Doppelfassaden: Kastenfenster-, Schacht-Kasten- und Korridorfassade

Die Mehrgeschoss- oder Zweite-Haut-Fassade (ZHF) wird ohne horizontale und vertikale Abschottungen als äußeres Schild vor der Innenfassade angeordnet. In der Regel ist sie als nicht tragendes Element ausgebildet. Die Be- und Entlüftung des Fassadenzwischenraumes erfolgt über boden- und dachnahe Öffnungen in der Außenfassade. Im Winter können diese geschlossen werden, so dass der Zwischenraum als Pufferzone dient und den Wärmeschutz erhöht. Im Sommer verhindern die geöffneten Fassadenklappen eine thermische Überhitzung.

Kasten-Doppelfassade an der ÖBB Konzernzentrale in Wien, Architektur: Zechner & Zechner
Elementierte Kastenfenster-Fassade am europäischen Gerichtshof in Luxemburg, Architekt: Dominique Perrault Architecture
Schacht-Kasten-Fassade am Photonikzentrum in Berlin, Architekten: Sauerbruch & Hutton

Die Breite des Fassadenzwischenraumes an Luftein- und auslässen sollte aufgrund der gewollten Kaminwirkung nicht kleiner als 20 cm ausgeführt werden. Soll der Raum zu Wartungs- oder Reinigungszwecke begehbar sein, so muss seine Breite mehr als 50 cm betragen. Ist die zweite Schale in einem großen Abstand vor der ersten angeordnet wie z.B. in Atrien, spricht man auch von Klimahüllen; überdecken sie das gesamte Gebäude, handelt es sich um das Haus-im-Haus-Prinzip bzw. um integrierte Glashäuser. Ein Beispiel dafür ist die Fortbildungsakademie Mont Cenis in Herne, geplant von den französischen Architekten Jourda und Perraudin. Sie stellten mehrere Bauten in eine große Glashalle, die als Pufferzone dient. Durch deren großes Volumen soll sich ganzjährig ein angenehmes Raumklima einstellen.

Vorteile der Zweiten-Haut-Fassade sind der Schutz der Zusatzelemente für Sonnen- oder Blendschutz im Zwischenraum und die einfache Steuerbarkeit aufgrund des thermischen Auftriebs sowie die relativ geringen Herstellungskosten. Die fehlende Abschottung im Fassadenzwischenraum birgt jedoch die Gefahr der Schallübertragung von Raum zu Raum und von Geschoss zu Geschoss. Auch brandschutztechnisch ist die Mehrgeschossfassade kritisch zu betrachten, da sich der im Brandfall entstehende Rauch über den Fassadenzwischenraum schnell verteilt. Ein weiterer Nachteil ist die nach oben hin stark ansteigende Lufttemperatur, die ein Öffnen des Fensters in den oberen Geschossen kaum möglich macht. Aus diesem Grund wird häufig eine mechanische Be- und Entlüftung eingesetzt.

Um die Nachteile nicht unterteilter Doppelfassaden zu vermeiden ist es sinnvoll, den Luftzwischenraum zu unterteilen bzw. abzuschotten. Dies kann sowohl mit horizontaler (Korridor- oder Kastenfensterfassade) oder mit vertikaler (Schacht-Kasten-Fassade) Segmentierung erfolgen.

Kastenfenster-Fassade

Die Kastenfenster-Fassade basiert auf dem Prinzip des Kastenfensters, ist aber als geschosshohe Fassade mit horizontaler und vertikaler Abschottung ausgebildet. Die horizontale Abschottung erfolgt üblicherweise geschossweise, die vertikale achsweise. Zusammen verhindern sie die Luft- und Schallübertragung sowohl über die Geschosse als auch zu den angrenzenden Räumen. Die Fenster der Innenräume können zum Lüften in den Fassadenzwischenraum geöffnet werden. Die Außenfassade enthält jeweils Öffnungen für Zu- und Abluft ober- und unterhalb der Abschottung. Durch ihre versetzte Anordnung soll verhindert werden, dass die Abluft der unteren Elemente in die Zuluftöffnungen der darüber angeordneten strömt.

Kastenfenster-Fassaden werden dort eingesetzt, wo eine hohe Separierung der Raumnutzer gefordert ist oder um kleinere Mieteinheiten in Hochhäusern zu realisieren. Vorteile bieten diese Fassaden in der Montage, da sie als komplett vorgefertigte Element sehr schnell und ohne Gerüst montiert werden können.

Schacht-Kasten-Fassade

Die Konstruktion der Schacht-Kasten-Fassade basiert auf einer Abwandlung der Kastenfenster-Fassade. Bei der Schacht-Kasten-Fassade ist neben jedem Kastenelement ein Abluftschacht installiert, der über mehrere Geschosse führt. Die Zuluft gelangt über Öffnungen im unteren Bereich der Außenfassade in den Zwischenraum des jeweiligen Kastenelements. Nachdem sie sich erwärmt hat gelangt sie als Abluft über oben angeordnete Öffnungen in den jeweils angrenzenden Schacht. Infolge des Auftriebes durch temperaturbedingte Druckdifferenz (Kamineffekt) wird die warme Luft aus den Fassadenzwischenräumen über den Schacht nach außen abgeführt. Aus strömungstechnischen Gründen ist die Kaminhöhe begrenzt. Reicht die thermische Auftriebswirkung nicht aus, kann sie durch ein mechanisches Lüftungsaggregat am oberen Schachtende unterstützt werden. Die dafür notwendige Ventilatorleistung ist energieintensiv und damit teuer.

Aufgrund der anteilig geringen Öffnungen in der Außenfassade bietet die Schacht-Kasten-Fassade eine gute Schallschutzfunktion gegen Außenlärm. Die geringe Durchlüftung im Winter erhöht die Pufferwirkung der Fassade, führt jedoch dazu, dass bei geöffneter innerer Fassade die äußere Glasscheibe beschlagen kann.

Korridorfassade
Bei Korridorfassaden ist der Fassadenzwischenraum jeweils geschossweise voneinander getrennt. Zusätzlich können aus akustischen und brandschutztechnischen Gründen vertikale Schotten innerhalb des Geschosszwischenraumes angeordnet werden. Die Zu- und Abluftöffnungen befinden sich ober- und unterhalb der Trennungsebenen. Sie sind versetzt zueinander angeordnet, um eine Reinfiltration der Luft von Geschoss zu Geschoss zu vermeiden. Der hohe Anteil der Zu- und Abluftöffnungen begünstigt jedoch die Schallübertragung. Von Vorteil ist die Vermeidung einer thermischen Überhitzung aufgrund der geschossweisen Abschottung, die bei einer Luftführung über mehrere Geschosse bei den oberen Geschossen auftreten kann.

Korridorfassaden kommen meist bei geschossweise gleicher Vermietung zum Einsatz, weil dann auf teure Trennwandelemente im Fassadenzwischenraum verzichtet werden kann. Allerdings ist in diesem Fall die Schallübertragung von Raum zu Raum ungünstig.

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