Aufstockung eines Wohnhauses in Beelen

Hybridbauweise aus Kalksandstein und Holz

Seit seiner Gründung im Jahr 1965 ist das Architekturbüro Spiekermann im 6.000 Einwohner zählenden Dorf Beelen mit seinen vielen Bauernhöfen ansässig. Es ist also nicht überraschend, dass den Architekturschaffenden die Weiterentwicklung und Verdichtung des Dorfes am Herzen liegt. Erfolgreich haben sie mit ihrer Entwurfsidee dazu beigetragen, dass das einstige Einfamilienhaus am Kirchplatz nicht abgerissen, sondern aufgestockt wurde.

Die drei Aufbauten sind als einzelne „Häuschen“ gestaltet, die von traditionellen landwirtschaftlichen Höfen mit verschiedenen Nebengebäuden inspiriert sind, die sich in der Nachbarschaft finden.
Da die Auskragungen hohe Lasten mit sich bringen, ist die Aufstockung in Hybridbauweise aus Kalksandsteinen in Kombination mit Holz errichtet.
Der alte, aus Kalksandsteinen errichtete Teil des Hauses erhielt ein Verblendmauerwerk aus handgebrochenen Klinkern.

Regionale Bautypologie

Neben der neuen Ziegelverkleidung des erhaltenen Erdgeschosses sind es vor allem die mit grauen Zementspan-Elementen bekleideten Aufbauten, die wie drei eigenständige Häuschen wirken, die dem Wohngebäude eine ungewöhnliche Kubatur verleihen. Die Verantwortlichen ließen sich für ihren Entwurf von traditionellen landwirtschaftlichen Höfen mit verschiedenen Nebengebäuden inspirieren. Dabei entspricht der Grundriss der Aufstockung nicht dem des Erdgeschosses; in Teilen kragen die Häuschen aus oder springen zurück, nur an manchen Stellen liegen die Fassaden von Erd- und Obergeschoss in einer Flucht. Durch die geneigten Dächer der Aufbauten wirkt das Gesamtvolumen kleinteiliger und fügt sich somit besser in den dörflichen Kontext ein.


Langlebigkeit durch Wandelbarkeit

Heute wird das Gebäude nicht mehr als Einfamilienhaus, sondern gemischt genutzt. Im Erdgeschoss liegt eine Mietwohnung, während sich im Obergeschoss ein Maklerbüro eingerichtet hat. Der Grundriss lässt sich aber auch in Zukunft flexibel anpassen: Mittels Schiebetüren oder normaler Türen lassen sich die drei Teile des Obergeschosses verbinden oder trennen. Sogar eine dritte Einheit wäre ohne große bauliche Maßnahmen möglich.

Licht und Luft prägen die Innenräume. Großflächige Fenster verbinden die Aufbauten auch in der Außenwahrnehmung. Die Deckenhöhen variieren zwischen 2,50 und 7,00 Metern. So blickt man vom Wohnzimmer bis unter das Satteldach.


Handgebrochene Klinkerfassade

Bestand und Aufstockung unterscheiden sich nicht nur formal voneinander, sondern auch durch die gewählten Fassadenmaterialien. Der alte, aus Kalksandsteinen errichtete Teil des Hauses erhielt ein Verblendmauerwerk aus handgebrochenen Klinkern. Die schlanken, roten Mauersteine im Modulformat waren werkseitig mit Sollbruchstellen ausgestattet und wurden auf der Baustelle gebrochen und unregelmäßig vermauert. Ihre raue Oberfläche mutet zugleich modern als auch handwerklich an. Die Bruchkanten erinnern zudem an das historische Bruchsteinmauerwerk der Überreste der Kirche am Kirchplatz.

Aufgestockt in Hybridbauweise

Da die Auskragungen hohe Lasten mit sich bringen, ist die Aufstockung in Hybridbauweise aus Kalksandsteinen (6DF) in Kombination mit Holz errichtet. Die Kalksandsteine sind aufgrund ihrer hohen Druckfestigkeit insbesondere für die Lastabtragung zuständig. Zugleich gewährleisten sie insbesondere im Hinblick auf eine spätere Unterteilung der Aufstockung in mehrere Wohneinheiten einen guten Schallschutz. Da das Baugrundstück keinen Platz für Baumaschinen und Material aufwies, profitierten die Bauarbeitenden vom nur zehn Kilometer entfernt gelegenen Kalksandsteinwerk, das die Steine entsprechend dem Baufortschritt anlieferte.

Verkleidet ist das Obergeschoss mit langen und schmalen, hellgrauen Zementspan-Elementen, die vertikal montiert wurden. Diese ziehen sich bis ins Treppenhaus und sind Teil des reduzierten Materialkanons aus weißen Feinputzwänden und Eichenholzdielen. Das Treppenhaus ist großzügig gestaltet und erhält durch ein Panoramafenster mit Blick auf den Kirchplatz Aufenthaltsqualität. -sh

Bautafel

Architektur: Architekten Spiekermann, Beelen
Projektbeteiligte: Beckhoff Elektro, Verl (Elektroinstallationen); Andre Bernsmann Fliesenleger, Warendorf (Fliesen, Platten); Abrams, Warendorf (Gerüstbau); Heinrich Elkmann, Beelen (Heizung, Klima, Lüftung); Koch, Beelen (Tiefbau); Gartengestaltung Kampelmann, Warendorf (Garten- und Landschaftsbau); Otto Aman, Beelen (Estrich, Bodenbeschichtungen); Metallbau Hubert Blienert, Beelen (Metall- und Stahlbau); AMROC Baustoffe, Magdeburg (Fassade); Wienerberger, Hannover (Fassade); KS Original, Hannover (Kalksandsteinhersteller, Produkt: Plansteine KS-PLUS)
Bauherr/in: Privat
Fertigstellung: 2021
Standort: Kirchplatz 7, 48361 Beelen, Deutschland
Bildnachweis: Frank Vinken, Düsseldorf

Fachwissen zum Thema

Wenn die vorhandene Bausubstanz die konstruktiven und statischen Voraussetzungen für eine massive Aufstockung erfüllt, ist diese aus bauphysikalischen und Verformungsgründen der Leichtbauweise vorzuziehen.

Wenn die vorhandene Bausubstanz die konstruktiven und statischen Voraussetzungen für eine massive Aufstockung erfüllt, ist diese aus bauphysikalischen und Verformungsgründen der Leichtbauweise vorzuziehen.

Aufstockungen

Bauliche Varianten von Aufstockungen

Bei Dachaufstockungen als Art der Nachverdichtung besteht der große Vorteil, dass keine neuen Baugebiete erschlossen werden müssen.

Bei Dachaufstockungen als Art der Nachverdichtung besteht der große Vorteil, dass keine neuen Baugebiete erschlossen werden müssen.

Aufstockungen

Vorteile der vertikalen Nachverdichtung

Bauwerke zum Thema

Das gründerzeitliche Kontorhaus einer ehemaligen Zelluloidfabrik ist nach Entwürfen von Knoche Architekten saniert und aufgestockt worden.

Das gründerzeitliche Kontorhaus einer ehemaligen Zelluloidfabrik ist nach Entwürfen von Knoche Architekten saniert und aufgestockt worden.

Wohnen

Aufstockung eines Kontorhauses in Leipzig

Oberhalb der einstigen Stadtmauer verlaufen die Schulbergterrassen, eine historische Grünanlage an einem steilen Hang. In diesem Kontext befindet sich das Büro Dannien Roller Architekten und Planer im Erdgeschoss eines spätklassizistischen Wohn- und Geschäftshauses.

Oberhalb der einstigen Stadtmauer verlaufen die Schulbergterrassen, eine historische Grünanlage an einem steilen Hang. In diesem Kontext befindet sich das Büro Dannien Roller Architekten und Planer im Erdgeschoss eines spätklassizistischen Wohn- und Geschäftshauses.

Büro/​Verwaltung

Büroerweiterung von Dannien Roller Architekten in Tübingen

Surftipps

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Mauerwerk sponsored by:
KS-ORIGINAL GmbH
Entenfangweg 15
30419 Hannover
www.ks-original.de