell auf die das Gebäude umgebenden Plätze ausgerichtet. Dieses Konzept ermöglicht die Ausrichtung der Gebäude zu mehreren Seiten und nicht nur nach Süden Richtung See. Die Außenräume mit ihren unterschiedlichen Materialien, der auf die jeweilige Fassade abgestimmten Bepflanzung sowie den Wasserbecken bieten abwechslungsreiche Sichtbeziehungen und individuelle Nutzungsmöglichkeiten.

Die geschlossenen Fassadenflächen sind mit unterschiedlichen Materialien belegt: grau durchgefärbte Faserzementplatten einerseits, welche die acht Gebäudekuben gestalterisch zusammenfassen, und andererseits ein neu entwickeltes Holz-Glas-Paneel, das mit drei verschiedenen Holzarten (furnierte MDF-Platten) die Individualität der einzelnen Gebäude verstärkt. Der natürliche Werkstoff Holz verleiht den Gebäuden Wärme, wechselnde Spiegelungen der Umgebung auf der Verglasung bewirken die gewisse Exklusivität, die an solch einem exponierten Standort in Zürich erwartet wird.

Flachdach
Die Flachdächer der acht  Gebäudeskulpturen unterscheiden sich zum einen in ihren Höhen, Formen und Nutzungen, zum anderen in den gewählten Dachaufbau-Materialen. So wurden sämtliche nicht genutzten Dachflächen (Hauptdächer) mit einer Dachkräutermischung nach Vorgaben der Landschaftsplaner extensiv begrünt, wohingegen die Dachterrassen der Büros und Maisonette-Wohnungen entweder mit Holzrosten oder Zementplatten belegt wurden.

Die zwei Gebäude entlang der Seefeldstraße, die mit reinen Büronutzung belegt sind, erhielten eine thermoaktive Stahlbetondecke als oberen Abschluss, die restlichen Gebäude mit Wohnnutzung in den obersten Geschossen eine Betondecke mit integrierter Lüftung. Um auf einen Gefälleestrich oder eine Gefälledämmung verzichten zu können, wurden die Decken selbst im Gefälle mit innenliegenden Einläufen betoniert.

Der weitere Aufbau des (unbelüfteten) Flachdaches gestaltet sich wie folgt:
Bituminöse Dampfsperre, Wärmedämmung, zweilagige Polymerbitumenbahn und – bei den Hauptdächern – eine Extensivbegrünung auf einem 6 - 21 cm dicken Vegetationssubstrat, welches im Randbereich verdichtet wurde. Das Dachrandblech geht in den oberen Blechabschluss der Fassadenkonstruktion über; in den Fenster- bzw. Dachterrassenbereichen wurde die Sonnenschutzmarkise und das Lamellenstore unsichtbar in die vorgehängte Fassade integriert.

Zum Schutz der Dachabdichtung wurde in den Terrassenbereichen eine Gummischrotmatte aufgebracht. Die Terrassenbeläge selbst wurden zum einen als Akazienholzrost auf einer Holzunterkonstruktion ausgeführt, welche wiederum mittels Distanzhaltern auf der Unterkonstruktion ruht. Zum anderen wurden großformatige Zement-Terrassenplatten auf Splittbett verlegt. Die Entwässerung der Terrassenflächen erfolgt innenliegend über in die Wärmedämmung eingelassene Rinnen, worüber der Holzrost reversibel ausgebildet bzw. an Stelle von Zementplatten Rundkies verlegt wurde.

Die Umgrenzung der Terrasse geschieht beinahe unsichtbar: ein eingespanntes und von der Gebäudekante zurückversetztes Glasgeländer aus VSG lässt die unterschiedlichen Sichtbeziehungen zum See bzw. den Innenhöfen offen, die Holz-Glas-Paneele der vorgehängten Fassade werden um die obere Gebäudekante herumgezogen. So sind die Dachterrassen lediglich als Änderung in der Textur auszumachen, die Dachflächen erscheinen als fünfte, gut durchdachte und gestaltete Ansicht der Gebäudekuben.

Bautafel

Architekten: Camenzind Evolution, Zürich
Projektbeteiligte: Nicole Buschor, Tanya Rüegg-Basheva (Projektleitung), Feroplan Engineering, Zürich (Fassadenplaner), Landschaftsarchitekten Susewind, Jona; Bauder, Küssnacht a. Rigi (Dachbegrünung)
Bauherr: Rentenanstalt Swiss Life, Zürich
Fertigstellung: 2004
Standort: Seefeldstraße 279, Zürich

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Begehbares Dach und Vorplatz an der Casa da Musica in Porto (OMA, 2005)

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Aufbau von begeh- und befahrbaren Flachdächern

Als Flachdächer werden Dachflächen mit einer Neigung unter 5° bezeichnet, die anstelle einer Dachdeckung eine Dachabdichtung haben.

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Flachdacharten

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