Probenhaus für das Sinfonieorchester in Kriens

Fein abgestimmt für ausgezeichneten Klang

Gemeinsam mit der Musikhochschule Luzern und dem Kulturzentrum Südpol bildet das neue Probenhaus für das Luzerner Sinfonieorchester einen Gebäudekomplex, der maßgeblich zur Weiterentwicklung und Aufwertung des industriellen Quartiers zwischen Kriens und Luzern beiträgt. Auf dem ehemaligen Schlachthofareal setzen die beiden prägnanten Neubauten der Architekturbüros Enzmann Fischer und Büro Konstrukt zusammen mit dem umgenutzten Bestandsbau des Kulturzentrums ein markantes Zeichen für eine sich entwickelnde kulturelle Aktivität und eine neue Dynamik im öffentlichen Raum. So empfängt der Vorplatz vor dem Orchesterhaus die Besuchenden und fungiert zugleich als Treffpunkt und Ort des Austauschs für Studierende, Musikerinnen und Musiker sowie Gäste.

An der Fassade des Orchesterhauses lässt sich der innere Aufbau des Gebäudes ablesen.
Die Breite der Aluminiumelemente, mit denen die obersten drei Geschosse des Kubus‘ verkleidet sind, variiert von feinen vertikalen Streifen im ersten Obergeschoss zu breiten Bahnen im dritten Obergeschoss.
Pro Obergeschoss ist jeweils ein Fenster in das Aluminium der Fassaden auf der Nord- und Südseite des Gebäudes eingelassen.

Fassade spiegelt innere Logik

An der Fassade des Probenhauses für das Sinfonieorchester lässt sich der innere Aufbau des Gebäudes, das sich auf rechteckigem Grundriss erhebt, ablesen: Auf ein Sockelgeschoss aus Beton folgen drei Fassadenabschnitte unterschiedlicher Höhe aus fein strukturiertem Aluminium, die die nach oben zunehmenden Geschosshöhen widerspiegeln. Des Weiteren variiert die Breite der Aluminiumelemente, mit denen die obersten drei Geschosse des Quaders verkleidet sind, von feinen vertikalen Streifen im ersten Obergeschoss zu breiten Bahnen im dritten Obergeschoss. Pro Obergeschoss ist jeweils ein Fenster in das Aluminium der Fassade eingelassen. Im Erdgeschoss befindet sich an der nördlichen Schmalseite der zentrale Eingang sowie die vertikale Erschließung. Einen zweiten Fluchtweg bildet eine außenliegende, gewendelte Feuertreppe diametral entgegen gelegen an der Westseite des Baus. Passend zur Fassade zeigt sie sich metallumhüllt.

Probensaal als Herzstück

Von der Eingangshalle, die ein Fünftel des Grundrisses umfasst, führt innen das großzügige Treppenhaus in die Obergeschosse. Die restliche Fläche des Erdgeschosses mutet ungewöhnlich an: Sie bietet Parkmöglichkeiten für Fahrzeuge. Während im ersten Stockwerk kleinere Proberäume, Büros und Lagerräume Platz finden, sind im zweiten Obergeschoss größere Registerproberäume, ein Sitzungszimmer und weitere Stauräume untergebracht. Beide Geschosse verfügen über jeweils einen Aufenthaltsraum mit Ausblick auf den Vorplatz, der den Orchestermitgliedern zur Verfügung steht.

Ein Geschoss höher befindet sich das Herzstück des Gebäudes: Ein Probensaal mit einer beeindruckenden Raumhöhe von 9,50 Metern. Aus architektonischer Sicht trägt diese Anordnung der Geschosshöhen zur räumlichen Dramaturgie bei. Auch aus statischer und akustischer Perspektive ist die Anordnung höherer Räume auf niedrigen Räumen vorteilhaft.

Akustik: Schallgeschützt nach innen und außen

Im Hinblick auf die Tragstruktur haben sich die Architekturschaffenden für eine Konstruktion aus Ortbeton und Stahl entschieden. Stützen, Wände und Geschossplatten des Erdgeschosses und der ersten beiden Obergeschosse sind aus Ortbeton gefertigt, während das darüberliegende Tragwerk sowie die Dachkonstruktion des Orchestersaals aus Stahl bestehen. Die Ausfachung zwischen den Trägern sowie alle Innenwände sind aus Kalksandsteinen gemauert. Schutz gegen Außenlärm ist durch das Prinzip der Mehrschaligkeit gegegeben. Das massive Mauerwerk in Kombination mit raumseitig vorgesetzten Leichtbauschalen trägt zu einer Dämmung des Gebäudeinneren gegen störende Geräusche von außen bei. Für Schallschutz im Inneren sorgt eine Mischung aus Massivbau und vorgesetzten Leichtbauwänden, die schalltechnisch getrennt sind.

Hölzerne Vertäfelung für eine gute Akustik

Zwar verfügt das Luzerner Sinfonieorchester im Kultur- und Kongresszentrum Luzern über einen modernen Konzertsaal mit einer sehr guten Akustik, allerdings mussten die Proben bisher meist in akustisch schwierigen Räumen erfolgen. Der Neubau des Probenhauses in Kriens kommt dem Wunsch nach einem dezidierten Probensaal mit einer ausgezeichneten Akustik nach. Die Raumhöhe von fast zehn Metern und das Raumvolumen von etwa 3.500 Kubikmetern bieten günstige Grundvoraussetzungen für die Akustikplanung, die in den Händen vom Büro Applied Acoustics lag. Die Raumakustik eines Orchesterprobensaals soll den Musizierenden und Dirigierenden eine präzise Beurteilung des gesamten Orchesterklangs sowie der individuellen Klangbildung der Einzelinstrumente ermöglichen. Dabei gilt es, die feine Balance zwischen analytisch-genauem und warmen Klang zu finden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde bei der raumakustischen Umsetzung des Probensaals mit einer Kombination aus absorbierenden und reflektierenden Flächen gearbeitet. Die strukturierten Oberflächen nehmen so besonders spezifisch Einfluss auf die Länge sowie auf die klangliche Struktur des Nachhalls. Das Ergebnis ist ein fein gezeichneter und tonal ausgewogener Nachhall.

Neben Orchesterproben sollen auch andere musikalische Nutzungen wie beispielsweise kammermusikalische Konzerte mit Publikum möglich sein. Zu diesem Zweck lässt sich die Akustik des Saals variabel je nach Musikstil und Ensemblegröße über Akustikvorhänge regulieren. In den kleineren und mittelgroßen Proberäumen folgen die akustischen Maßnahmen demselben Prinzip. Auch hier sorgen Akustikelemente an Wänden und Decken für ausgewogenen Nachhall und Reflexionen. Des Weiteren kommen hier ebenfalls akustisch wirksame Textilien zur individuellen Regulierung der Nachhallzeit zum Einsatz. Der Innenausbau des Saales wurde vollständig in Holz ausgeführt. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die Akustik aus, sondern verleiht dem Raum außerdem eine warme und einladende Atmosphäre. Optisch ist die hölzerne Auskleidung an die Fassadenstruktur angelehnt und verbindet auf diese Weise Innen- und Außenraum zu einem stimmigen Ensemble. -np

Bautafel

Architektur: Enzmann Fischer Architekten, Zürich, und Büro Konstrukt Architekten, Luzern
Projektbeteiligte: Applied Acoustics, Gelterkinden (Akustikplanung); TGS Bauökonomen, Luzern (Bauleitung); gkp Fassadentechnik, Aardorf (Fassadenplanung); Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich (Statik); Eicher+Pauli, Luzern (HLKS Planung); Gernet Elektroplanung, Luzern (Elektroplanung); RSP Bauphysik, Luzern (Bauphysik); Freiraumarchitektur, Luzern (Landschaftsarchitektur)
Bauherrschaft:
Trägerverein Luzerner Sinfonieorchester
Standort:
Arsenalstraße 28b, 6010 Kriens, Schweiz
Fertigstellung:
2020
Bildnachweis: Annett Landsmann, Zürich

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