Erweiterung des Royal College of Art in London
Verblendmauerwerk mit auskragenden Steinen und Perforationen
Das Royal College of Art in London, gegründet im Jahr 1837, ist
eine renommierte britische Institution und genießt großes Ansehen.
Ausschließlich postgraduierte Studierende können sich hier in den
Bereichen Kunst und Design weiterbilden lassen. Die Einrichtung
erstreckt sich über drei Standorte in der Stadt: South Kensington,
White City und Battersea südlich der Themse. Der dortige Campus
erhielt nun den bislang größten Neubau in der Geschichte des Royal
College nach Plänen von Herzog & de Meuron. Die Architekt*innen
ergänzten zwei Gebäude mit insgesamt 16.850 Quadratmetern
Bruttogrundfläche, die über einen gemeinsamen zweigeschossigen
Backsteinsockel miteinander verbunden sind. Das Gebäudeensemble ist
so konzipiert, dass Lernen, Produzieren und Ausstellen an einem Ort
zusammentreffen.
Gallerie
Raum für Design und Recherche
Der L-förmige Grundriss des Sockels teilt sich in den oberen Geschossen in einen Turm und einen Riegel. An der Howie Road ist ein wuchtiges, viergeschossiges, horizontal gegliedertes Volumen mit rotbrauner Backsteinfassade entstanden, das Werkstätten und Ateliers beherbergt. An der Parkgate Road reckt sich ein achtgeschossiger, mit recycelten weißen Aluminiumlamellen verkleideter Turm in die Höhe. Hier befindet sich das Rausing Research & Innovation Building, in dem die Fachbereiche Material Science und Soft Robotics angesiedelt sind. Das massive Mauerwerk des Atelier- und Werkstattgebäudes kontrastiert mit der leichten, futuristisch anmutenden Metallfassade des Research-Gebäudes.
Ateliers und Werkstätten hinter Backstein
Im Erdgeschoss des Backsteinflügels bietet ein
doppelgeschossiger Hangar Platz für großformatige Arbeiten und
Ausstellungen. Der Raum kann zu beiden Seiten komplett geöffnet und
für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die
Obergeschosse kragen über das Erdgeschoss aus, sodass ein
überdachter Eingangsbereich entsteht. Neben den Eingängen
entwickeln sich Sitzbänke aus dem Fassadenmauerwerk. Im ersten
Obergeschoss zieht sich das Verblendmauerwerk vor den Fenstern entlang,
Perforationen im Mauerwerk sorgen für Licht und Belüftung in den
dahinterliegenden Werkstätten. In den Folgegeschossen wird die
Fassade durch umlaufende Laubengänge mit Backsteinbrüstung
bestimmt. Ein Sheddach mit großen nach Norden ausgerichteten
Oberlichtern – eine Reminiszenz an die Dächer der Nachbarbauten –
schließt das Gebäude ab.
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Der Grundriss wird einzig durch den mittig im Gebäude liegenden
Versorgungs- und Erschließungskern und ein Raster aus Stützen
strukturiert, sodass die Studios und Werkstätten flexibel nutzbar
sind. Die freiliegende Versorgungsstruktur und die weißen, runden
Stahlstützen prägen den Charakter der Innenräume. Nach außen öffnen
sich die Obergeschosse mit großzügigen Bandfenstern. Ein Großteil
der Möbel sind Entwürfe von Alumni des Royal College of
Art.
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Spielarten von Mauerwerk
Das Planungsteam von Herzog & de Meuron arbeitete für den Erweiterungsbau mit verschiedensten Spielarten von Mauerwerk. Mal zeigt es sich geschlossen, mal mit versetzten Steinen und mal wird es durch Steinauslassungen perforiert.
Für das Verblendmauerwerk im Flämischen Verband wurden
rotbraune Ziegel im Format 215 x 102 x 65 mm verwendet. Im
Sockelgeschoss kragen die Läufer einige Zentimeter aus, sodass die
Fassaden eine reliefierte Oberfläche mit starkem Schattenspiel
erhalten. In den darüberliegenden Geschossen kehrt sich das Muster
um, nun kragen die Binder aus. Zudem sind die Klinker hier
fußseitig vermauert, sodass ihre Herstellungsspuren sichtbar
werden. Dies lässt das Fassadenbild noch lebendiger und rauer
erscheinen. Vor den Fenstern wurden die Binder weggelassen, um auf
diese Weise eine Perforierung des Mauerwerks zu erreichen, die
Licht und Luft hindurchlässt.
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Die Außenwände sind im Erdgeschoss zweischalig aufgebaut;
zwischen tragendem Hintermauerwerk und Verblendmauerwerk befinden
sich ein Luftspalt und eine innenliegende Dämmung. Im ersten
Obergeschoss befindet sich hinter der Vormauerschale eine
Leichtbauwand. Die einschichtigen Ziegel-Brüstungen ab dem zweiten
Obergeschoss sind durch Edelstahlrahmen gestützt, die jeweils mit
den betonierten Bodenplatten verschraubt sind.
Das Gebäude gewann den Brick Award 2022 in der Kategorie Bildung. -lw
Bautafel
Architektur: Herzog & de Meuron, Basel
Projektbeteiligte: Mott McDonald, London (Tragwerk); Swift Brickwork Contractors, Essex (Mauerwerk); Hillcrest Structural, Hampshire (Stahlarbeiten)
Bauherr*in: Royal College of Art, London
Fertigstellung: 2021
Standort: RCA Battersea South, London, Vereinigtes Königreich
Bildnachweis: Iwan Baan, Amsterdam
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