Mineralbad & Spa Samedan

Treppauf, treppab im Schachtelbad

Wer den kleinen Wintersport- und Luftkurort Samedan im Herzen des schweizerischen Oberengadins besucht, der gelangt irgendwann unweigerlich auf den historischen Dorfplatz. Zwischen den gut erhaltenen Gebäuden aus dem 16. und 17. Jahrhundert fällt vor allem die Barockkirche mit ihrem zierlichen Turm ins Auge. Direkt an ihre Rückwand schließt ein Neubau an, von dem man zunächst annehmen könnte, dass es sich um eine Erweiterung des Kirchenbaus handelt. Doch weit gefehlt: Nicht dem lieben Gott wird hier gehuldigt, sondern dem Körper – und zwar all derer, die das Mineralbad & Spa Samedan besuchen, das sich in diesem Gebäude befindet. Geplant wurde es von Miller und Maranta Architekten aus Basel, die den zuvor ausgelobten Wettbewerb gewonnen hatten.

Das Heißbad ist mit Steingutfliesen in Gelbgrün gefliest
Insgesamt 26 Farbglasuren wurden eigens für das Mineralbad entwickelt, hier das dunkle Grünblau des Ruheraumes im 2. Obergeschoss
Die Architekten fügten das Gebäude behutsam in das bestehende Ortbild ein und gaben ihm gleichzeitig eine Gestalt, die sich selbstbewusst gegen die bestehende Bebauung behauptet

Den Architekten war es wichtig, den Neubau behutsam in das Ortsbild einzufügen. Im Süden des Dorfplatzes gelegen, rückten sie ihn ein wenig von der schmalen Straße ab und ordneten seine Traufhöhe denen der Kirche und der Nachbarhäuser unter. Gleichzeitig gaben sie dem Haus eine Gestalt, die sich selbstbewusst gegen die bestehende Bebauung behauptet. Statt verzierter Fassaden und der in der Region typischen Vordächer besitzt es ein Flachdach mit schmaler Dachkante. Auffallend sind einzig die bunt gefliesten Rahmen um die unregelmäßig über die weiß verputzte Fassade verteilten Fenster.

Weil das Grundstück nur wenig Platz bot, entschieden sich Bauherr und Architekten für eine ungewöhnliche Raumanordnung. Anstelle der sonst üblichen Flächenausdehnung sind hier die Räume vertikal auf drei Ober- und zwei Untergeschossen verteilt. Labyrinthartig werden die Besucher treppauf, treppab durch Kammern, Nischen und Höfe bis hinauf aufs Dach geführt. Das Wasser kommt aus einer schwefel- und kalziumhaltigen Mineralquelle, die bei einer Bohrung während der Bauarbeiten in 35 m Tiefe entdeckt wurde – ein Glücksfall für die Betreiber, die sich seitdem Mineralbad nennen dürfen.

Der Eingang ist eher unscheinbar in die Fassade eingelassen. Durch gläserne Schwingtüren gelangen die Besucher zunächst in einen kleinen Empfangsraum und dann weiter ins erste Untergeschoss, wo in rotbraun glänzendem Redwoodfurnier insgesamt 130 Garderoben flächenbündig in die Wände eingelassen sind. Dann geht es wieder hoch ins Erdgeschoss, wo sich das acht Meter hohe Alpenbad befindet, um das herum eine Folge von Dampfbädern unterschiedlicher Größe angeordnet ist. Im ersten Obergeschoss gibt es ein Sprudelbad mit riesigem Lüster an der Decke, daneben in einem hohen, schlauchartigen Raum das Heißbad. Wieder eine Etage höher befinden sich Ruheräume mit und ohne Nischen, außerdem die Arvenstube und die Lärchenschatulle. Der letzte Gang führt ins Dachgeschoss mit kleinem Außenbecken und Liegen auf der Dachterrasse, die im Sommer zum Sonnenbaden einladen. Ganzjährig lässt sich im 35°C warmen Wasser liegend, der Blick auf das Bergpanorama genießen. Tief in der Erde dagegen liegt das zweite Untergeschoss. Hier sind eine Werkstatt und die Technik untergebracht. Dazu gehören Steuer- und Überwachungsmaschinen, eine Wasseraufbereitungsanlage, mehrere Heizkessel, Pumpen und Filter.

Die äußeren Fensterrahmen deuten schon ein wenig daraufhin, was die Badenden im Inneren des Gebäudes erwartet – nämliche viele bunte Fliesen. Jeder Baderaum leuchtet in unterschiedlichen Farbtönungen von Gelb über Grün zu Rot. Die besondere Wirkung der keramischen Wand-, Boden- und Deckenverkleidungen wird durch die gezielte Lichtführung noch hervorgehoben. Durch Fensteröffnungen und Oberlichter fällt mal direktes, mal indirektes Sonnenlicht in die Badekammern. Ergänzt wird es von Leuchten, die in den Wasserbecken installiert sind. Eine Ausnahme in der Raumgestaltung bilden die Lärchenkammer und die Arvenschatulle im zweiten Obergeschoss, die statt mit Fliesen komplett mit Holz verkleidet sind. Mit dieser Entscheidung wollte der Bauherr dem einheimischen Handwerk Respekt zollen.

Fliesen und Platten
Wände, Decken und Böden der Badekammern sind mit handgefertigten Steingutfliesen in unterschiedlichen Farben bedeckt. Dabei hat jedes Bad einen anderen Farbverlauf: Gelbtönungen sind es im Alpenbad, ein tiefdunkles Rot im Sprudelbad, ein helleres in den Dampfbädern. In einem dunklen Grünblau ist der Ruheraum gefliest und im Heißbad taucht der Badende in helles Grüngelb. Alle Farbglasuren wurden eigens für dieses Objekt entwickelt. Nachdem der Hersteller zahlreiche Muster angefertigt hatte, entschieden sich die Planer für insgesamt 26 unterschiedliche Ausführungen. Ausgenommen von dem Farbenspiel sind der Eingang und die Treppenhäuser, die alle mit grauen, matten Fliesen bedeckt sind.

Die bunten Steingutfliesen variieren nicht nur in ihren Farben, sondern auch in ihren technischen Eigenschaften. Während Wände und Decken mit flächenebenen, glänzend glasierten Fliesen ausgekleidet sind, verfügen die keramischen Bodenbeläge über rutschhemmende Oberflächen, die auch bei Nässe Trittsicherheit gewährleisten. Neben dem quadratischen Standardformat von 13,5 x 13,5 cm kamen Formteile für Rinnen, Kehlsockel und Luftauslässe zum Einsatz, die farblich passend ebenfalls von Hand gefertigt wurden. Gebrannt wurden alle Keramikelemente bei 1.100°C, der Brandvorgang dauerte zwei Tage. Die Glasur sorgt für eine gute Beständigkeit, vor allem gegen die chemischen Einflüsse des schwefelhaltigen Quellbadewassers. Außerdem macht sie die Fliesen schmutzunempfindlich und reinigungsfreundlich. Die Verlegung erfolgte im englischen Verband, d.h. jede Fliese wurde um die Hälfte versetzt parallel verlegt. Als Vorlage für die Fliesenleger dienten plakatgroße Verlegepläne der Architekten.

Handgefertigte Keramik rahmt auch die Fenster im Außenbereich. Hier kamen Steinzeugfliesen zum Einsatz, die wegen ihrer geringen Wasseraufnahme (unter 3%) frostbeständig sind. Auch das Außenbecken auf dem Dach des Mineralbades wurde mit diesem Material gestaltet.

Bautafel

Architekten: Miller & Maranta, Basel
Projektbeteiligte: Jürg Buchli, Haldenstein (Tragwerksplanung); Kuster & Partner, Chur (Bauphysik); Grünig & Partner, Liebefeld (Sanitär- und Bädertechnik); Energieatelier, Thun (Heizung, Lüftung); Hilpert, Fulda (Fliesenhersteller Baderäume); Hess, Liestal und Staub Plattenbelege, St. Moritz (Fliesenleger)
Bauherr: CS Anlagestiftung Real Estate Switzerland / Andreas Roth, Zürich
Entwickler und Betreiber: Roger Bernet und Peter Arnold von der Firma Acqua-Spa-Resorts, Mineralbad & Spa Samedan
Fertigstellung: 2011
Standort: Dorfplatz, San Bastiaun 3, 7503 Samedan
Bildnachweis: Blue Water Com, Unterkulm

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