Aufstockung: Haus Sanwald in Stuttgart

Holzständerbau mit Steinwolle-Dämmung

Wie Sedimentschichten haben sich die fünf Geschosse in der Silberburgstraße abgelagert: Über dem mit Natursteinplatten verkleideten Erdgeschoss hängt ein langes, dunkelbraunes Schild mit der Aufschrift „Brauerei Wirtshaus Sanwald“, darauf folgen zwei weiß verputzte Stockwerke mit Klappläden und schließlich zwei weitere, ebenso weiße mit französischen Balkonen. Diese letzte Schicht des Stuttgarter Wohn- und Geschäftshauses kam 2018 hinzu. Entworfen hat die Aufstockung die Architektin Dorothee Strauss.

An Stelle der Aufstockung befand sich zuvor ein Satteldach – ein Relikt des unvollständigen Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg.
Links am Haus vorbei geht es zum Biergarten des Brauerei-Wirtshauses Sanwald.
Die Fassade der Aufstockung zeigt einige Bezüge zum Bestand.

Das zunächst unspektakulär wirkende Haus liegt nur wenige Gehminuten vom Feuersee entfernt südwestlich der Stadtmitte. Links und rechts führen Einfahrten zu einem Biergarten und einem Parkplatz im Hinterhof. In den benachbarten Erdgeschossen befinden sich eine Änderungsschneiderei mit Reinigungsservice und ein Fahrradgeschäft. Die Nachbargebäude gehören zu den vielen fünfgeschossigen, traufständigen Häusern, welche die Blockränder schon vor dem Zweiten Weltkrieg säumten. Auch das Haus Sanwald gehörte einst dazu, wurde jedoch im Krieg teilweise zerstört und zunächst nur unvollständig wiederaufgebaut.

Im Laufe der Zeit haben sich größere Bankgebäude und Geschäftshäuser in den ansonsten kleinteiligen Hinterhöfen und an den Blockecken breitgemacht – das Finanzamt ist nicht weit. Womöglich treffen an den Tischen der Gaststätte der eine oder andere Beamte und Bankangestellte aufeinander, trinken das in Stuttgart bekannte Sanwald-Bier und bekommen die traditionellen, um Maronen und Ziegenkäse erweiterten Speisen serviert.

Nuancierte Fassade

Anders als die Nachbargebäude verfügte das Haus in der Silberburgstraße 157 über viele Jahrzehnte nur über zwei Stockwerke und war somit deutlich kleiner. Über den zwei Reihen aus fünf symmetrisch angeordneten Fenstern folgte ein dunkles Satteldach mit drei zur Straße blickenden Gauben. Das Dachgeschoss ist mittlerweile verschwunden. An seiner Stelle gibt es seit 2018 zwei zusätzliche Geschosse, sodass das Haus wieder an die Traufhöhen der Nachbarschaft anschließt.

Zwar sind alle Obergeschosse weiß verputzt, einige Nuancen verraten aber, dass es sich um zwei verschiedene Zeitschichten handelt. Bestand und Aufstockung trennt ein Gurtgesims. Dahinter springen die beiden aufgesetzten Etagen leicht zurück. Die neuen, annähernd raumhohen Fenster fluchten mit denen des Bestands. Nachgeformt wurden auch die Fensterläden – sie heben sich als rechteckige Putzflächen von der Fassade ab. Ein deutlich überstehender Dachrand bildet den oberen Abschluss des Gebäudes.

Kompaktes Inneres

In den beiden neuen, rund 130 Quadratmeter großen Geschossen befinden sich jeweils zwei kompakte Wohnungen. Die eine erstreckt sich entlang vier der fünf Fensterachsen an der Silberburgstraße und verfügt über einen giebelseitigen Balkon. Die andere ist L-förmig und hauptsächlich zum Hinterhof orientiert, wie auch deren langer, ans Wohnzimmer anschließender Balkon. Einzig das Schlafzimmer liegt ebenfalls zur Straße. Flure gibt es nicht, stattdessen organisieren Durchgangszimmer und Nischen die Grundrisse. Erschlossen werden die Wohnungen über eine in die Nordecke geschobene Treppe mit viertelgewendeltem An- und Austritt. Dazu gibt es einen Aufzug, der als Turm etwa anderthalb Meter abgerückt von der Fassade aus dem zweiten Obergeschoss ragt.

Dämmstoffe: Steinwolle im Holzständerbau

Um Gewicht und Bauzeit der Aufstockung möglichst gering zu halten, wählte die Architektin eine Holzkonstruktion, obwohl dies zusätzliche Anforderungen an den Brandschutz stellte. Die neuen Geschosse wurden in nur sechs Monaten errichtet, ohne dass dabei die Nutzung des Gebäudes eingeschränkt wurde. Die Holzständerwände sind den tragenden Bauteilen im Bestand entsprechend angeordnet, gedämmt und zweiseitig beplankt. Innenseitig gibt es außerdem eine zusätzliche Vorsatzschale. Bei Decken und Dach kamen tragende Holz-Flächenelemente zum Einsatz.

Ein Vorteil des Holzständerbaus im Vergleich zu zweischaligen Konstruktionen mit zum Beispiel Mauerwerk ist, dass sich mit vergleichsweise schlanken Außenwänden ein hoher Wärmeschutz erreichen lässt. Für die Aufstockung wählte das Architekturbüro Steinwolle, um die Brandschutzanforderungen zu erfüllen. Das Material ist zudem in passend zuschneidbaren Platten erhältlich, die sich vor dem Beplanken einfach in die Holzrahmen stellen lassen. Auf diese Weise können die Zwischenräume der Konstruktion vollständig mit Dämmstoff ausgefüllt werden. Die fertigen Außenwände erreichen somit einen U-Wert von 0,15 W/m²K. -ml

Bautafel

Architektur: strauss architektin, Stuttgart
Projektbeteiligte: Boll und Partner Beratende Ingenieure, Stuttgart (Tragwerksplanung); Dr. Schäcke und Bayer; Waiblingen-Hegnach (Bauphysik); Bau.Umwelt, Esslingen (HLS-Planung); Holzbau Schaible, Wildberg-Schönbronn (Holzbau); Lignatur, Waldstatt (Hersteller Holz-Flächenelemente)
Bauherr/in: GGBS, Stuttgart
Standort: Silberburgstraße 157, 70178 Stuttgart
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: Sebastian Zoeppritz und Dorothee Strauss (Fotos); strauss architektin (Pläne)

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