Kunstzentrum Buda in Kortrijk

Umbau einer Textilfabrik mit hellen Wasserstrich-Klinkern

Der alte Stadtkern von Kortrijk in der belgischen Provinz Westflandern heißt nach ungarischem Vorbild Buda und ist eine Insel im Fluss Leie. Die Stadt prosperierte einst durch vom Flusslauf abhängige Industrien wie Brauereien oder Fabriken, in denen Textilien gefärbt und gebleicht wurden. Das Geschäft mit der Textilfabrikation findet inzwischen längst woanders statt, aber die weitläufigen Etagen der ehemaligen Budafabriek aus den 1920er Jahren lassen sich gut auch mit ganz Anderem füllen. Nach einem Umbau durch die Architekten Johan Anrys und Freek Persyn vom Brüsseler Büro 51N4E wird an der Kapucijnenstraat in Kortrijk jetzt Kunst produziert und präsentiert.

Die offene Vorhalle aus hellem Backstein markiert den Umbau der alten Textilfabrik zum Kunstzentrum
Zwei hohe Räume auf fünfeckigem Grundriss sind die wesentlichen Elemente der Transformation
Im Stadtraum sichtbar ist einer von ihnen: die hell gemauerte offene Vorhalle

Zwei hohe Räume auf fünfeckigem Grundriss, jeweils gemauert aus hellem Backstein, sind die wesentlichen Elemente der Transformation. Der eine markiert den Eingang des neuen Kunstzentrums und ist eine nach oben offene Vorhalle, ein ummauerter Außenraum, der etwas sperrig zwischen den bestehenden dunkelroten Backsteingebäuden sitzt. Sein Äquivalent ist ein ebenso hoher Treppenraum im Inneren des alten Fabrikgebäudes, der die Flächen auf vier Geschossen neu organisiert und um sich versammelt und gleichzeitig, weil auch er partiell nach oben offen ist, Tageslicht in das tiefe Gebäudevolumen leitet.

In den neu eingerichteten Studios, Ausstellungsräumen und Werkstätten wird gearbeitet – auch Artists in Residence können hier ein Domizil beziehen – und ausgestellt. Es gibt ein Kunstlabor, Vorführräume für Filme und Musikveranstaltungen und eine Dachterrasse, von der aus das insgesamt introvertierte Fabrikgebäude jetzt wieder im Zusammenhang mit der Stadt gelesen werden kann.

Mauerwerk

Die beiden deutlichen Setzungen – der Eingangspavillon und der Treppenraum – sind nicht nur als Figur und Raumform geometrisch analog, sondern auch mit den gleichen Mitteln materialisiert worden. Der nach oben offene Eingangsraum ist ein Neubau und innen- wie außenseitig aus einem eigens produzierten Wasserstrichziegel in einem blassen Gelbton (Apricum heißt die Farbe beim Hersteller) gemauert. Die unregelmäßig hellen Steine mit weich wirkender Oberfläche kontrastieren mit den dunkelrot gebrannten Ziegeln der alten Nachbargebäude, die aufgrund ihres Alters aber ebenfalls farbige Schattierungen und eine strukturierte Oberfläche aufweisen. Die Steine sind im Märkischen Verband vermauert mit jeweils sechs Läufern und einem Binder pro Lage und sorgfältigen Eckausbildungen. Mit der durch den Mauerverband und das Steinformat erzeugten Textur der neuen Wand wird ebenfalls eine Verwandtschaft zu den Nachbargebäuden hergestellt.

Im Inneren der alten Textilfabrik sind bereits die Wände der Erdgeschosspassage, die von der neuen Eingangsvorhalle zum hohen Treppenraum führt, mit dem neu eingeführten blassgelben Klinker verkleidet. Im Treppenraum selbst ist das bestehende und hier sichtbare Stahlbeton-Tragwerk weiß gestrichen und mit dem gelben Klinker ausgefacht worden. Im Inneren der alten Textilfabrik ist die Farbwahl für den neuen Ziegel keinesfalls auf Kontrast angelegt. Hier sind auf zahlreichen Geschossen die historischen Ziegeldecken erhalten, saniert und gereinigt worden. Deren großformatige Ziegel, die am Boden und in den Deckenuntersichten auftauchen, harmonieren farblich mit dem neu eingeführten Wasserstrichklinker.

Bautafel

Architekten: 51N4E, Brüssel
Projektbeteiligte: BAS Dirk Jaspaert, Leuven (Tragwerksplanung); Studiebureau Boydens, Groot Bijgaarden (Bautechnik); Asteria Energy Consulting, Brüssel (Bauphysik); Group Monument, Ingelmunster (Bauunternehmen); Ziegelei Hebroek, Natrup-Hagen (Ziegelhersteller)
Bauherr: Stadt Kortrijk
Fertigstellung: 2012
Standort:
Kapucijnenstraat 10, 8500 Kortrijk, Belgien
Bildnachweis: Filip Dujardin, Belgien und Paul Steinbrück, Brüssel

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