Neues Gütezeichen für heißgelagertes ESG

Aus ESG-H wird ESG-HF

Zur Reduzierung von durch Nickelsulfid-Einschlüssen induziertem Spontanbruch bei Einscheibensicherheitsglas wird ESG einer Heißlagerung unterzogen. In der zwischenzeitlich bauaufsichtlich abgelösten Bauregelliste waren für diese Untersuchung spezielle Vorgaben, wie beispielsweise die Haltezeit und die Prozesstemperatur, definiert. Ferner wurde eine Fremdüberwachung vorgeschrieben. Hierdurch wurde die Versagenswahrscheinlichkeit von ESG-H gegenüber heißgelagertem Glas nach EN 14179-2: Glas im Bauwesen – Heißgelagertes thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheibensicherheitsglas – Teil 2: Produktnorm deutlich erhöht.

Solche nationalen Zusatzanforderungen in der Bauregelliste wurden bekanntlich mit dem Urteil C-100/13 des Europäischen Gerichtshofes vom 16. Oktober 2014 für unzulässig erklärt, sodass es das Produkt „ESG-H” als deutsche Besonderheit heutzutage nicht mehr gibt. Durch Umsetzung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (MVV TB) vom 31. August 2017 wird die Anwendung von heißgelagerten Einscheibensicherheitsverglasungen nach EN 14179-2 derart eingeschränkt, dass sie, wenn deren Oberkante mehr als vier Meter über Verkehrsflächen liegt, nur in Mehrscheiben-Isolierverglasungen angewendet werden kann oder konstruktive Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Versagensfall notwendig sind.

Eigenständige Vorgaben zur Durchführung der Heißlagerung können hingegen in der MVV TB nicht getroffen werden, sodass die Anwendung von heißgelagertem ESG derzeit eingeschränkt ist. Im jüngsten Entwurf der DIN 18008-2: Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln – Teil 2: Linienförmig gelagerte Verglasungen vom Januar 2019 heißt es dahingehend, dass im Falle von für Vertikalverglasungen verwendbaren Glasarten monolithische Einfachgläser oder äußere monolithische Scheiben von Mehrscheibenisolierverglasungen (MIG) aus ESG und heißgelagertem ESG aufgrund der erhöhten Versagenswahrscheinlichkeit durch Nickelsulfid-Einschlüsse nur eingebaut werden dürfen, wenn deren Oberkante unter vier Meter über Verkehrsflächen liegt.

Davon abweichend dürfe heißgelagertes ESG als monolithisches Einfachglas oder äußere monolithische Scheiben von MIG ohne Begrenzung der Einbauhöhe eingebaut werden, wenn durch geeignete Maßnahmen die Versagenswahrscheinlichkeit durch Nickelsulfid-Einschlüsse so reduziert wird, dass Verglasungskonstruktionen ausreichend sicher errichtet werden können. Ferner werden im Entwurf der Anwendungsnorm in Anhang C diese Maßnahmen beschrieben, woraus sich bei Anwendung dieser Vorgaben die Notwendigkeit einer Fremdüberwachung ableiten lässt.

Der Bundesverband Flachglas (BF) und die Gütegemeinschaft Flachglas (GGF) sind daran bestrebt, dass das bewährte Produkt ESG-H auch in Zukunft noch mit geprüfter Sicherheit verwendet werden darf. So hat man bereits die Arbeit aufgenommen und Güte- und Prüfbestimmungen für ESG-HF, also heißgelagertes ESG mit Fremdüberwachung, erstellt. Hierzu wurde auch mit solchen Prüfinstituten kooperiert, welche bereits unter der Bauregelliste die Fremdüberwachung durchgeführt haben.

Fachwissen zum Thema

Bruchbild von Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG)

Bruchbild von Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG)

Funktionsgläser

Einscheibensicherheitsglas (ESG)

Oberflächenschäden (schematisch)

Oberflächenschäden (schematisch)

Herstellung/​Eigenschaften

Festigkeit von Glas

Bruchbild infolge von Nickelsulfid-induziertem Spontanbruch

Bruchbild infolge von Nickelsulfid-induziertem Spontanbruch

Schäden

Spontanbruch von ESG durch Nickelsulfid-Einschluss

Körper 1 (elastisch)

Körper 1 (elastisch)

Funktionsgläser

Thermisches Vorspannen von Glas

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
BauNetz Wissen Glas sponsored by:
Saint-Gobain Glass Deutschland