Kulturschule in Rakkestad

Von der Tragstruktur bis zur Dämmung aus Holz

Tanzen, Musizieren und Malen – das kann in der neuen Kulturschule im norwegischen Rakkestad gelernt werden. Als der Gemeinderat den endgültigen Standort des Neubaus festlegte, wurde auch entschieden, das Gebäude überwiegend in Holz zu errichten. Geplant haben die Kulturskole schließlich die beiden Architekturbüros Oslotre und Fragment. Im Herbst 2021 wurde sie nach nur einem Jahr Bauzeit eröffnet.

Der Neubau flankiert den vorhandenen, podestartigen Platz und schirmt ihn von den benachbarten Parkflächen ab.
Der gestufte Baukörper ist gegliedert in einen eingeschossigen Teil mit 4,80 Metern Deckenhöhe und einen zweigeschossigen mit ca. 3 Metern hohen Räumen.
Dem Platz zugewandt sind große, einladende Glasflächen, entlang derer der Hauptgang und Gemeinschaftsräume, in denen sogar gekocht wird, zu finden sind.

Die rund 8.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Kleinstadt in Südostnorwegen zählt zu den landwirtschaftlich bedeutendsten des Landes. Vor allem Getreideanbau, Milchproduktion sowie Rinder- und Schweinehaltung sind hier wichtig, aber auch die Forstwirtschaft spielt eine Rolle. Locker bebaute Wohngebiete und ein großes Gewerbegebiet werden von einer Hauptstraße und einer Bahntrasse durchzogen. Nicht weit vom Bahnhof entfernt befindet sich das Rat- und Kulturhaus, in dem neben der Gemeindeverwaltung auch ein Kino, eine Bibliothek, ein lokalhistorisches Archiv sowie Konferenz- und Veranstaltungsräume untergebracht sind. Mit der Kulturschule wurde das Raumangebot für Musik-, Tanz- und Kunstunterricht für Kinder und Jugendliche erweitert. Außerdem kooperiert die Schule mit Theatergruppen und verschiedenen Schulkorps, den in Norwegen verbreiteten Musikkapellen aus Schülerinnen und Schülern, die zum Beispiel bei Festumzügen zum Nationalfeiertag auftreten.

Viele Funktionen geschickt geordnet
Nicht nur programmatisch, sondern auch städtebaulich wurde das bestehende Ensemble sinnvoll ergänzt: Das kompakte Volumen flankiert den bereits vorhandenen, podestartigen Platz nun an einer dritten Seite und trennt ihn so von den Parkflächen. Zu dem neu gebildeten Forum hin orientiert sind der Haupteingang und die großzügigen Glasflächen in der Holzfassade, hinter denen das Kochen und Speisen in den Gemeinschaftsräumen sichtbar ist, vor allem in den langen, dunklen Wintern Norwegens. 

Von außen als Stufe erkennbar, gliedert sich der Baukörper in einen eingeschossigen Teil mit 4,80 Metern Deckenhöhe und einen zweigeschossigen mit ca. 3 Meter hohen Räumen. Ein Kern mit Treppe und Aufzug, Umkleidekabinen, Leitungsschächten und Technikräumen verbindet die beiden Ebenen. Er ist umgeben von einem Korridor, der es ermöglicht, sich im Gebäude zu bewegen, ohne die angrenzenden Räume zu stören, in denen möglicherweise eine Zeichen- oder Ballettstunde stattfindet. Entlang der Fassade angeordnet sind ein Gemeinschaftsraum mit Küche, ein Aufnahmestudio, ein Atelier, ein Werkraum sowie im eingeschossigen Teil ein Probensaal mit Spiegelwand und ein 76 Quadratmeter großer Aufführungsraum. Im Obergeschoss befinden sich ein zweiter Gemeinschaftsraum sowie vier weitere Probenräume. Insgesamt verfügt die Kulturschule über 704 Quadratmeter Nutzfläche. 

Holzbaustoffe in fast allen Bereichen
Dass hier ausgerechnet mit Holz gebaut wurde, ist kein Zufall. Bereits 2015 ergriff die ehemalige Bürgermeisterin von Rakkestad, Ellen Solbrække, die Initiative und startete die landesweite Kampagne „Bürgermeister für Holz“. Ziel ist, Holz als Baustoff für kommunale Bauten zu fördern, um so die Treibhausgasemissionen zu verringern. Mittlerweile hat die Stadtverwaltung von Rakkestad sich verpflichtet, bei gemeindeeigenen Projekten nur noch Holzbauten zuzulassen.

Die tragende Struktur der Kulturschule bilden Elemente aus Brettsperrholz (Englisch: CLT = Cross Laminated Timber). An den Außenwänden steht davor eine Holzständerkonstruktion, auf der dampfdiffusionsoffene, winddichte Holzspanplatten montiert sind. Diese Konstruktion ist notwendig, um die Einblasdämmung aufzunehmen. Der Abschluss besteht aus einer hinterlüfteten Fassadenkosntruktion aus zwei Schichten Konterlattung und einer stehenden Kiefernholzverschalung. Die gesamte Konstruktion ruht auf einem schmalen, zurückspringenden Betonsockel, der den Geländeunterschied zwischen Forums- und Parkplatz überwindet.

Strukturiert wird die Holzfassade durch hervortretende, liegende und stehende Latten. Sie bilden vier übereinanderstehende Bänder aus, von denen die unteren zwei mit stehenden Latten in einem Raster von 120 cm das Erdgeschoss andeuten, die oberen zwei das Obergeschoss. Hier stehen die Latten in einem Raster von 60 cm. Diesen Rhythmen folgen auch alle Öffnungen.

Im Innenraum sind viele der CLT-Oberflächen sichtbar belassen. Einige Decken und Wände sind bekleidet mit Holzlamellen. Sie dienen der Raumakustik, verbergen jedoch auch das Lüftungssystem ohne sichtbare Geräte oder Gitter. Farbakzente in den Haupträumen sind der grün gesprenkelte Terrazzoboden und die roten Akustik-Textilvorhänge.

Dämmstoffe: Holzfasern für Akustik und Wärmeschutz 
Die verschiedenen Musikinstrumente und ihre Anforderungen an Akustik und Schalltrennung zwischen den Proberäumen waren eine Herausforderung in der Entwurfs- und Bauphase. Um die Flankenübertragung zu minimieren, sind die Trainingszellen eine Box-in-Box-Konstruktion, sodass sich keiner der Räume direkt berührt. Die Innenschale weist eine abgehängte Decke und schräge Wandflächen mit 7 bis 10 Grad Neigung auf, um den Klang zu optimieren. Zwischen den Schalen wurde zusätzlich mit Kiefernholzfasern gedämmt.

Ähnlich gedämmt sind die Außenwände, wo die Fasern in die Zwischenräume der vorgesetzten, 20 cm tiefen Holzrahmenkonstruktion eingeblasen wurde. Die Dämmschicht weist einen Nennwert der Wärmeleitfähigkeit λD von 0,038 W/mK auf. Bituminierte, winddichte DWD-Platten aus Holzspänen schützen die Dämmschicht vor Feuchtigkeitseintrag durch Kondenswasser und reduzieren Wärmebrücken. Die Wärmeleitfähigkeit der 2,5 cm starken Platten beträgt von 0,045 W/mK. -ml

Bautafel

Architektur: Oslotre, Oslo; Fragment, Oslo
Projektbeteiligte: Bekkevold, Askim (Bauunternehmen); Nils Skaarer, Rakkestad (Landschaftsarchitektur); Ny Struktur, Oslo (Statik); Rambøll, Oslo (Akustikplanung); SWECO Norge, Oslo (Brandschutzplanung); LINK Arkitektur, Oslo (Lüftungsplanung); WSP Norge, Oslo (Elektroplanung); Hunton Fiber, Gjøvik (Hersteller Holzfaserdämmung); Morten Bråthen, Askim (Grundarbeiten); Paul Messa, Rakkestad (Dachdecker); Regnbuen Malemesterbedrift, Oslo (Malerarbeiten); Respo, Oslo (Hersteller Terrazzo); Splitkon, Åmot (Hersteller Massivholzelemente); Stangeskovene (Außenverkleidung); H-Fasader Glassteam, Skodje (Glasfassade); Vidar Østre, Slitu (Außenanlagen); AUBO (Hersteller Küchen); Avar Security Norway (Hersteller Türen); Kone (Hersteller Aufzug); Caverion Norge (Automatisierung und Installationslüftung); Rørlegger'n Mysen, Mysen (Klempnerarbeiten)
Bauherr/in: Gemeinde Rakkestad
Standort: Rådhusveien 8, 1890 Rakkestad, Norwegen
Fertigstellung: 2021
Bildnachweis: Kyrre Sundal, Oslo (Fotos); Oslotre, Oslo (Pläne)

Fachwissen zum Thema

Holzfasern werden durch das mechanische Zerfasern von entrindetem Restholz aus der Sägeindustrie gewonnen.

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Dämmstoffe

Holzfasern

Je nach Anwendungsgebiet, kommen unterschiedliche Dämmstoffe in Frage.

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Grundlagen

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