Messmethoden bei der Überwachung

Qualitätssicherung und Überwachungsmaßnahmen bei der Produktion und dem Einbau sind notwendig, um die im Bauwesen üblichen Sicherheiten tatsächlich auch im Bauwerk zu gewährleisten. Die Grundlage hierfür sind u.a. auch spezielle messtechnische Verfahren im Glasbau.

Ecke von ESG im Polarisator

Zunächst interessieren die Festigkeiten der verwendeten Gläser. Bei Floatglas wird die Biegefestigkeit von Floatglas in einem speziellen Doppelring-Biegeversuch ermittelt. Durch den Versuchsaufbau wird gewährleistet, dass festigkeitsmindernde Einflüsse aus Kantenschädigung bei der Qualitätsprüfung ausgeschlossen werden. Bei der Ermittlung der Biegefestigkeit von thermisch vorgespannten Gläser spielen Kanteneinflüsse eine untergeordnete Rolle. Daher erfolgt die Materialprüfung von Einscheibensicherheitsglas (ESG) und teilvorgespanntem Glas (TVG) in einem Vierpunkt-Biegeversuch. Hierbei muss angemerkt werden, dass für Float- und Ornamentgläser bislang keine Eigen- oder Fremdüberwachung vorgeschrieben ist, während die Biegefestigkeit von ESG durch eine anerkannte Prüfstelle kontrolliert werden muss.

Bei thermisch vorgespannten Gläsern spielt die Qualitätskontrolle des Vorspanngrades eine entscheidende Rolle. Die eingeprägte thermische Vorspannung von ESG und TVG kann relativ leicht nachgewiesen werden. Bei dem Vorspannprozess entstehen beim Abkühlvorgang Membranspannungen, die im Bereich von Kanten, Ecken oder Bohrungen mittels zweier Polarisationsfilter optisch sichtbar gemacht werden können und somit eine einfache Sichtprüfung von vorgespanntem Glas auch auf der Baustelle ermöglichen. Diese Methode lässt jedoch keine Aussagen über die effektive Höhe der Vorspannung zu. Hierzu müssen aufwändigere spannungsoptische Messmethoden angewendet werden. Bei diesen spannungsoptischen Messverfahren wird der optische Effekt der Doppelbrechung ausgenutzt. Durch den eingeprägten Spannungszustand wird aus dem sonst isotropen Glaskörper ein Stoff mit ausgeprägten optischen Richtungen, die messtechnisch erfasst werden können. Die entstehenden Kantenmembranspannungen werden durch die Verwendung eines Polarisators sichtbar. Aus den entstehenden farbigen Inteferenzmustern der Isochromaten kann die Vorspannung mittels entsprechend kalibrierter Messinstrumente bestimmt werden. Mit Hilfe eines Differential-Refraktometers kann der Vorspanngrad an der Oberfläche ermittelt werden.

Aufgrund des sogenannten Mirage-Effektes kann bei vorgespanntem Glas, das im Floatverfahren hergestellt wurde, eine weitere Messmethode angewendet werden. Während des Floatprozesses wandern auf der Zinnbadseite Zinnionen in das Glasgefüge und verändern die optischen Eigenschaften im oberflächennahen Bereich (ca. 10 μm). Der Brechungswinkel verändert sich hierbei von der Oberfläche zur Mitte hin und führt zu einer Ablenkung der Lichtstrahlen, so dass diese teilweise wieder aus der Oberfläche austreten. Aus den hierbei entstehenden Interferenzeffekten kann der Grad der Vorspannung mittels eines Epibiaskops oder eines Stratorefraktometers ermittelt werden.

Eine weitere laseroptische Messmethode stellt das Laser-Streulicht verfahren dar. Beim Vordringen von zirkularpolarisiertem Licht in einem optisch trüben Medium wird der Lichtstrahl etwas gestreut. Beim Durchgang durch das vorgespannte Glas wird dieses Licht elliptisch polarisiert und erfährt dadurch räumlich eine Veränderung der Intensität entlang des Lichtstrahles, die fotografisch aufgenommen werden kann. Aus den Veränderungen der Lichtintensität kann die Vorspannung ermittelt werden.

Auch durch eine Zerstörung von vorgespannten Scheiben können Rückschlüsse über den Grad der eingeprägten Vorspannung aus dem Bruchbild gezogen werden. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der in der Scheibe durch die Vorspannung gespeicherten Energie und der beim Bruch entstehenden Oberfläche. Bei dem Bruch von ESG liegt die Anzahl der Bruchstücke etwa zwischen 50 und 300 pro 25 cm². Bei einem niedrigeren Vorspanngrad, wie dies bei TVG der Fall ist, entsteht nur eine geringe Anzahl von größeren Bruchstücken, die dem Bruchbild von Floatglas ähneln. Der Zusammenhang zwischen Bruchstückgröße und Vorspanngrad ist stark nichtlinear, so dass ein relativ scharfer Grenzbereich zwischen großflächigen und krümeligen Bruch besteht. Aussagen über die Qualität der Vorspannung sollten sowohl mittels spannungsoptischer Messungen als auch durch Beurteilung von Bruchbildern erfolgen.

Für die Kontrolle der Maßhaltigkeit von Bauteilen können je nach erforderlicher Genauigkeit verschiedene Messinstrumente verwendet werden. In vielen Fällen sind Metermaß, Schieblehre oder ein Dickentaster für eine einfache Kontrolle bei der Fertigung und auf der Baustelle völlig ausreichend. Die Glasstärken können durch optische und laseroptische Dickenmesser ermittelt werden. Eine einfache Methode bieten Messstreifen, die unter einem Winkel von 45° an die Scheiben gehalten werden und unter Ausnutzung der Spiegelungen eine direkte Überprüfung der Scheibendicken ermöglichen.

Bei speziellen Bauteilversuchen oder Kontrollen vor Ort können Dehnungen mittels Dehnungsmessstreifen (DMS), beispielsweise im Bohrlochbereich, gemessen werden und lassen damit eine Beurteilung der lokalen Beanspruchung zu. Für die Messung von Schlupf und Dehnungen bei Verbindungen im Rahmen der Fügetechnik haben sich induktive Wegaufnehmer bewährt.

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Bruchbild von Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG)

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Gussglas am Haus der Zukunft (Futurium) in Berlin, Architekten: Richter Musikowski

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Repräsentatives Bruchbild von teilvorgespanntem Glas (TVG) nach DIN EN 1863

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Teilvorgespanntes Glas (TVG)

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