Kirchenzentrum in Basel

Konkave Klinkerfassade

Wie in sanfte Wellen gelegt scheint die Klinkerfassade des Kirchenzentrums in Basel. Der von Lorenz Architekten entworfene Neubau bringt nicht nur Dynamik ins Quartier, sondern auch mehr Platz für eine Nutzungsvielfalt von Gottesdiensten und Wohnen.

Um den Eingang zur Kapelle im Stadtraum zu akzentuieren, haben Lorenz Architekten den mittleren Gebäudeteil von der Baulinie zurückversetzt.
Der Glockenturm unterstreicht die Besonderheit des Kirchengebäudes mit Wohnungen.
Die Klinkerfassade ist durch konkave und konvexe Formen strukturiert.

Unweit des Hafenbeckens von Basel befindet sich die Gemeinde St. Christophorus. Als deren altes Kirchengebäude von 1936 sanierungsbedürftig wurde, wägte man verschiedene Optionen ab. Die Prüfung des Nutzungspotentials dieser Parzelle in der Kleinhünigeranlage ergab, dass ein Neubau und Ersatz eine höhere Ausnutzung und zusätzliche Flächen für weitere Nutzungen bringen würde. So wurde der Altbau 2018 abgerissen und durch einen bemerkenswerten Neubau inmitten der umgebenen Wohnbebauung ersetzt. Die Planung des neuen Kirchenzentrums St. Christophorus lag in den Händen von Lorenz Architekten.

In dem langgestreckten, sechsgeschossigen Neubau sind nun nicht nur Sakralräume wie Kapelle und Saal, sondern auch Gemeinschaftsräume, Büros, zwei Kindergärten, 23 Alterswohnungen und 13 reguläre Mietwohnungen untergebracht. Der Glockenturm überragt dabei die anderen Ebenen um ein Geschoss und bildet den höchsten Punkt in der Straßenflucht. Das vielfältige Nutzungsprogramm bringt einen größeren Maßstab und höhere Dichte ins Quartier. Das neue Kirchenzentrum schließt eine Lücke in der Zeile und vervollständigt damit die Blockrandbebauung der Straße. Die städtebauliche Positionierung überzeugt: Der mittlere Teil des Gebäudes weicht leicht vom Straßenraum zurück und bildet einen breiten Vorplatz, der zwischen der öffentlichen Nutzung im Erdgeschoss, einer neuen Tramhaltestelle und dem Stadtraum vermittelt. Den Rücksprung kombinieren Lorenz Architekten mit dem angrenzenden Glockenturm, um den Zugang zur Kapelle im Erdgeschoss zu markieren. Als Referenz für diese städtebauliche Lösung diente die Antoniuskirche, die 1927 nach Plänen Karl Moser im Basler St. Johann-Quartier gebaut wurde.

Sakrale Stimmung im Andachtsraum
Das zentrale Element im Inneren bildet der hohe, über zwei Geschosse reichende, ovale Andachtsraum. Die Kapelle ist eher zurückhaltend mit Sichtbetonwänden gestaltet und mit hölzernen Möbeln ausgestattet. Das neue Kirchenzentrum überzeugt im Besonderen mit Details und Bezügen, so finden sich beispielsweise im Andachtsraum geschwungene Betonwände, die das Thema der konkaven Straßenfassade wieder aufnehmen. Ein weiteres Gestaltungselement ist Licht: Ein umlaufendes Fensterband auf Höhe des ersten Geschosses sorgt gleichsam wie ein Obergaden für gleichmäßig einfallendes Tageslicht und erzeugt eine sakrale Stimmung. Zum Saal und Foyer hin können die Wandelemente geöffnet und dadurch die Sitzplatzanzahl je nach Anlass und Veranstaltung variiert werden.

Während in den unteren Geschossen die Räumlichkeiten für Gottesdienste, Veranstaltungen, Vereine und Büros untergebracht sind, befinden sich in den oberen Etagen Wohnräume als durchgesteckte Mietwohnungen. Die zusätzlichen Alterswohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss in der Gebäudemitte werden durch Laubengänge erschlossen, die einen Treffpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner darstellen und Ausblick auf das Treiben auf dem Vorplatz bieten.

Konkave Klinkerfassade
Die starke Präsenz des Gebäudes im Stadtraum erreichen die Architekturschaffenden über die rotbraune Klinkerfassade, die sich wellenförmig entlang der Straße ausbreitet und dem Gebäude eine gewisse Dynamik verleiht. Das konkave Fassadenmotiv ergänzen sie mit konvexen Balkongesimsen und erzeugen dadurch ein spannendes Licht- und Schattenspiel sowie eine Rhythmisierung der Fassade. Als Referenz diente das Getreidesilo von Hans Bernoulli aus dem Jahr 1923, welches sich gleich in der Nähe befindet. Der Bezug zu diesem historischen Gebäude beim Hafenbecken 1 bindet den Neubau in den Bestand ein. Die vertikal gegliederte Backsteinfassade setzt sich von den angrenzenden Wohnbauten ab und findet die Balance zwischen profaner Wohnhaus- und sakraler Kirchenarchitektur.

Für die Fassade wählten die Architekturschaffenden Klinker im Dünnformat (240 x 115 x 52 mm), die im Läuferverband verlegt sind. Der Verband lockert sich zur Perforation im Bereich des Glockenturms, um den Klang in den Stadtraum zu führen. Den Gebäudeabschluss bildet ein Attikarücksprung auf dem sechsten Obergeschoss. Von dem entstehenden schmalen Balkon aus können die Bewohnerinnen und Bewohner den Blick auf den Hafen und bis zum Schwarzwald schweifen lassen.

In der Kategorie Öffentliche Bauten wurde das neue Kirchenzentrum von Lorenz Architekten mit dem Best architects 22 award ausgezeichnet. -sh

Bautafel

Architektur: Lorenz Architekten, Basel
Projektbeteiligte: b+p baurealisation, Basel (Bauleitung); Westpol Landschaftsarchitektur, Basel (Landschaft); Jauslin Stebler, Basel (Tragwerk, Brandschutz, Bauphysik und -akustik); Pro I Engineering, Basel (Elektro); Gruner Gruneko, Basel (HLKK); Schmutz+Partner, Basel (Sanitär); Gima, Marklkofen (Klinker)
Bauherr/in: Römisch-Katholische Kirche Basel-Stadt
Fertigstellung: 2020
Standort: Kleinhünigeranlage 25-31, 4057 Basel, Schweiz
Bildnachweis: Lukas Schwabenbauer / Lorenz Architekten, Basel

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