Bürogebäude in Waldbröl

Schieferfassade in Dynamischer Deckung

Enge Straßen, Fachwerkhäuser und Schieferdächer prägen die Kleinstadt Waldbröl im Bergischen Land. Hier fügt sich ein lang gestreckter Flachbau gut ein, indem er die Topografie geschickt nutzt und das stark abfallende Grundstücksgelände durch eine schmale, zweigeschossige Front zur Hauptstraße hin und eine viergeschossige Fassade an der Rückseite überbrückt. Nicht nur der Fensterrhythmus des Bürogebäudes orientiert sich an benachbarten Bauwerken, auch die Fassadenbekleidung greift Vorhandenes auf: Architekt Tom Ahrens verwendet Schiefer – allerdings in einer modernen Deckart. Die feine, horizontale Schieferbekleidung umhüllt das 9 Meter breite und 29 Meter lange Gebäude nicht vollständig. Sie umschließt die oberste Etage und fasst mit breiten Flanken die hohe Nordwestfassade an der Rückseite. Große, weiß verputzte Flächen bzw. Loggien mit schmalen, hohen Fenstern sind davon abgesetzt und verleihen dem vom Architektur- und Ingenieurbüro Ahrens & Eggeman selbst mitgenutzten Gebäude eine repräsentative Erscheinung. Es umfasst rund 700 Quadratmeter Nutzfläche und ersetzt einen unbewohnten, im Verfallen begriffenen Fachwerkbau.

Der Flachbau überbrückt das stark abfallende Gelände durch eine zweigeschossige Front zur Kaiserstraße, eine lang gestreckte Fassade zur Klostergasse und eine viergeschossige Fassade an der Rückseite (Nordansicht)
Eingefasst von der Schieferbekleidung sind große, weiß verputzte Flächen bzw. Loggien mit schmalen, vertikalen Fenstern (Nordwestansicht)
Die Fensteröffnungen innerhalb der Schieferfassade an der Klostergasse sind unterschiedlich breit

Der Baukörper liegt etwas von der Kaiserstraße zurückversetzt, wodurch ein kleiner Vorplatz entsteht. Das Haus öffnet sich dorthin mit einem großen verglasten Foyer, das, gefasst und getragen von sich kreuzenden Stahlstützen, eine Reminiszenz an den Vorgängerbau ist. Einen warmen Kontrast in der Verglasung bildet die Eingangstür aus Eiche, gleichfalls ein historischer Bezug. Durch die Aufständerung des schieferbedeckten Obergeschosses erscheint das Foyer, das auch für Veranstaltungen genutzt werden kann, leicht und transparent. Eine Zufahrt an der seitlich gelegenen Klostergasse erschließt die Rückseite und den angegliederten, tiefer liegenden Hof mit Parkplätzen.

Dank der differenzierten Gliederung der Fassade erscheint das rückseitig viergeschossige Gebäude weniger monumental. Sein unterstes Geschoss ist insgesamt deutlich verkürzt, das Flachdach teilweise als Terrasse ausgebaut. Die Grundrisse mit Büroarbeitsplätzen auf allen Ebenen sind überwiegend offen konzipiert. Wo die Untergeschosse im Erdreich verborgen liegen, sind Technik-, Lager- und Archivräume angeordnet. Die interne Erschließung erfolgt über ein Treppenhaus mit Aufzug an der Westseite, hier dockt das Gebäude an einen Bestandsbau an. Nur im Obergeschoss wurden Räume für Personal und Besprechung, als Teeküche und Kopierraum abgetrennt.

Schiefer
Von der Kaiserstraße aus betrachtet, erscheinen die Fenster innerhalb der langen Schieferfassade zur Klostergasse hin gleich breit. Tatsächlich aber variiert die Breite von 0,60 bis 1,51 Meter – dadurch gelingt die optische Verkürzung des Gebäudes. Für den Naturstein als Deckmaterial gab es unterschiedliche Gründe: Er findet sich nicht nur häufig in der Umgebung, auch der Bauherr, eine traditionsreiche Dachdeckerfamilie, bevorzugt Schiefer. Das Erscheinungsbild der Fassade jedoch ist modern dank der Dynamischen Deckung mit unterschiedlich großen Steinen: sie sind 35, 40 und 50 cm lang, bei Gebindehöhen von 5, 10 und 15 cm. Die Ecken wurden sauber eingekämmt, die Fassadenflächen an den Fenstern gegen dunkle Zargen gearbeitet.

Die Außenwände der Konstruktion für das Gebäude mit Passivhausstandard haben folgenden Aufbau: Vor den schlanken Betonwänden besteht die Dämmschicht aus zwei Lagen (22 cm) Mineralwolle; die Schieferfassade ist auf eine Vollholzschalung genagelt und über senkrechte Hölzer und Aluminium-Tragtraversen in den Betonwänden verankert.

Auch im Inneren findet sich der edle, robuste und zeitlose Naturstein: die Fensterbretter sind aus Schiefer gefertigt, die Treppen mit Schieferwerkstein bekleidet. Letzterer dient darüber hinaus zur Abdeckung der Kabelkanäle im Boden. (us)

Bautafel

Architekten: Ahrens & Eggemann, Waldbröl
Projektbeteiligte: Hemmersbach Bedachungs-Gesellschaft, Waldbröl (Dachdecker/Fassadenbauer); Rathscheck Schiefer, Mayen (Dynamische Deckung aus InterSIN-Schiefer)
Fertigstellung:
2014
Standort:
Kaiserstraße 24, 51545 Waldbröl
Bildnachweis: Rathscheck Schiefer, Mayen

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