Haus 36 in Stuttgart

Wände und Dach aus Dämmbeton

Am Rande des Stuttgarter Talkessels ist ein ungewöhnliches Wohnhaus für eine dreiköpfige Familie entstanden: ein monolithischer Baukörper mit gefalteten Dachflächen, der von Weitem ein wenig an einen am Hang liegenden Fels erinnert. Doch ungewöhnlich ist nicht nur die Form, sondern auch die Materialität des Gebäudes. Seine Außenwände und das geneigte Dach wurden fugenlos und ohne zusätzliche Dämmschichten aus einschaligem Dämmbeton errichtet, unterbrochen von großen Glasflächen. Geplant wurde es von den Stuttgarter Architekten MBA/S Matthias Bauer.

Von den verglasten Wohnräumen kann der Blick über den Stuttgarter Talkessel schweifen (Nordansicht)
Terrasse vor der Westfassade, hinter der Verglasung ist die Küche zu erkennen
Der Dämmbeton enthält Glasschaumschotter anstelle von Kies als Zuschlag

Das Gebäude mit einer Grundfläche von etwa 10 x 12 Metern wird über den im Osten gelegenen Zugang im Erdgeschoss erschlossen. Auf dieser Etage sind die Bereiche für Essen, Wohnen und Kochen zu einer großzügigen Raumeinheit zusammengefasst, die sich zur Terrasse nach Westen hin öffnet. Vom Erdgeschoss gelangt man über eine einläufige Treppe nach oben in das Dachgeschoss mit Schlafzimmer, Bad und Ankleide, nach unten in das Gartengeschoss mit Kinder-, Gäste-, Arbeitszimmer, Bad, Sauna und zwei überdachten Freisitzen. Im Untergeschoss befinden sich Hauswirtschafts-, Haustechnik-, Heizungs- und Lagerräume.

Räumlich öffnet sich das Haus mit großflächigen Verglasungen zum privaten Freiraum im Westen ebenso wie zur nördlich gelegenen Stadt. Dagegen schirmt sich das Gebäude gegenüber dem östlichen Nachbargrundstück und der südlich gelegenen Straße mit geschlossenen Wänden weitgehend ab. Große Glasflächen ebenso wie kleine Bullaugen in Dachflächen und Wänden bieten inszenierte Ausblicke in den Himmel und auf die Stadt.

Die Oberflächen der Wände und des mehrfach gefalteten Dachs zeigen das Relief der Schalung aus sägerauhen Fichtenbrettern, durch einen Zuschlag von Weißpigment in der Betonrezeptur erhielten sie zudem einen silbrigen Schimmer. Als raumprägendes Material wurde außer dem Dämmbeton noch Massivholz verwendet. Bodenbeläge, Fensterlaibungen, Türelementen und Treppenstufen sind in Sipo-Mahagoni aus zertifiziertem Anbau gefertigt.

Wärmedämmung/Konstruktion
Die Gebäudehülle ist aus konstruktivem Dämmbeton ausgeführt; das frei tragende, gefaltete Dach lagert auf zwei Wandscheiben. Die guten Wärmedämmeigenschaften des Betons wurden durch einen Zuschlag aus Glasschaumschotter anstelle von Kies erreicht; außerdem enthält die Zementmatrix einen Luftporenanteil von etwa 20%. Die Außenwände und das Dach mit Konstruktionsdicken von 45 bis 50 cm erreichen so einen U-Wert von 0,41 (Dach) bis 0,45 W/m²K (Wände).

Im Gegensatz zu herkömmlichem Beton mit einem Gewicht von ca. 2 Tonnen pro Kubikmeter ist die hier eingesetzte Mischung mit 950 Kilogramm wesentlich leichter. Ein weiterer Vorteil der monolithischen Bauweise ist, dass fast keine konstruktiven Wärmebrücken entstehen. Lediglich die Laibungen der außen bündig liegenden Dreifachverglasung wurden mit einer Polyurethandämmung (PUR) und einer Massivholzkaschierung versehen.

Der Dämmbeton besitzt auch gute raumklimatische Eigenschaften: er ist diffusionsoffen und sorgt so für Feuchtigkeitsausgleich. Durch die hohe Wärmespeicherfähigkeit des Baustoffs bleibt es im Haus zudem im Sommer angenehm kühl, während im Winter die in den Wänden, Decken und Böden gespeicherte Wärme langsam abgeben wird. Eine Erd-Wärmepumpe und fünf Erdsonden versorgen die Fußbodenheizung in den Wohngeschossen mit Wärme, eine in die Deckenflächen integrierte Bauteilaktivierung dient im Hochsommer als Kühlung.

Der Energieverbrauch wurde gemäß den Anforderungen der EnEV 2009 berechnet, laut Angaben des Architekten liegen aber die Verbrauchswerte weit darunter und entsprechen annähernd denen eines Passivhauses.

Bautafel

Architekten: MBA/S Matthias Bauer Associates, Stuttgart
Projektbeteiligte: RFR Group, Stuttgart (Tragwerksplanung); Schöllhammer Energie-Systeme, Bad Urach (Techn. Gebäudeausrüstung); PSLab, Stuttgart (Lichtplanung); Glück Landschaftsarchitektur, Stuttgart (Landschaftsarchitekten)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2014
Standort: Stuttgart
Bildnachweis: Roland Halbe, Stuttgart; MBA/S Matthias Bauer Associates, Stuttgart

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