Geschäftshaus F40 in Berlin

Sonnenschutz aus vertikalen Glas-Lamellen und hellgrauen Gegenzuganlagen

Seit dem Mauerfall hat die südliche Friedrichstadt im Berliner Ortsteil Kreuzberg einen großen Wandel erfahren. Rund um die zentral gelegene Friedrichstraße charakterisieren zahlreiche aufwendig sanierte, repräsentative Gründerzeitbauten das Stadtbild, ebenso wie viele Neubauten unterschiedlichster Baualtersstufe und Qualität. In unmittelbarer Nähe zum U-Bahnhof Kochstraße entstand nach Plänen des Berliners Büros Petersen Architekten auf einem recht schmalen Grundstück das Geschäftshaus F 40. Sein Name leitet sich aus der Adresse Friedrichstraße 40 ab.

Die Glasfassade zum Hof hin wird pro Etage von jeweils vier versetzt angeordneten, schrägen Markisen verschattet
Grün schimmernde Glaslamellen schließen die Erker zum Straßenraum hin ab, sie dienen der individuellen Verschattung der Büroetagen
Schräg gestellter, vertikaler textiler Sonnenschutz an der Hoffassade

Das Gebäude erstreckt sich mit einer Brutto-Grundfläche von insgesamt 1.640 m² über sieben Etagen und ein Staffelgeschoss. Ein im Norden angeordneter Kern mit Treppenhaus, Aufzug und Sanitärräumen sowie Teeküchen erschließt und versorgt die einzelnen Etagen. Im Erdgeschoss befindet sich neben dem Foyer eine Ladenfläche. Aufgrund der Durchfahrt zum Hof ist dieses Geschoss deutlich schmaler als in den oberen Etagen. Deswegen wurde es rückwärtig in den Garten verlängert, sein Flachdach dient im ersten Obergeschoss als Terrasse. Den oberen Abschluss des Gebäudes bildet ebenfalls eine Terrasse.

Im Treppenhaus und Aufzugsraum sorgen kreisrunde Wand- und Deckenleuchten für Licht, die der dänische Designer Arne Jacobsen einst für ein Schulgebäude in Søborg entwarf. An den Arbeitsplätzen schaffen rechteckige Pendelleuchten blendfreie Lichtbedingungen. Das Beleuchtungskonzept unterstreicht die schlichte und zeitlose Gestaltung der Innenräume, in denen weiße Wände, dunkelgraue Teppichböden und der holzvertäfelte Versorgungskern miteinander harmonieren. Nahezu alle Innenräume konnten stützenfrei realisiert werden.

Die Kälteversorgung der Büros übernimmt eine Kompressionskältemaschine, über Kühldecken wird diese an den Raum abgegeben. Die Verteilung der Wärme erfolgt über Fußbodenheizungen. Zur Regelung der Heizung, der Kälteerzeugung und der Lüftungsanlage kommt ein Automatisierungssystem zum Einsatz. In den Büros ermöglichen Einzelraumregelungen die bedarfsweise Steuerung.

Fassade/Sonnenschutz
Zur Friedrichstraße hin zeigt sich das Gebäude mit seiner charakteristischen Glasfassade. Ab der ersten Etage ragen zweigeschossige Erker ca. 1,20 Meter leicht versetzt in den Straßenraum hinein. Sie gliedern die Gebäudehülle maßgeblich und erweitern den Innenraum. Vor jedem Erker befinden sich zwei übereinander liegende Reihen beweglicher Vertikal-Lamellen aus grünlich schimmerndem Glas. Die 45 cm breiten Elemente sind 20 mm dick und haben eine Höhe von 2,80 Meter. Sie lassen sich raumweise und unabhängig voneinander steuern, sodass sich das Fassadenbild verändert. Sind die Lamellen geschlossen, schützen sie vor übermäßiger Sonneneinstrahlung und ermöglichen so optimale Arbeitsplatzverhältnisse frei von Blendung und Reflexion.

Der Straße abgewandt, zum Hof nach Osten hin, ist die Fassade mit jeweils vier großen Fenstern pro Geschoss ganzflächig verglast. Die beiden außen liegenden sind als raumhohe Schiebetüren ausgebildet und lassen sich öffnen. Besonderes Kennzeichen ist hier der textile Sonnenschutz: eine Gegenzuganlage aus hellgrauen Markisen (mehr dazu siehe Surftipps), die mit unterschiedlichen Neigungen ein lebhaftes Spiel erzeugen. Vor jedem Fenster befindet sich eine, folglich vier pro Etage. Jede von ihnen ist einzeln zu bedienen und lässt sich stufenlos arretieren. Beim Ausfahren wird der Behang von der oberen Tuchwelle ab- und um das untere Zugelement gewickelt. Auf diese Weise bleibt er konstant und wirft keine Falten. Wird das Textil wieder aufgerollt, verschwindet es vollständig im Kasten der Tuchwelle.

Die Edelstahlseile, die die Markisen auf Spannung halten und seitlich führen, verlaufen schräg, mit unterschiedlichen Neigungen und nicht wie sonst üblich, vertikal. Dies ergibt sich daraus, dass die Tuchwelle mal direkt an der Fassade fixiert und das Zugelement auf einem ca. 80 cm auskragenden Aluminiumschwert befestigt ist – oder genau umgekehrt und die Tuchwelle entsprechend um 80 cm auskragt und das Zugelement direkt unterhalb des Fensters an der Fassade ist. Diese Anordnung erfolgt innerhalb jedes Geschoss im Wechsel, sodass eine Art Webmuster entsteht, wenn alle Sonnenschutzelemente ausgefahren sind.

Bautafel

Architekten: Petersen Architekten, Berlin/Dortmund
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Bauwesen Horn, Leipzig (Tragwerksplanung); Specht, Kalleja + Partner Gebäudetechnik, Berlin (Technische Gebäudeausrüstung); Brainstec /Glastec Experts, Egenhofen (Vertikale Glaslamellen); MHZ (Textiler Sonnenschutz)
Bauherr: ANH Hausbesitz, Arnsberg/Berlin
Standort:
Friedrichstraße 40, 10969 Berlin
Bildnachweis: Jan Bitter, Berlin

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Fassadenelemente

Fenster

Isolierverglasungen in verschiedenen Ausführungen Hauptbahnhof Berlin, Architekten: von Gerkan, Marg und Partner Architekten (gmp)

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Materialien

Glas

Feststehende, mit Keramik bestückte Vertikallamellen am Clay-Museum in Middlefart; Architektur: Kjaer & Richter, Aarhus

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Zusatzelemente

Sonnenschutz außen

Surftipps

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