Grosspeter Tower in Basel

Fassade mit integrierter Photovoltaikanlage für Solarenergie

Auf einem verkehrsumtosten Grundstück zwischen Autobahnzubringer und Gleisanlagen ragt östlich des Baseler Hauptbahnhofs ein 78 Meter hoher Turm mit dunkler, gleichmäßig gerasterter Fassade empor. Der Grosspeter Tower ist benannt nach dem gleichnamigen Areal und eines der höchsten Gebäude der Stadt. Er bietet insgesamt 18.000 Quadratmeter Fläche für Büro- und Hotelnutzung. Auf einer sich nach Osten verjüngenden, vormaligen Industriebrache gelegen, gliedert sich das Gebäude in einen Sockel und das Hochhaus. Diese beiden Teile greifen ineinander und präsentieren sich dabei von jeder Seite unterschiedlich. Der Entwurf für den städtebaulich akzentuierenden Bau stammt vom Architekturbüro Burckhardt.

Das Gebäude auf einem verkehrsumtosten Grundstück zwischen Autobahnzubringer und Gleisen östlich des Hauptbahnhofs gliedert sich in die zwei Volumen: Sockel und Hochhaus
In dem sechsgeschossigen Sockelbereich befindet sich ein Hotel, in den 22 Stockwerken des Punkthochhauses sind Büro- und Gewerbeflächen
Lobby-, Empfangs- und Konferenzräumen im Erdgeschoss dienen Hotel und Gewerbe gleichermaßen

Im sechsgeschossigen Gebäudesockel, der das Grundstück großflächig ausfüllt, befindet sich das Hotel. Darüber erheben sich auf trapezförmigem Grundriss 22 Büroetagen mit einer Gesamfläche von annähnernd 11.000 Qudratmetern. Die Größe der Mieteinheiten im Turm variiert von 210 bis 880 Qudratmeter. Lobby-, Empfangs- und Konferenzräume im Erdgeschoss dienen allen Gebäudenutzern; in drei Untergeschossen sind Parkplätze und die Gebäudetechnik untergebracht.

Die Tragstruktur des Neubaus ist ein Skelettbau mit Ortbetonflachdecken von 26 bis 30 cm Dicke. Beim Hochhaus sind die Flachdecken mit einer Regelspannweite von bis zu acht Metern außen auf einer ausbetonierten Stahlrahmenkonstruktion und innen auf den tragenden Wänden des aussteifenden Kerns gelagert. Dieses statische Konzept mit wenigen Stützen erlaubt nicht nur einen flexiblen Innenausbau durch die Mieter, es ermöglicht auch eine Auskragung an der Südfassade: Ab dem ersten Obergeschoss kragt der Turm annähernd neun Meter über einen neuen Fuß- und Radweg hinaus, der entlang des Sockels verläuft.

Von Beginn an waren Nachhaltigkeit und ein größtmöglicher Anteil selbst erzeugter Energie zentrale Vorgaben für die Planung. Der Bauherr gab des Weiteren vor, dass die Hälfte der Fassade transparent und der andere Teil als gedämmte Konstruktion ausgeführt sein sollten. Geheizt und gekühlt wird das Gebäude mit geothermischer Energie. 52 solarbetriebene Erdwärmesonden in 250 Meter Tiefe versorgen zwei Wärmepumpen mit je 250 kW Leistung. Im Winter heizt Wärme, die in den Sommermonaten im Erdreich gespeichert wurde, das Gebäude auf. Im Sommer kehrt sich dieser Prozess um. Für weniger Wärmelasten und somit geringeren Kühlbedarf im Sommer sowie geringeren Kälteabfall im Winter sorgt das ausgewogene Verhältnis von Verglasung und Fassadendämmung bei gleichzeitgg hohem Tageslichteinfall. Der äußere Sonnenschutz – bestehend aus Lamellenstoren mit feiner Lochung – verhindert Blendungen und ein sommerliches Aufheizen der Räume. Damit trägt er zu einem behaglichen Raumklima bei und reduziert zudem den Energieverbrauch des Gebäudes.

Elektro
Das Besondere des Grosspeter Towers ist seine Photovoltaikfassade. Mit einer Fläche von 4.800 m² gehört sie zu den größten Europas. Dazu kommen weitere Photovoltaik-Module auf den Dächern des Turms und des Sockels mit einer Gesamtfläche von 770 m². Der selbst erzeugte Strom soll einen Großteil des Grundbedarfs des Towers decken. Der Rest der insgesamt 12.000 m² großen Fassade besteht aus Dreifachisolierverglasungen.

Rund 10.000 flächendeckende Dünnfilm-PV-Module sind in die Fassadenpaneele integriert. Um rundum eine einheitliche Ansicht zu erreichen – obwohl die Gebäudeseiten je nach Ausrichtung unterschiedliche solare Erträge einbringen – wurden über 450 verschiedene Elementtypen maßgefertigt. Bei der Gestaltung arbeiteten die Architekten mit dem Energiebüro Zürich zusammen. Die Module verschiedener Größe sind, unabhängig von der Ausrichtung, der lokalen Beschattungssituation und der Größe des Fassadenelements, um das gesamte Gebäude angebracht. Ein ausgeklügeltes, elektrotechnisches Verdrahtungskonzept minimiert Leistungsverluste.

Jeweils sechs Module sind seriell zu Strängen (auch „Strings" genannt) verdrahtet, die wiederum geschossweise mit String-Leistungsoptimierern verbunden sind. Bislang wurden üblicherweise nur Strings zusammengeführt, die zeitgleich die gleiche Sonneneinstrahlung erfahren, da sonst hohe Leistungsverluste die Folge sind. Durch den Einsatz der Dünnschichttechnolgie anstelle von kristallinen Solarzellen gelang jedoch eine stringweise Optimierung. Für die elektrische Netzeinbindung ist eine Wandlung des produzierten Gleichstroms in Wechselstrom notwendig. Der Einsatz von String-Leistungsoptimierern erzeugt ein kontantes Spannungsniveau von 460 Volt und macht lediglich einen einzigen Zentralwechselrichter erforderlich. Dieser befindet sich im dritten Untergeschoss, wandelt den erzeugten Strom netzkonform um und speist ihn in die Hauptversorgung des Gebäudes ein.

Die solartechnische Verknüpfung der PV-Module an den vier Gebäudeseiten (und auf dem Dach) ermöglichte auch das gewünschte einheitliche Fassadenbild. Die Nennleistung der Photovoltaikanlage von Fassade (440 Kilowatt peak, kurz kWp) und Dach (100 kWp) zusammen wird auf etwa 252.000 kWp pro Jahr beziffert. Das entspricht ca. 62 Prozent, also annähernd zwei Dritteln des Strombedarfs für Heizung, Kühlung und Lüftung, für Aufzüge, Grundbeleuchtung und Sicherheitsanlagen sowie für die Warmwasserproduktion des Hotels. Bei einem Gesamtenergiebedarf von 903.500 Kilowattstunden pro Jahr einschließlich Nutzerstrom erreicht das Gebäude eine Deckung der Eigenenergieversorgung von 28 Prozent.

Bei diesem anspruchsvollen Großprojekt sind Architektur, Technik und Tragwerk eng verwoben. Angesichts der Komplexität und der vielen Schnittstellen war die integrale Planung nach der Building-Information-Modeling-Methode sehr hilfreich. So war beispielsweise die Koordination von Fassadenbauer, PV-Unternehmer und Architekten im gegebenen Fall eine besondere Herausforderung. Anhand des digitalen BIM-Modells konnten für relevante Einzelbereiche, wie zum Beispiel der Energieeintrag aus PV und Geothermie, präzise, mit den nutzungsabhängigen Verbräuchen abgeglichene Simulationen erstellt werden. -jb

Bautafel

Architekten: Burckhardt, Basel
Projektbeteiligte: Dietziker Partner Baumanagement, Basel (Bauleitung); ZPF Ingenieure, Basel (Tragwerkplanung); Gruner Gruneko, Basel (Gebäudetechnik); Neuschwander + Morf, Basel (Fassadenplanung); Energiebüro, Zürich (Solarplanung); Scherler Beratende Ingenieure, Basel (Elektroplanung)
Bauherr: PSP Real Estate, Zürich
Fertigstellung: 2017
Standort: Grosspeteranlage 29, 4052 Basel 
Bildnachweis: Adriano Biondo, Basel

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