Forschungszentrum für Biomedizin CIB in Pamplona

Gebäudehülle aus Stahlschwertern, Glas und gefaltetem Lochblech

Vor rund einhundert Jahren wurde am westlichen Rand der nordspanischen Stadt Pamplona ein neues Krankenhaus für die Region Navarra errichtet. Die dafür notwendigen Gelder stiftete die Witwe eines ehemaligen Bürgers, der nach seiner Auswanderung in die USA zu Reichtum gekommen war. Auf einem parkartigen Grundstück mit altem Baumbestand reihten sich die flachen Backsteinbauten locker auf. Im Laufe der Jahre wuchs das Klinikum jedoch stetig, sodass der Freiraum durch Nachverdichtung stark reduziert wurde. Die Zeilenstruktur der in Nord-Süd-Richtung gestreckten Ursprungsbauten ist indes noch heute erkennbar.

Das Kältemittellager ist durch einen Patio vom übrigen Bereich getrennt
Das Faltwerk der Lochbleche setzt sich aus einzelnen Dreiecken zusammen
Lagermitarbeiter betreten das Zentrum über einen Eingang auf der Westseite

Das neue Forschungszentrum für Biomedizin (Centro Investigación Biomédica = CIB), das im krisengeschüttelten Spanien als Erfolg versprechende Investition in die Zukunft gilt, fügt sich in die städtebauliche Struktur nahtlos ein. Das lang gestreckte dreigeschossige Bauwerk wurde von den Architekten Vaillo + Irigaray geplant und dient der Analyse von Krankheiten wie Krebs sowie der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden und Medikamente. Wegen der komplexen Gebäudetechnik waren beim Neubau unter anderem Dachaufbauten mit verschiedenen Abmessungen nötig. Die Architekten integrierten diese geschickt in die Gebäudehülle, sodass der Baukörper in mehrere Volumen unterschiedlicher Breite und Höhe unterteilt zu sein scheint. Einschnitte in Erd- und Unterschoss dienen als Öffnungen für den Eingang, die Anlieferung und die Belichtung des Souterrains. Die Architekten selbst vergleichen den Längsschnitt des Gebäudes mit einem Kamel, dessen Körperform mit den charakteristischen Höckern von den Erfordernissen der Funktion geprägt ist.

Erschlossen wird das Forschungszentrum von der südlichen Schmalseite, an der das Erdgeschoss in seiner ganzen Breite zurückspringt. Eine ebenso breite Freitreppe führt mit ein paar Stufen auf den überdachten Eingangsbereich und in das dahinter liegende Foyer. Während sich im Erdgeschoss die Bibliothek, ein Konferenzsaal sowie weitere Gemeinschafts- und Verwaltungsräume befinden, beherbergen die beiden Obergeschosse die Labore und Büros des Forschungspersonals. Das Untergeschoss ist über eine Rampe separat von außen erschlossen, da dort die Lagerräume für das Krankenhaus und ein Labor für Tierversuche liegen. Am nördlichen Ende des Gebäudes, abgetrennt durch einen kleinen Innenhof, stehen in einem hohen Raum die Kältemitteltanks.

Die verschiedenen Nutzungen sind in dreibündigen Grundrissen organisiert, wobei die dunklere Mittelzone dienende Räume für Lager und Technik aufnimmt. Für eine größtmögliche Transparenz wurden nicht nur die Wände der Arbeitsräume verglast, sondern auch die Labore und die mittig korrespondierenden Serviceräume als einzeln ablesbare Boxen aufgereiht. Über die dazwischen liegenden Fugen fällt Licht bis in die langen Flure und gliedert sie in einzelne Sequenzen.

Fassade
Der aus Stahlstützen, Betonträgern und -decken bestehende Skelettbau zeigt sich an Längs- und Schmalseiten mit unterschiedlichen Fassaden, die das Forschungszentrum solitärhaft von der Nachbarbebauung abheben. 1,20 m breite und 15 mm starke Schwerter aus braun lackiertem Stahlblech zeichnen die bewegte Kontur des Längsschnittes nach, sodass auf der Außenseite eine tiefe Raumschicht entsteht, hinter der die raumabschließenden Pfosten-Riegel-Fassade aus Glas, Metallkassetten und -lamellen weit in den Hintergrund tritt. Die dichte Reihung der Schwerter erweckt den Eindruck, als würde der Baukörper aus der x-fachen Wiederholung desselben Profils generiert. Dabei tragen die Stahlrippen außer den Dachaufbauten nur die Fassade und sich selbst.

Auch die Längsseiten sind plastisch stark gegliedert. Hier setzten die Architekten den raumhohen Fenstern ein Faltwerk aus goldbraun eloxierten dreieckigen Lochblechen vor, die je nach Witterung und Tageslicht in Transparenz und Farbe changieren. Das Faltwerk dient als starrer Sonnenschutz und verhindert unerwünschte Einblicke, wobei Ausblicke jedoch möglich sind. Mittels eines Winkels wurden die Aluminium-Lochbleche an den ungedämmt auskragenden Betondecken befestigt, sodass ein Wartungsgang für die verborgene Glasfassade entsteht. Die Faltung der nur 3 mm starken Bleche sorgt für die ausreichende Stabilität der 4,50 m hohen Dreieckselemente, die geschossweise gekoppelt sind. -pn 

Bautafel

Architekten: Vaillo + Irigaray, Pamplona (Antonio Vaíllo und  Daniel-Juan L. Irigaray Huarte mit Daniel Galar Irurre)
Projektbeteiligte: Raúl Escrivá / Opera Ingeniería, Pamplona (Tragwerksplanung); José Javier González Estremad / GE Ingenieros, Pamplona (Gebäudetechnik); Marcial Lázaro / Altres (Fassaden); Jofebar, Madrid (Lochblech-Fassaden)
Bauherr: Servicio Navarro Salud, Pamplona
Fertigstellung: 2011
Standort: Calle de Irunlarrea 3, 31008 Pamplona
Bildnachweis: Rubén Pérez Bescós, Pamplona

Fachwissen zum Thema

Aluminiumrauten als Fassadenverkleidung beim Tower Horw. Architektur: Tilla Theus und Partner, Zürich

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Materialien

Aluminium

Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Stahl und Glas an der Akademie der Künste in Berlin, geplant von Behnisch Architekten

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Fassadenarten

Pfosten-Riegel-Fassade

Außen liegender Sonnenschutz s_enn aus Micro-Edelstahllamellen von MHZ an der Fassade des Merck Serono Headquarter in Genf, Architekten: Murphy/Jahn

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Zusatzelemente

Sonnenschutz

Eine der frühesten Vorhangfassaden aus Stahl und Glas ist die Fassade der Fagus-Werke in Alfeld von Walter Gropius. Die Aufnahme von 1913 zeigt das Gebäude kurz nach Fertigstellung der zweiten Bauphase noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Eine der frühesten Vorhangfassaden aus Stahl und Glas ist die Fassade der Fagus-Werke in Alfeld von Walter Gropius. Die Aufnahme von 1913 zeigt das Gebäude kurz nach Fertigstellung der zweiten Bauphase noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Materialien

Stahl, Edelstahl, Cortenstahl

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