Kita Kinderuniversum des KIT in Karlsruhe

Außenwände aus hochdämmendem Leichtbeton mit Innendämmung

Aus einem Zusammenschluss der Universität mit dem Forschungszentrum Karlsruhe entstand im Jahr 2009 das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der erklärtermaßen hohe wissenschaftliche Anspruch dieser Einrichtung erstreckt sich von der Grundlagen- bis zur angewandten, industrienahen Forschung und deckt die Bandbreite von Ingenieur- und Natur- bis zu Geistes- und Sozialwissenschaften ab. Um als Arbeitgeber für die entsprechend qualifizierten Wissenschaftler unabhängig von deren Familienplanung attraktiv zu sein, sollte eine Kindertagesstätte in den Campus eingebunden werden. Auf einem Areal direkt am Durlacher Tor, einem Verkehrsknotenpunkt östlich der Innenstadt, errichteten die Berliner Architekten Bruno Fioretti Marquez mit dem Kinderuniversum ein Gebäude, das äußerlich ganz untypisch für eine solche Nutzung ist.

Westfassade mit Eingang: Hinter den schrägen Fensterlaibungen aus Aluminiumlochblech befinden sich die Lüftungsflügel
Die Einfassungen der Fenster und die feinen Gitternetze vor den Loggien bilden einen feinen Kontrast zur Fassade aus Sichtbeton
Kita Kinderuniversum des KIT in Karlsruhe

Platziert ist der kompakte viergeschossige Solitär auf annähernd quadratischem Grundriss zwischen der östlichen Blockrandbebauung und einem denkmalgeschützten Ensemble im Westen, das im frühen 20. Jahrhundert als Kinderklinik diente, in den 1960er-Jahren durch ein Schwesternwohnheim ergänzt wurde und heute durch das KIT u.a. als Studentenwohnheim genutzt wird. Südlich schließt die vielbefahrene Karl-Wilhelm-Straße an das Kitagrundstück an, im Norden das Freigelände. Der Neubau ergänzt die bestehenden Strukturen: zum einen soll er einen wirksamen Schallschutz für den dahinterliegenden Park bilden, zum anderen möglichst viel Sonnenlicht in die Gruppenräume leiten.

Den Architekten gelingt das mithilfe eines monolithisch wirkenden Bauwerks, dessen starke Mauern aus Sichtbeton verhältnismäßig kleine, aber tiefe Öffnungen mit teilweise abgeschrägten Laibungen aufweisen. Sie konzipierten den Grundriss windmühlenartig mit länglichen Raumeinheiten, die um einen zentralen Lichthof angeordnet sind. Jeweils ein Gruppenraum mit Nebenräumen bildet eine Einheit, die sich an den Gebäudeecken zu zwei Seiten orientiert. Dazwischen befinden sich tiefe Loggien, die Tageslicht ins Gebäude führen und zugleich Freibereiche mit unterschiedlichen Ausblicken darstellen. An der Westseite führt der Eingang in ein zentrales, durch Oberlichter erhelltes Foyer. Darüber liegt ein vom ersten Obergeschoss direkt begehbares Atrium. Großzügige Erschließungszonen rund um diesen Innenhof sind flexibel bespielbar und durch die Loggien erweiterbar. Das gesamte Raumprogramm für insgesamt 9 unterschiedlich große Gruppen (zwischen 10 und 20 Plätzen) mit Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren sowie Personal und Verwaltung verteilt sich auf ein Untergeschoss (mit Sport-, Lager- und Technikräumen) und die vier oberen Ebenen. Die Räume sind rotierend um Foyer und Hof angeordnet, sodass Fenster und Loggien innerhalb der Fassade verspringen. Zwei Treppenhäuser liegen an der Ost- und der Westseite neben den Loggien (bzw. dem Eingang im EG), so dass sich kurze (Flucht-) Wege ergeben.

In den Erschließungszonen dominiert Sichtbeton, während Gruppen-, Personalräume und Bäder dezent farbig angelegt sind. Eine ummauerte Dachterrasse mit großer fensterartiger Öffnung, die mit einem Stahlnetz bespannt ist, bildet den oberen Abschluss nach Süden und dient als Freibereich, wenn der Garten bereits verschattet ist. Dessen Gestaltung konzentriert sich vornehmlich auf die Ränder: mit einer hölzernen Spielwand gen Osten, einer magnetischen und polierten, mit Edelstahl bekleideten Mauer im Norden und breitem Heckenbewuchs an der Westseite, der mit Durchbrüchen und kreisförmigen Lichtungen Spielflächen birgt.

Bauphysik
Die Anforderungen der EnEV 2009 wurden gemäß den Auflagen des Landes Baden-Württemberg für Neubauten um 30% unterschritten. Die massiven Sichtbeton-Außenwände aus hochdämmendem, hydrophobisiertem Leichtbeton (408 mm) sind innen mit 160 mm Mineraldämmplatten versehen und verputzt. Aufgrund der Innendämmung mussten viele Details besonders sorgfältig ausgeführt werden, z.B. die Einbindung der Stahlbetondecken in die Außenwand. Da die Dämmung dort komplett durchstoßen und auch die Außenwand geschwächt wurde, war eine zusätzliche Dämmung an den Stirnseiten der Decken erforderlich, um zu geringe Temperaturen in Kanten oder Ecken im Gebäude und damit mögliche Schimmelbildung zu verhindern. Für den Wechsel von der Innendämmung der Außenwand auf die Außendämmung der Kellerwand wurde die Dämmung teilweise innen überlappend weitergeführt, um die Wärmebrücke im Übergang zu minimieren.  

Eine ungewöhnliche Lösung fanden die Architekten für die Holzfenster: Deren große Festverglasung (Zweifach-Isolierglas) wird durch einen Lüftungsflügel ergänzt, der äußerlich verborgen hinter einer schrägen Laibung aus Aluminiumlochblech angeordnet ist. Auch ein grauer textiler Sonnenschutz versteckt sich in eingefahrenem Zustand hinter der schrägen Aluminiumbekleidung. Diese Einfassung der Fensteröffnungen bildet einen feinen Kontrast zur rauen Sichtbetonfassade. Holzbalken fassen die Fensterprofile an der Innenseite der Außenwände und bilden den Übergang zur Innendämmung (siehe Abb. 35). Durch die verschiedenen Fenstergrößen, die nicht untereinander sitzen, waren statisch unterschiedlich große Unterzüge erforderlich, die jeweils dämmtechnisch optimiert werden mussten.

Im Gebäude dämpfen Sauerkrautplatten (25 mm Holzwolle-Akustikplatten) an den Decken den Schall von Kinderstimmen und Spielgeräten. Sie sind mit geringem Abstand zu einer 25 mm starken Dämmung an der Stahlbetondecke befestigt und bilden damit als Feder-Masse-System einen sogenannten Plattenabsorber bzw. Plattenschwinger. Der Bodenbelag aus Linoleum ist über einem Heizestrich mit Fußbodenheizung (70 mm) verlegt, darunter verhindert eine 20 mm Trittschalldämmung die Übertragung der Schallwellen ins untere Geschoss. us

Bautafel

Architekten: Bruno Fioretti Marquez Architekten, Berlin
Projektbeteiligte:
Mohnke-Höss Bauingenieure, Freiburg (Tragwerksplanung); Stiess Windbiel Architekten, Karlsruhe (Bauleitung); Capatti Staubach, Berlin (Freianlagen); Die Bauingenieure Clemenz & Brand, Karlsruhe (Bauphysik);
Bauherr:
Land Baden-Württemberg
Fertigstellung:
2013
Standort:
Karl-Wilhelm-Straße 1, 76131 Karlsruhe
Bildnachweis: Atelier Altenkirch, Karlsruhe; Philipp Obkircher, Berlin; Hanns Joosten, Berlin

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