Deutsches Romantik-Museum in Frankfurt am Main

Aus eins mach drei

Die blaue Blume ist ein zentrales Symbol der romantischen Literatur: Sie steht für eine intensive Sinneswahrnehmung und die Sehnsucht nach Glück. Beim Deutschen Romantik-Museum in Frankfurt am Main nach Plänen von Mäckler Architekten gibt es einige Verweise darauf – zum Beispiel in Form eines spitz hervortretenden, gläsernen Erkers in variierenden Blautönen. Der „Blaue Erker" ziert das zweite Obergeschoss des ersten Hauses einer Reihe, denn das Ausstellungshaus neben dem Goethe-Haus am Großen Hirschgraben ist aufgegliedert.

Die großen Fenster an den Treppenpodesten sind ein wiederkehrendes Gestaltungselement.
Die Dächer sind nur im vorderen Bereich mit Schiefer bekleidet. Die hinteren, weniger stark geneigten Flächen sind mit Metall gedeckt.
Klare Putzkanten, sauber detailliert

Es beherbergt Gemälde und Manuskripte aus der Sammlung des Freien Deutschen Hochstift. Sie repräsentieren die Epoche der Literatur, Malerei und Musik zwischen 1795 und 1835 und sollen weltweit einzigartig sein.

Drei Fassaden, ein Museum

Das dreigeteilte Museumsgebäude fügt sich gut in den städtischen Kontext. Die unterschiedlichen Fassaden – verputzt in verschiedenen Gelbtönen – nehmen in Höhe, Farbgebung und Proportion Bezug auf das benachbarte Geburtshaus Goethes. Das war zwar im Krieg zerstört, 1951 aber wieder aufgebaut worden. An originaler Substanz blieb vor allem eine Brandwand erhalten, die das Foyer des Romantik-Museums maßgeblich mitgestaltet.

Ein scheinbar endloser Treppenaufgang

Die Exponate vertragen überhaupt kein Tageslicht. Weil das Gebäude aber Fenster zur Straße erhalten sollte, befindet sich die Haupterschließung hinter der Fassade – als lange, dreiläufige Treppe. Sie führt die Besucherinnen und Besucher zu allen drei Ausstellungsebenen. Der blau gestaltete Treppenraum verjüngt sich nach oben und erscheint damit ins Unendliche gedehnt. Erst mit dem Aufstieg erweist sich dies als Illusion. Ein großes Fenster an jedem Podest ist das einzig wiederkehrende Fassadenelement, an dem die Steigung außen ablesbar ist. Die übrigen Fenster und Türen der Hausreihe unterscheiden sich ebenso wie die dekorativen Elemente, beispielsweise Zahnfriese. Einheitlich sind der schmale Sockel aus rotem Buntsandstein, ein ebenfalls schmaler Dachrand mit Zierleiste aus dem gleichen Naturstein sowie durchweg geradlinige Details, die im Zusammenspiel mit der Farbgebung zur Wirkung als Ensemble beitragen.

Die rechte Eingangstür ist hinter einladend gerundeten Wänden zurückgesetzt: Sie führt ins Foyer. Über die mittlere unscheinbare Tür geht es zur Wechselausstellung, das linke, hohe Portal mit blauer Untersicht ist der Eingang für Schulklassen zu den Räumen für die Kulturvermittlung.

Historische Brandwand und Boden aus Trümmersteinen

Das seitlich gestreckte Foyer bietet durch eine Glasfront Ausblick zum Hof. Die historische Brandwand zum benachbarten Goethe-Haus mit ihrer rauen Oberfläche ist prägend, ebenso der Bodenbelag aus farbigen Ziegeln und Trümmersteinen – Überresten der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Frankfurter Altstadt. Deren changierende Erdtöne korrespondieren mit teils rötlich eingefärbtem Sichtbeton und einer karminrot verputzten Decke. Die Decken im Übergang zu den Nebenräumen im Erdgeschoss sind blau gestaltet. Insgesamt umfasst das Museum rund 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche und 400 Quadratmeter für Wechselausstellungen.


Aus dem Blauen Erker im zweiten Obergeschoss ist die Umgebung nur schemenhaft erkennbar. Auf dem Schieferdach darüber ist eine Gaube so ausgerichtet, dass sie eine schmale Lücke in der gegenüberliegenden Bebauung nutzt. Durch diese hindurch blicken die Besucherinnen und Besucher auf historische und zeitgenössische Wahrzeichen der Mainmetropole: die Türme des Kaiserdoms, der Paulskirche und der Europäischen Zentralbank.

Schieferdach zur Schauseite

Die Trauflinien der Hausfronten haben unterschiedliche Höhen. Die Schauseite am Hirschgraben erscheint als traufständiges Mansarddach. Für Passanten oder aus den Gebäuden gegenüber (jedenfalls von deren unteren Etagen) ist nur die vordere schiefergedeckte Dachfläche zu sehen. Die hinteren, weniger steil geneigten Dachflächen besitzen eine Zinkdeckung (Doppelstehfalz).

Die Schieferplatten im Format 32 x 28 cm sind als Schuppen-Deckung verlegt und auf einer Schalung befestigt. Darunter folgen die Konterlattung und eine diffusionsoffene Unterspannbahn. Diese überspannt den Dachaufbau (Aufsparrendämmung, Sparren mit Zwischendämmung aus Mineralwolle, Dampfbremse), der im Anschluss an die Brandwand oberseitig und unterseitig mit 24 mm Brandschutzplatten ausgeführt ist. -us

Bautafel

Architektur: MÄCKLERARCHITEKTEN, Frankfurt am Main (Objektplanung LPH 1–5, KOL 6–8), Raumbildender Ausbau, Museographie Dauerausstellung im 1. Obergeschoss) /
schneider+schumacher Bau- und Projektmanagement, Frankfurt am Main (Objektplanung LPH 6–9)
Projektbeteiligte:
Sounds of Silence, Frankfurt am Main – Petra Eichler und Susanne Kessler (Künstlerische Leitung der Dauerausstellung zur Romantik); Bollinger+Grohmann, Frankfurt am Main (Tragwerksplanung); EGS-plan, Stuttgart (Bauphysik, HLS); greentoo landscape design, Laubach (Landschaftsplanung Romantik-Garten); Atelier deLuxe, Offenbach (Lichtplanung); Dacharbeiten: Willy A. Löw, Bad Homburg (Dachdeckermeister); Rathscheck Schiefer, Mayen (InterSIN Schiefer)
Bauherr/in: ABG Frankfurt Holding, Frankfurt am Main; Nutzer/in: Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt am Main
Fertigstellung: 2021
Standort: Großer Hirschgraben 21, 60311 Frankfurt am Main
Bildnachweis: Alexander Englert, Roman Gerike, Eckhart Matthäus

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