Fraunhofer-Zentrum HTL in Bayreuth

Stationäres Sicherheitssystem zur Überprüfung der Dachabdichtung

Wird glasierte Keramik bei hohen Temperaturen gebrannt und kühlt anschließend schnell ab, können sich an der Oberfläche feine Risse bilden. An dieses Erscheinungsbild angelehnt ist die Keramikfassade des Fraunhofer-Zentrums für Hochtemperatur-Leichtbau HTL in Bayreuth. Dort werden Werkstoffe mittels Brennvorgängen erforscht, worauf die Architekten Kister Scheithauer Gross bei der Fassadengestaltung Bezug nahmen. Sie entwarfen einen funktionalen Bau mit einem Technik- und Laborbereich auf quadratischem Grundriss, der u.a. zweigeschosshohe Versuchshallen beinhaltet, und einem schmalen zwei- bis dreigeschossigen Büroriegel. Die Nutzungsteilung ist innen wie außen ablesbar: Die Baukörper stehen rechtwinklig zueinander und fassen einen Hof. Der Büroriegel begrenzt ihn im Norden, das Laborgebäude im Osten. Die Büros in den Obergeschossen erhalten Tageslicht durch horizontale Fensterbänder, die Räume für Besprechungen und Präsentationen im Erdgeschoss sind raumhoch verglast. Der kompakte Laborbaukörper öffnet sich über torartig in die Fassade gesetzte Verglasungen. An der Schnittstelle der Funktionsbereiche liegen Sanitärräume, Umkleiden und ein Pausenraum.

Südansicht des Büroflügels mit dem Eingang in das Institut
Der kompakte Laborbaukörper öffnet sich über Verglasungen, die wie Tore in die Fassade eingeschnitten sind (Nordostansicht)
Das gleichmäßige Netzmuster der Fassade besteht aus unzähligen Keramikplatten in verschiedenen Grautönen, die beide Gebäudeteile überziehen

Das gleichmäßige Netzmuster der Fassade, gebildet aus schiefwinkligen, viereckigen Keramikplatten in diversen Grautönen, überzieht beide Gebäudeteile, verbindet sie als Ensemble und trägt den Forschungsschwerpunkt des Instituts nach außen. Ein wichtiges Anliegen der Planer war Energieeffizienz: So sind ein Blockheizkraftwerk, eine Photovoltaik-Anlage und ein Erdwärmetauscher Bestandteile des Haustechnikkonzeptes. Bei der Wärmedämmung wurden die Anforderungen der aktuell gültigen Energieeinsparverordnung um mehr als 35 Prozent überschritten.

Flachdach
Das Flachdachsystem sollte höchsten Sicherheitsansprüchen genügen. Zunächst wurden Elastomerbitumen-Dampfsperrbahnen im Gieß- und Einrollverfahren vollflächig auf der Stahlbetondecke  verklebt. Dadurch konnten die Unterlaufsicherheit hergestellt, eine Wasserunterwanderung der Dampfsperre ausgeschlossen und die Funktion als Notabdichtung erfüllt werden. Die Gefälledämmung wurde objektbezogen geplant; anschließend wurden die nicht brennbaren, A1- klassifizierten Mineralschaumplatten zweilagig und wärmebrückenfrei verlegt. Bei der Abdichtung unterhalb der extensiv begrünten Dachfläche fiel die Entscheidung auf ein zweilagiges System aus einer kaltselbstklebenden Elastomerbitumen-Unterlagsbahn und einer durchwurzelungsfesten Elastomerbitumen-Schweißbahn als Oberlage.

Die Dichtheit des Flachdachs überprüft ein Sicherheitssystem, das auf Stromflussmessung basiert. Die Messung erfolgt stationär unterhalb der Abdichtung direkt auf der Gefälledämmung. Dort wurden das elektrisch leitende Edelstahl-Messgitter sowie zwei Kontaktplatten pro Dachfläche installiert. Darauf wurde die erste Abdichtungsbahn verlegt. Das in den Dachaufbau integrierte Messgitter kann über die Kontaktplatten angesteuert werden. Die Erstmessung erfolgte unmittelbar nach Fertigstellung der Dachabdichtung vor dem Aufbringen der Auflast bzw. der Dachbegrünung. Während der Messung wird auf die Abdichtung eine Gleichstromspannung gebracht, zum Messzeitpunkt muss die Oberfläche der Dachabdichtung mit Feuchtigkeit benetzt sein. Im trockenen Zustand würde kein Strom fließen. Der Strom fließt prinzipiell in Richtung des Defekts, um an der geerdeten Unterkonstruktion abzuleiten. Dieses Wissen ermöglicht den Messtechnikern die punktgenaue Ortung aller Schadstellen, unabhängig von deren Größe und Beschaffenheit.

Nach der Dichtigkeitsprüfung wird ein Protokoll mit den Messergebnissen, Fotos und exakter Positionierung der Schwachstellen im Grundrissplan erstellt. Anhand dieser Dokumentation und Fehlerauswertung können Reparaturmaßnahmen präzisiert ausgeführt werden. Im Zuge der jährlichen Dachwartung kann das stationäre System zur regelmäßigen Dichtigkeitsprüfung eingesetzt werden. Die Kontrollmessung funktioniert auch unter schweren Dachfolgeschichten wie Kiesauflast, Dachbegrünung oder Dachterrassen.

Bautafel

Architekt: Kister Scheithauer Gross Architekten und Stadtplaner, Leipzig/Köln
Projektbeteiligte: Suess-Staller-Schmitt Ingenieure, Gräfelfing (Tragwerksplanung); Holl Flachdachbau, Fürth (Dachdecker)
Bauherr: Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung, München
Fertigstellung: 2015
Standort: Gottlieb-Keim-Straße 62, 95448 Bayreuth
Bildnachweis: Yohan Zerdoun, Freiburg und Michael Moser, Leipzig

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