Rudolf-Steiner-Schule bei Lausanne

Helle Klassenzimmer im energieautarken Holzbau

Am nordwestlichen Stadtrand von Lausanne liegt die kleine Gemeinde Crissier. Eingebettet in eine Grünzone, inmitten einer Handvoll locker gruppierter Gebäude, ist hier seit 1992 die regionale Rudolf-Steiner-Schule ansässig. Zur Erweiterung des Raumangebotes der Schule wurde das Ensemble durch einen imposanten dreigeschossigen Neubau in Holzbauweise nach Plänen des Lausanner Büros Localarchitecture ergänzt.

Extrabreite Laubengänge auf der Südseite führen die Schüler nicht nur zu ihren Klassenräumen, sie sind außerdem als deren Erweiterung gedacht
Das weit auskragende Vordach und die daran abgehängten Laubengänge dienen als außen liegender Sonnenschutz
Eine breite einläufige Treppe verläuft entlang den Laubengängen und lockert die schlichte Frontfassade auf

Die neue Schule ist Teil der Neugestaltung des Mini-Quartiers Bois-Genoud. In dem im Raumplan Lausanne-Morges so definierten Naturschutzgebiet steht der Erhalt des Ökosystems an erster Stelle. Verschiedene lokale Einrichtungen haben es sich zum Ziel gesetzt, dazu gemeinsam beizutragen: Nachbarn der Schule sind ein Biobauernhof und ein Restaurant, das Essen für die Schulkantine liefert. In Zukunft sollen weitere Schulgebäude und Mehrfamilienhäuser das Quartier sowie dessen Nutzungsangebot vergrößern.

An der Schule wird nach der von Rudolf Steiner begründeten Waldorfpädagogik gelehrt und so soll auch ihre Gestaltung im Einklang mit Steiners Weltanschauung, der Anthroposophie, stehen. Das zentrale Entwurfsthema war, neben dem Aspekt der Nachhaltigkeit, das Verhältnis des Schulhauses zur Umgebung. Die Architekten entwarfen ein dreigeschossiges Gebäude, das durch seine vollständig verglaste Südfassade in engem Bezug zur Natur steht. Wie die bestehenden Schulpavillons besitzt der Neubau eine außen liegende Erschließung. Extrabreite Laubengänge auf der Südseite führen die Schüler nicht nur zu ihren Klassenräumen, sie sind außerdem als deren Erweiterung gedacht und ermöglichen Unterricht im Freien. Die Nordfassade ist dagegen geschlossen gestaltet, sie schützt das Gebäude und das gesamte Areal vor dem Verkehrslärm der nahe liegenden Autobahn. Eine breite einläufige Treppe verläuft entlang den Laubengängen hinauf zum obersten Geschoss und wieder eine Etage hinab und lockert so die gläserne Südfassade auf. Auf der Westseite gibt es außerdem eine freitragende Rampe, über die Rollstuhlfahrer das erste Obergeschoss erreichen.

Insgesamt bietet das neue Schulgebäude Platz für sechs Klassenräume, mehrere Gruppenräume sowie jeweils einen Raum für Naturwissenschaften, Musik und Eurythmie. Der leicht geknickte Grundriss und die gefaltete Dachform tragen der von Steiner bevorzugten organischen Formgebung Rechnung.

Die Schule ist in Holzbauweise konstruiert, das Holz dafür stammt aus der Alpenregion, vorgefertigte Holzrahmenelemente verkürzten die Bauzeit. Für die Fassade kam unbehandeltes Lärchenholz zum Einsatz, während im Innenraum sämtliche Decken und Wände mit gekalktem Tannenholz bekleidet sind. Der nachwachsende und gesundheitsverträgliche Baustoff Holz kann Feuchte aufnehmen und wieder abgeben und unterstützt dadurch die Regulierung des Raumklimas. Auch seine wärmedämmende Wirkung trägt zur Verbesserung der Behaglichkeit bei. Auf den Einsatz von chemischem Holzschutz wurde gänzlich verzichtet, der verwendete Kalk wirkt bakterizid und fungizid und bindet zudem Kohlendioxid und saure Luftschadstoffe. Ausblicke in die Landschaft und tageslichtdurchflutete Klassenräume schaffen zusätzlich eine angenehme Raumatmosphäre.

Die Geschossdecken sind in Holz-Ortbeton-Verbundbauweise ausgeführt. Die thermisch und akustisch trägen Deckenplatten dienen sowohl als Wärmepuffer als auch dem Schallschutz. Auf der südlichen Traufseite des Satteldachs kragt ein breites Vordach über den Laubengängen nach oben aus. Dazu wurden die Sparren aus Brettschichtholz auf dieser Seite v-förmig ausgebildet. Die Tragstruktur der Laubengänge ist an Stahlseilen vom Vordach abgespannt.

Die Hohlräume von Wänden und Dach sind mit eingeblasenen Zellulosefasern gedämmt. Die Dicke der Dämmschicht beträgt in den Wänden 32 cm, im Dach zwischen 32 und 60 cm, entsprechend der konischen Form der Sparren. Durch ihre Elastizität können die Zellulosefasern das Schwinden des Holzes ausgleichen, sodass die durchgehende Wärmedämmung bestehen bleibt.

Der Neubau ist als energetisch autarkes Gebäude geplant: Photovoltaikmodule mit rund 160 m² Fläche auf der südlich orientierten Dachfläche produzieren den benötigten Strom für das gesamte Schulgebäude. Die Sonneneinstrahlung durch die Südfassade heizt die Klassenräume. Das Vordach und die Laubengänge bilden einen außen liegenden Sonnenschutz. Im Winter ergänzt eine Luft-Wasser-Wärmepumpe die Wärmeerzeugung.

Bautafel

Architekten: Localarchitecture, Lausanne
Projektbeteiligte:
Ratio-Bois SârI, Villeneuve (Holzbauingenieur); Equada, La Chaux-de-Fonds (HKLS-Planer) ; Eco Acoustique, Lausanne (Akustikingenieur) ; Renaud et Burnand, Lausanne (Geometer)
Bauherr:
École Rudolf Steiner Lausanne, Crissier
Fertigstellung: 2012
Standort: Route de Bois-Genoud 36, CH-1023 Crissier
Bildnachweis: Matthieu Gafsou, Lausanne

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