Dünnglas

Flachgläser mit drei und weniger Millimetern Dicke werden als Dünnglas bezeichnet. Die praktische Untergrenze liegt im Bauwesen bei derzeit etwa zwei Millimetern; das entspricht auch der technologischen Grenze für Einscheibensicherheitsglas (ESG) zum Erreichen der geforderten mechanischen und optischen Eigenschaften. Für Teilvorgespanntes Glas (TVG) liegt diese Grenze sogar bei nur einem Millimeter.

Dünngläser reduzieren in Mehrfach-Isolierverglasungen das Gewicht der Scheiben erheblich
Durch Kaltbiegen können Rundungen aus Glas direkt und ohne optische Einschränkungen bei der Montage hergestellt werden
Für den technischen Anwendungsbereich wird die massenhafte Anwendung ultradünner Gläser avanciert

Aufgrund ihrer geringen Stärke werden Dünngläser vorgespannt, was in herkömmlichen Vorspannöfen jedoch nicht möglich ist. Stattdessen kommen sogenannte Hochkonvektionsöfen zum Einsatz, die ein gleichmäßiges Aufheizen und rasches Abkühlen der Glasscheiben ermöglichen. Ob dabei die Anforderungen an Einscheibensicherheitsglas (Biegefestigkeit >120 N/mm²) nach DIN EN 12150 Glas im Bauwesen – Thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheibensicherheitsglas erreicht werden, ist anhand einer Bruchstückanalyse und Festigkeitsuntersuchungen zu bestimmen. Spezielle Anforderungen an den Vorspannvorgang werden auch hinsichtlich der optischen Qualität gestellt: Hier gilt es, Verwerfungen und Rollerwaves zu vermeiden.

Dünngläser finden überall dort Anwendung, wo ein niedriges Gewicht des Glaselements erforderlich ist. In Zeiten von schweren Isoliergläsern ist das immer häufiger der Fall, sodass sich Dünngläser zunehmend als Mittelscheiben in Dreifach-Isolierverglasungen etablieren, weil sich mit ihnen sowohl die Scheibendicke als auch das Gewicht deutlich reduzieren lassen. Ein Scheibenaufbau aus äußerer Floatglasscheibe (d = 4 mm), einer teilvorgespannten Mittelscheibe (d = 2 mm) und einer weiteren Floatglasscheibe innen (d = 3 mm) reduziert das Gewicht gegenüber einer herkömmlichen Verglasung (4/12/4/12/4) um etwa ein Viertel.

Die Vorteile leichter und dünner Verglasungen kommen insbesondere bei Gebäudesanierungen zum Tragen. Auch gebogene Gläser finden, dank der Dünnglastechnologie, in naher Zukunft womöglich verstärkt Eingang in die Architektur – vorgespanntes Dünnglas, das als Einzelglas oder Laminat vor Ort durch Kaltbiegen bzw. Montagebiegen in die gewünschte Form gebracht wird, ist eine kostengünstige Alternative zum werkseitigen Warmbiegen. Zudem überzeugt kalt gebogenes Glas durch seine optischen Eigenschaften, weil es weniger Verzerrungen aufweist.

Ausgangspunkt für die Herstellung von Dünnglas ist geschmolzenes Glas, das über Walzen entweder im sogenannten Up-Draw- oder im Down-Draw-Verfahren von unten nach oben bzw. von oben nach unten aus einer Wanne gezogen wird und so in beliebigen Dicken als dünner Glasfilm auf einem Band auskühlt.

Die Produktion von Gläsern so dünn wie eine Rasierklinge oder ein menschliches Haar ist derzeit industriell ohne Weiteres möglich. Mit speziellen Herstellungsverfahren sind sogar noch dünnere Glasdicken von nur 25 µm machbar. Bei der Entwicklung dieser Gläser stehen derzeit Anwendungen im Bereich der Elektrotechnik, beispielsweise für Displayverglasungen von Smartphones und Tablets, im Fokus. Obwohl es hauchdünn ist, überzeugt Dünnglas durch seine extreme Widerstandsfähigkeit und Kratzfestigkeit. Aufgewickelt auf Rollen wirken diese Gläser eher wie Folien als Scheiben.

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