Schulneubau am Bodensee
Grob vermörtelte Ziegel
Dass sich klösterliche Strenge durchaus mit Weltzugewandtheit verbinden lässt, zeigt ein Schulneubau der Stuttgarter Architekten Lederer, Ragnarsdóttir und Oei in Allensbach. Die Klosteranlage Hegne am Bodensee besteht aus mehreren Gebäuden: Neben dem Marianum, einer Klosterschule aus dem vergangenen Jahrhundert, in der mehrere Berufsfachschulen untergebracht sind, gehört nun auch der Realschulneubau dazu. Weitere Bestandteile des Ensembles sind ein Hotel, ein Pflegeheim oder auch eine Begegnungsstätte für Menschen ohne Wohnsitz.
Gallerie
Es sei ihnen bei ihrem Entwurf darum gegangen, „die Kontinuität von Ort, Gestalt und Geschichte“ zu wahren, betonen die Architekten. Dies findet seinen Ausdruck nicht nur in der Verwendung von Ziegeln als Baustoff, sondern auch in Form und Proportion des Neubaus, der die Kubatur der alten Klosterschule aufgreift. Während das Marianum den Westflügel der neuen Anlage bildet, entwickelt sich die Realschule symmetrisch zum Altbau. Insgesamt acht große Klassenzimmer, ein Raum für naturwissenschaftliche Experimente und drei Freizeiträume sind hier entstanden. Die Spiegelachse und zugleich die Verbindung zwischen Alt- und Neubau markiert ein gemeinschaftlich genutzter Gebäudeteil mit einem neuen Musiksaal, Turnhalle und einer Mensa für 128 Personen sowie einem großen Foyer. Ein Glockenturm und zwei, als Zimmer im Freien konzipierte Höfe, komplettieren das Ensemble.
Einer dieser Höfe wurde der Mensa zugeordnet und soll als ein Ort der Geselligkeit dienen, der zweite - an die Bibliothek angrenzender - "grüner Hof" ist dagegen ganz der Lektüre und Andacht gewidmet. Hier findet sich auch ein „Raum der Stille“, in den die Fenster der alten Kapelle integriert wurden. Das unmittelbar an den Musiksaal anschließende Foyer liegt zentral und soll auch für außerschulische Aktivitäten genutzt werden. Der Bühnenbereich der darunter liegenden Turnhalle kann im Sommer mit großen Toren zu einem aus der Landschaft entwickelten Amphitheater geöffnet werden. Kleine, zwischen den Klassenräumen liegende Sitznischen dienen als variable Lese- und Studierplätze für die Schüler. Auch wenn Real- und Berufsschule grundsätzlich getrennt sind, werden sie über das Dach des Foyers miteinander verbunden.
Mauerwerk
Der Neubau wurde als zweischaliges Mauerwerk mit einem
Vollklinker-Verblender ausgeführt. Die Fußseiten sind als
Sichtseite ausgebildet. Die bunt geflammten Klinker wurden
im Läuferverband gemauert. Neben den bereits
erwähnten formalen Gründen haben auch ökologische Aspekte den
Ausschlag für das Material Ziegel gegeben: Abgesehen von ihrer besonderen
Dauerhaftigkeit lassen sich die Steine einfach und gut reparieren.
Außerdem ziehen die Architekten die massive Bauweise leichten
Konstruktionen aus ökonomischen, klimatechnischen und akustischen
Gründen vor. Zu den baulichen Besonderheiten des Gebäudes gehören
auch die bis zu neun Meter frei gespannten Kappengewölbe, die in
Elementbauweise gefertigt wurden.
Die grob vermörtelten Ziegel des Verbindungsbaus treten mit ihrer rauen Stofflichkeit in einen Dialog mit den weiß verputzten Bestandsbauten und dem ebenfalls verputzten neuen Gebäudeflügel. Während dieser in seiner baulichen Stringenz dieselbe Sprache wie das bestehende Schulgebäude spricht, schlägt der dazwischen liegende Klinkerbau eine ganz eigene, fast extravagante Note an und schafft - gerade durch seine Divergenz - eine gelungene Verbindung zwischen Alt und Neu.
Die Trägerinnen der Schule, die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz, zeigen sich glücklich über die bauliche Gestalt ihrer neuen Schule: „Alles hat sein Eigenleben, aber nichts lebt nur für sich allein - Gott und dem Menschen ist hier Raum gegeben", freuen sie sich auf der Website des Klosters.
Bautafel
Architekten: Lederer + Ragnarsdóttir + Oei, Stuttgart
Bauherren: Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz
Fertigstellung: 2009
Standort: Konradistr.16, Allensbach
Bildnachweis: Zooey Braun, Stuttgart; LRO Architekten, Stuttgart; Neuschwander, Brackenheim
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