Ornamente der Fassade
in der europäischen Architektur seit den 1990er Jahren
Jovis Verlag, Berlin 2013
336 Seiten, zahlreichen Abbildungen, broschiert, 16,8 x 24 cm
Preis: 35,00 EUR
ISBN 978-3-86859-233-7
Seit Adolf Loos mit Ornament und Verbrechen im Jahr 1908
gegen die oberflächliche Dekoration in der Architektur aufbegehrte
und die Moderne das Bauen auf die pure, weitgehend von der Funktion
bestimmte Form reduzierte, ist der Begriff des Ornaments aus der
Fachwelt so gut wie verschwunden. Nicht einmal aktuelle Sachlexika
wie das Wörterbuch der Baukunst verzeichnen einen Eintrag dazu.
Dabei begann bereits in der Nachkriegszeit eine Abkehr vom reinen
Funktionalismus. In der Postmoderne der 1980er Jahre folgte dann
die Rückbesinnung auf die Gestaltungsmittel vormoderner Baukunst.
Jean Nouvel gelang es 1987 mit der spektakulären Fassade
des Institut du Monde Arabe in Paris, das Ornament als
zeitgenössisches Architekturelement neu zu etablieren: Hinter der
quadratisch gegliederten Glashaut liegen als Sonnenschutz
motorisch gesteuerte Irisblenden, die das dekorative Muster
traditionell islamischer Lüftungsgitter interpretieren.
Die Entwicklung neuer Fassadentechnologien, wie die Möglichkeit,
Platten und Gläser individuell zu bedrucken oder auf Medienfassaden
wechselnde und bewegte Bilder zu zeigen, haben der ornamentalen
Gestaltung weiter Vorschub geleistet, sodass sie heute wieder zum
akzeptierten Repertoire gehört. Uta Caspary legt mit ihrem Buch
Ornamente der Fassade in der europäischen Architektur seit den
1990er Jahren einen gewichtigen Beitrag vor, der nun auch den
verfemten Begriff rehabilitiert.
In fundierter Kenntnis der Kunst- und Architekturgeschichte
definiert die Autorin das Ornament in Abgrenzung zu Dekor und
Muster und erläutert die schmückende und ordnende Funktion auf der
Fassade als „Hauptbühne des Ornaments“. In einem historischen
Überblick demonstriert sie den wandelnden Stellenwert des Ornaments
von der Basis künstlerischen Schaffens im 19. Jahrhundert bis zu
dessen symbolischer Überhöhung im „dekorierten Schuppen“ von Robert
Venturi. Den breitesten Raum im Buch nehmen Analyse und Bewertung
zeitgenössischer Ornamentfassaden ein. Rund 300 Bauten hat Uta
Caspary unter den folgenden Aspekten untersucht:
- Bild, Marke, Ereignis
- Regionale und überregionale Bezüge
- Schrift, Bilder, Farbe
- Inspiration Natur
- Digitalfassaden
Wer sich mit den theoretischen Hintergründen von
Fassadengestaltung befassen möchte, die Baugeschichte der letzten
200 Jahre an der wechselnden Bedeutsamkeit des Ornaments
nachvollziehen will und analytisch aufbereitete Anregungen für die
eigene Arbeit sucht, wird das reich bebilderte Buch zu schätzen
wissen. -pn
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