„Haus der Gegenwart" in München-Riem

Gefällelose Dachkonstruktion aus Holzverbundelementen

Wie privat bzw. wie öffentlich wollen wir heute wohnen? Wie sollten 200 m² Wohnfläche geordnet werden, um vier Personen das Zusammenleben in verschiedenen Lebensabschnitten und Konstellationen zu ermöglichen? Wie könnten auf einem 500 m² großen Grundstück hochwertige und zu den Innenräumen kohärente Außenräume entstehen? Lassen sich geborgene Bereiche und großzügige Flächen zu einem flexiblen Gefüge verbinden?

Terrassen mit Holzbelag bilden den oberen Abschluss des Erdgeschosses und die Verknüpfung mit dem Obergeschoss
Detail des Zugangs zu den Dachterrassen von den Gemeinschaftsbereichen des Obergeschosses.
Grundriss Obergeschoss: Die Erschließung erfolgt über die Treppen der drei Erdgeschossboxen, deren Dächer die hölzernen Dachterrassen bilden

Diese Fragestellungen prägten die Überlegungen zum Haus der Gegenwart, zunächst ein Projekt ohne konkreten Ort, Bewohner oder Bauherrn. Entstanden ist ein neuer Typus eines konfigurationsfähigen Wohnhauses. Die gewohnte Struktur des Einfamilienhauses wird auf den Kopf gestellt: Im Haus der Gegenwart liegen die privaten Bereiche im Erdgeschoss und verfügen über separate Eingänge, Bäder und Gärten. Der aufgeständerte zentrale Wohnraum wird von den Individualräumen strukturell und bildlich getragen und verbindet sie räumlich. Die Oberflächen, innen wie außen, haben exemplarischen Charakter. Sie sind, abhängig vom jeweiligen Budget, variabel wählbar.

130 laufende Meter Hainbuchenhecke gliedern die quadratische Grundstücksfläche in Wege und Gärten, offene und umschlossene Bereiche. Zur Mitte des Grundstücks öffnet sich ein großzügiger Vorplatz als Mischung aus überdachtem Entrée und Garage. Eingebettet in die den Vorplatz umgebende Hecke liegen die Erschließungs- und Funktionsflächen des Hauses: Eingänge, Badezimmer, WC, Hausanschlussraum und Waschküche. Die anschließenden Gärten sind den drei privaten Zimmern zugeordnet: Getrennt durch zwei Glasschiebewände wird ein Abschnitt des Heckenzwischenraumes zum Innenraum. Bündige Übergänge zwischen Innen- und Außenbelägen verstärken den Eindruck eines Raumkontinuums. Alle Boxen lassen sich bei Bedarf durch mittige Trennwände unterteilen.

Neben dem Eingang führt eine in den Vorplatz ragende Treppe zum Gemeinschaftsraum im Obergeschoss, dem familiären und geometrischen Zentrum des Hauses. Die drei Treppenöffnungen gliedern die 100 m² große Fläche in die Bereiche Kochen, Essen und Wohnen. Nach Norden, Osten und Süden öffnen sich großformatige Glasschiebetüren zu den hölzernen Decks der Erdgeschossboxen. Im Westen, in Verlängerung des freistehenden Küchenblocks, gibt eine raumhohe Verglasung den Blick auf die Einfahrt und ankommende Besucher frei.

Flachdach
Die drei auf der Erdgeschossebene liegenden Baukörper sind mit einer gefällelosen Dachkonstruktion aus Holzverbundelementen versehen, bestehend aus einer Balkenlage 20/8 cm mit einem Abstand von 62,5 cm. Als Dämmung ist eine Mineralwolleschicht von 20 cm Stärke (WLG 035) zwischen den Holzbalken ausgeführt. Für die zweilagige Abdichtung kommen Elastomerbitumenbahnen zum Einsatz, eine selbstklebende untere Lage mit verschweißten Nähten und eine grünbeschieferte Oberlage.

Die Abdichtung des Flachdachs wird an der Holzattika hochgeführt, die Dächer über je einen Dachablauf und einen Notüberlauf entwässert. Die Holzterrassen der Flachdächer sind mit Holzrosten aus Lärchenholz mit Flächenauflagern auf Bautenschutzmatten belegt. Das Flachdach des im Obergeschoss liegenden Gemeinschaftraums ist analog zum Aufbau der Erdgeschossboxen ausgeführt, jedoch ohne Holzdeck; zudem wurde hier ein Gefälle über die Holzdeckenkonstruktion hergestellt.

Bautafel

Architekten: Allmann Sattler Wappner Architekten, München
Projektbeteiligte: Realgrün, München (Landschaftsarchitekten); Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart (Tragwerk); TransSolar, Stuttgart (Energietechnische Beratung);  Bauder, Stuttgart (Dachbahnen)
Bauherr: Haus der Gegenwart Gesellschaft, München
Fertigstellung: 2005
Standort: München (Riem)
Bildnachweis: Florian Holzherr, München; Allmann Sattler Wappner Architekten

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